Inmitten der Unendlichkeit
der Teams. Kein einziges Schiff wurde je ohne voll funktionsfähige und getestete Farm an die Alliierte Verteidigungsbehörde ausgeliefert. Jede Bordfarm war in der Lage, eine Besatzung von einhundertfünfundvierzig Leuten zu ernähren. Jon Korie zeichnete für die Einrichtung von vierzehn Farmen verantwortlich. Er fand seine Arbeit sowohl erschöpfend als auch befriedigend, und er betrachtete das Essen nie wieder mit den gleichen Augen wie zuvor. Auf den Farmen lernte Korie, was Proteine, Kohlehydrate, Fette und Zucker waren. Er lernte, wie die Photosynthese funktionierte, und welche Rollen atmosphärischer Druck, Tag-Nacht-Zyklen und Jahreszeiten spielten. Korie lernte, wie man pflanzte, erntete, bestäubte, kreuzte, pfropfte und teilte. Und was am wichtigsten war: Er lernte Geduld. Es spielt keine Rolle, wieviel Kohl man pflanzt. Sechzig Kohlköpfe benötigen genauso lange wie ein einziger. Und wenn man im August gefüllten Kohl essen möchte, dann muß man spätestens im Februar die Pflanzen aussäen und spätestens im April mit den Proteinkulturen in den Tanks anfangen; je länger das Fleisch in der Nährlösung bleiben kann, desto mehr Aroma wird es besitzen, wenn es schließlich auf den Tisch kommt. Wenn man regelmäßig Rührei und Schinken essen möchte, dann müssen die Schweinefleischtanks und die Eierproduktion täglich kontrolliert werden. Und wenn man auf seinem Toast frische Butter haben will, dann müssen die Euter ernährt und massiert werden. An Bord eines Raumschiffs gab es keine lebenden Tiere, aber Teile vieler verschiedener Spezies wuchsen in verschiedenen Aufzuchttanks heran. In der gesamten Inneren Hülle standen die gläsernen Tanks in drei Reihen übereinander, und in jedem wuchs ein eigener Klumpen Fleisch in seiner speziellen Nährlösung.
Nach drei vollständigen Erntezeiten, in denen er alle möglichen Pflanzen und Fleischsorten zu hegen und pflegen gelernt hatte, beendete Korie die Farmausbildung mit einem Ergebnis von neunundachtzig Prozent. Die Note war nicht so gut wie eigentlich gehofft, aber Korie hatte die grundlegendste Lehre der Ökologie niemals akzeptiert: Leben ist eine vertrackte Sache.
In seinem Herzen war er Ingenieur – oder zumindest Kontrollfreak. Er versuchte ständig, die Dinge dazu zu bewegen, sich nach einem Plan zu verhalten – aber selbst industriell betriebene Farmen besaßen ihre eigenen Rhythmen. Eine Farm konnte nur von einer Person geführt werden, die willens war, sich ihrerseits vom Rhythmus der Jahreszeiten führen zu lassen. Und Korie war viel zu ungeduldig dazu.
Die zweite Sache, die ihn abgelenkt hatte, sich ganz seiner Aufgabe zu widmen, war Carol Jane.
Zuerst war sie nur eine Kollegin, später eine Teamgefährtin und schließlich eine Studienkommilitonin. Das zweite Semester verging beinahe halb, bevor ihm allmählich auffiel, wie wunderschön sie war. Und dann fragte er sich, wie ihm das so lange hatte entgehen können. Und dann… begann er sich nach und nach zu wundern, ob er sich jemals wieder auf irgend etwas anderes würde konzentrieren können.
Carol zeigte keinerlei Anzeichen von gegenseitigem Interesse, und sie ermutigte ihn auch nicht – dennoch konnte er sie nicht aus seinen Gedanken vertreiben. Er ertappte sich dabei, von ihr tagzuträumen. Er dachte an nichts anderes mehr.
Sie war allgegenwärtig: während der Unterrichtsstunden, während der Mahlzeiten, während der Vorlesungen, während der Arbeit, in den Korridoren, unter der Dusche und selbst nachts im Bett – ganz besonders nachts im Bett. Er fragte sich, wie es sein würde, ihren Körper festzuhalten, sie zu berühren – ihr Haar zu riechen, ihre Lippen zu schmecken und ihren leisen Worten zu lauschen, zu spüren, wie ihre Körper sich umeinanderschlangen und sich in heißer, feuchter Leidenschaft vereinigten.
In seiner Unwissenheit und Naivität gab er sich barocken Phantasien hin. (In seinem Lieblingstraum waren er und sie gemeinsam für eine ganze Woche in der Schwerelosigkeit einer Rettungskapsel eingesperrt.)
Er masturbierte sich in schmerzhafte Gefühllosigkeit, während er an sie dachte.
Es war, als wären seine männlichen Hormone, die so lange im Dornröschenschlaf gelegen hatten, daß Korie schon beinahe geglaubt hatte, niemals eine sexuelle Beziehung zu finden, plötzlich und mit um so größerer Macht zum Leben erwacht.
Korie wartete darauf, daß seine Leidenschaft verflog. Sie tat es nicht. Er wartete auf ein Zeichen von Carol Jane, mit dem sie zu
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