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Inmitten der Unendlichkeit

Inmitten der Unendlichkeit

Titel: Inmitten der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gerrold
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sich zusammen und vergrub das Gesicht in den Händen. Er überließ sich seiner Trauer. Er konnte nicht mehr. Es war zuviel für einen einzelnen Mann, um damit fertig zu werden. Die Wut, die rasende Wut, die Frustration. Es war einfach nicht fair. Er war ein guter Ehemann und Vater gewesen. Treu. Liebend. Freundlich. Er war ein guter Offizier gewesen. Verläßlich. Verantwortungsbewußt. Er hatte etwas Besseres verdient. Das hier war nicht fair. Das war nicht der Weg, den er sich für sein Leben ausgemalt hatte. Ein schrecklicher Verlust nach dem anderen. Die Probleme wuchsen ihm allmählich über den Kopf, und kein Ende war in Sicht. Er fragte sich, wie andere Männer mit solchem Schmerz umgehen mochten.
    Er war ausgebildet worden, damit fertig zu werden. Er hatte sich in langen, harten Unterrichtsstunden beinahe jeden Aspekt des Lebens an Bord von Raumschiffen aneignen müssen. Er hatte Militärarchitektur und -Verwaltung studiert. Er war mit den Philosophien von individueller und hierarchischer Verantwortung indoktriniert worden, Verantwortung gegenüber der Besatzung, Verantwortung gegenüber dem Schiff, Verantwortung für die Durchführung seines Auftrags – er erinnerte sich noch zu gut an die endlosen Diskussionen im Unterricht, welche Prioritäten in welchen Situationen angemessen erschienen.
    Außerdem hatte es natürlich auch noch Fächer gegeben, die der Ausbildung der Persönlichkeit dienten. Seminare über Kommunikation, über Effektivität und Selbstdisziplin, und Vorlesungen über korrektes Benehmen. Korie hatte sich mit einer Leidenschaft in seine Ausbildung gestürzt, die nicht nur seine Lehrer, sondern auch ihn selbst überraschte.
    Er war mit genügend Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen aus seiner Lehrzeit hervorgekommen, daß er selbst die schlimmsten Situationen mit beispielloser Unvoreingenommenheit meistern konnte. Er konzentrierte sich auf das Ergebnis, das er liefern mußte, und nicht auf die Schmerzen die der Weg dorthin bereithielt – und es funktionierte. Meistens jedenfalls.
    Aber diesmal nicht.
    Nichts, das er je gelernt hatte, hatte ihn auf eine so schwere Verwundung seiner Seele vorbereiten können. Jeder Tag erschien ihm aufs neue, als müßte er durch Säure schwimmen. Alle griffen ihn an, und niemand kam ihm zu Hilfe. Niemand bot ihm Erfrischung. Carol fehlte ihm. Sie nährte seine Seele. Ohne sie… er wußte nicht, wie er ohne sie weitermachen sollte.
    Aber er hatte keine Wahl. Es war diese ganze Last der Verantwortung. Er war verantwortlich. Er konnte nicht einfach aufhören. Aber auch die Alpträume mitten in der Nacht hörten nicht auf.
    »Mister Korie?« Harlies Stimme unterbrach ihn in seinen Gedanken.
    »Mir geht’s prima, Harlie.«
    »Ich wollte nur nachfragen.«
    »Danke, Harlie.«
    »Soll ich Ihnen etwas aus der Kombüse bringen lassen? Tee? Heiße Schokolade vielleicht?«
    Korie schüttelte den Kopf.
    Dann fiel ihm ein, daß Harlie ihn in der Dunkelheit wahrscheinlich nicht sehen konnte, und er sagte: »Nein, danke.« Er richtete sich auf und rieb sich die Augen. Seine Schlafröhre stand unbenutzt in der Ecke; er war wieder einmal auf der Couch eingeschlafen. Er wußte, daß das ein Fehler war. Die Alpträume kamen immer nur dann, wenn er in einer Schwerkraftumgebung schlief. Wahrscheinlich erinnerte die Gravitation sein Unterbewußtsein an sein Zuhause…
    »Sie sollten wirklich etwas essen, Sir. Sie haben einen schweren Tag vor sich.«
    »Schon gut, schon gut. Fang nicht an herumzunörgeln. Ich möchte ein BLT und eine heiße Schokolade.«
    »In Arbeit«, sagte Harlie und verstummte wieder.
    Korie fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Es war Zeit, wieder einmal beim Friseur vorbeizuschauen. Er seufzte und wandte sich seinem Schreibtisch zu.
    Der Bildschirm des Rechners erwachte gehorsam zum Leben und zeigte die gleichen Diagramme wie zuvor. Korie stützte die Ellbogen auf die Tischplatte und faltete die Hände wie zum Gebet. Dann legte er sein Kinn auf die Fingerspitzen und schürzte die Lippen, während er die Diagramme betrachtete. Er schüttelte den Kopf und murmelte vor sich hin. »Nein, nein, nein. Lösch den Schirm. Das funktioniert nicht. Es gibt keinen Weg, das zu schaffen. Wir werden niemals rechtzeitig fertig. Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe, Harlie.« Er seufzte erneut. »Ich tue der Besatzung keinen Gefallen damit. Wenn ich mich der Entscheidung O’Haras gefügt hätte, könnten die meisten von ihnen mittlerweile auf anderen

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