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Inmitten der Unendlichkeit

Inmitten der Unendlichkeit

Titel: Inmitten der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gerrold
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erkennen gab, daß sie wußte, wie sie auf ihn wirkte. Aber es kam keines.
    Schließlich sah er ein, daß er selbst würde handeln müssen. So wie jetzt konnte er nicht weitermachen.
    Er wurde allmählich verrückt. Er war von Carol Jane besessen, und ihr offensichtliches Desinteresse an ihm machte die Sache nur noch schlimmer.
    Der junge Jon Korie verbrachte viele schlaflose Nächte damit, sich einen Weg auszudenken, wie er Carol seine Gefühle offenbaren konnte. Er überlegte, ihre Kabine mit Rosen und Liebesgedichten zu überschütten. Er dachte daran, sie zu einem Spaziergang einzuladen oder nackt mit ihr in den Antigravitationsbecken schwimmen zu gehen.
    Aber alles, was er sich ausdachte, erschien ihm im ersten kalten Licht des Morgens dumm und naiv. Bis er schließlich eines Tages, nach einem besonders tolpatschigen Fehler, tief im kalten, stinkenden Schlamm der Kläranlage saß und frustriert herausplatzte: »Das ist alles deine Schuld!«
    »Meine Schuld?« fragte Carol Jane ehrlich verwirrt.
    »Ja«, gestand Korie wütend. »Ich muß dauernd an dich denken und kann mich auf nichts anderes mehr konzentrieren. Warum mußtest du heute ausgerechnet diese enge Bluse anziehen? Das macht mich ganz verrückt.«
    Als ihr bewußt wurde, was er da sagte, begann sie zu kichern. Dann prustete sie laut los.
    Verletzt durch ihre Reaktion, stapfte Korie zu den Duschen am Ende der Anlage, um sich zu reinigen. Er schälte sich aus seinen verdreckten Kleidern und begann, sich mit einem Schlauch abzuspritzen. Einen Augenblick später betrat Carol die Dusche und nahm ihm den Schlauch ab. »Wenn es meine Schuld ist, daß du schmutzig bist, dann bin ich auch dafür verantwortlich, daß du wieder sauber wirst«, sagte sie. Anschließend entschuldigte sie sich dafür, daß sie gelacht hatte. Sie hätte nicht über ihn, sondern über sich selbst lachen müssen.
    Korie stand da, nackt, noch immer voller Schlamm, und wußte nicht, was er erwidern sollte. Carol Jane erzählte, daß er ihr schon am allerersten Tag auf dem Korridor aufgefallen war und daß sie seitdem an ihn denken mußte. Er war ihr so klug, so selbstsicher, so… so dynamisch erschienen, und ja, es war ihr vorgekommen, als wäre er an jeder Form von Beziehung mit irgend jemand anderem vollkommen desinteressiert gewesen. Ob er denn nicht wußte, daß alle Leute auf der Station über ihn redeten? Ob er nicht normal war? Schwul? Impotent? Hatte er vielleicht ein Keuschheitsgelübde abgelegt? War er gefühllos? Gab es in seiner Vergangenheit eine große Tragödie? War er vielleicht eine Art menschlicher Maschine? Scherte er sich um niemanden außer sich selbst?
    Als Korie bewußt wurde, welch großer Unterschied zwischen seiner Sicht der Dinge und der Art und Weise bestand, wie andere ihn sahen, wurde ihm auch klar, warum Carol Jane so gelacht hatte. Beinahe lächelte er selbst.
    In der Zwischenzeit hatte Carol Jane ihre Bluse und Hose ausgezogen. »Hier«, sagte sie. »Jetzt bist du an der Reihe, mich abzuduschen…«
    Die Wirklichkeit war viel aufregender als all seine Phantasien.

 
Duschen
     
     
    Ursprünglich hatte Kapitän Hardesty geplant, Briks Quartier mit einer Antigrav-Bett/Dusch-Einheit auszurüsten, die Briks Proportionen angepaßt war.
    Die Einheit war entweder im Transit verlorengegangen, oder ein vorgesetzter Offizier hatte sie für seine oder ihre Zwecke festgehalten.
    Brik wußte, daß einige Menschen Sex mit vielen Partnern in der Schwerelosigkeit liebten, und seine Antigrav-Bett/Dusch-Einheit wäre ein dazu hervorragend geeignetes Instrument gewesen. Der Gedanke hätte ihn eigentlich ärgern müssen, aber er betrachtete den Verlust des Gerätes nur als kleinere Unbequemlichkeit. Er schlief sowieso nicht auf die gleiche Art wie Menschen.
    Statt dessen streckte er sich rücklings auf einem abgerundeten Rahmen aus, der gleichzeitig seine Wirbelsäule dehnte und seinen Kopf unter das Niveau des Herzens senkte. In dieser Körperhaltung konnte er sich in eine Art Mandala-Trance versetzen. Als Kind hatte man ihm beigebracht, wie er das Mandala-Stadium durch den Einsatz milder halluzinogener Drogen erreichen konnte, während er die holographische Abbildung einer endlosen fraktalen Spirale betrachtete, die sich einem unerreichbaren Zentrum entgegenwand. Manchmal war es ein Eindringen in fraktale Unsterblichkeit, manchmal auch ein düsteres Durchstreifen einer schicksalsschweren Umgebung. Und manchmal war es wie ein Flug durch eine phantastische Stadt oder eine

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