Insel der sieben Sirenen
Abwesenheit angestellt ?«
»Das
erzähle ich Ihnen später. Vielleicht. Eigentlich habe ich ihn kennengelernt,
als wir den Tip erhielten, daß unsere Kanzlei
überprüft wurde. Da hab’ ich ihn mir vorgenommen und alles über Mr. Bradstones
Insel, seine verschwundene Tochter und...«
»Muß
ja ein tüchtiger Detektiv gewesen sein«, schnaubte ich verächtlich. »Da kommt
ein hübsches, willfähriges Mädchen daher, und schon packt er aus .«
Sie
kicherte. »Nur keinen Neid, bitte. Da sitzen Sie allein mit sieben Frauen auf
einer Insel und wollen auf einen einzigen kleinen Detektiv eifersüchtig werden !«
»Ich
bin nicht eifersüchtig«, protestierte ich, »sondern nur um das Wohlergehen
einer erstklassigen Arbeitskraft besorgt, die ihrem Image schadet, indem sie
sich mit einem miesen Schlüssellochgucker einläßt. Und woher wissen Sie, daß
alle sieben hübsch sind ?«
»Sind
sie’s etwa nicht ?«
»Ich
hab’ sie noch nicht alle kennengelernt .«
»Na,
dann sparen wir der Firma lieber Telefonspesen, und Sie gehen erst mal hin und
setzen Ihre Inspektion fort, während ich ...«
»Ersparen
Sie mir die Einzelheiten«, flehte ich, »sonst komme ich in Versuchung, den
ersten fliegenden Fisch zu nehmen, der hier abgeht .«
»Adieu,
Mr. Roberts.«
»Bevor
Sie auflegen — macht es Ihnen etwas aus, zu hören, weshalb ich anrufe ?«
»Das
habe ich Ihnen doch schon vorformuliert .«
»Daß
ich noch einige Tage hier aufgehalten werde« — ich ignorierte den verächtlichen Schnaufer im Hörer — , »ist
der eine Punkt. Zweitens möchte ich das Personal des Waisenhauses Sunnyvale in
Los Angeles überprüft haben. Das Haus selbst existiert nicht mehr, es ist einem
Brand zum Opfer gefallen, aber versuchen Sie, jemanden aufzutreiben, der dort
vor etwa zwanzig Jahren angestellt war. Ihr freundlicher Detektiv wird schon
wissen, wer bisher vom Personal aufgespürt wurde. Holen Sie ihn aus, soweit es
nur geht, aber ich traue ihm nicht, deshalb sollten Sie eine andere Agentur mit
ferneren Nachforschungen betrauen; vielleicht graben die etwas Neues aus. Und
beschränken Sie sich nicht auf Lehrer und Pflegerinnen; auch die Köchin kann
was wissen .«
»Sie
suchen jemanden, der Mr. Bradstones Tochter identifizieren kann ?«
»Sehr
richtig, Miss Warmington ! Aber die Zeit ist knapp,
also machen Sie sich an die Arbeit und erstatten Sie mir sofort Bericht, wenn
Sie jemanden aufgespürt haben .«
»Jawohl,
Sir. Ist das alles, Sir ?«
»Nein.«
»Also
— was Sie auch noch sagen wollen, sagen Sie’s kürzer, denn Ihr Vater
unterschreibt die Telefonrechnung, das wissen Sie ja .«
»Ihr
Detektiv rasiert Ihnen hoffentlich die Zähne«, fauchte ich und hängte ein. Das
würde ihr schon zeigen, wer hier eifersüchtig war.
Um
halb sieben klopfte Lofting leise an die Tür und verkündete, das Dinner finde
um sieben Uhr statt.
»Aber
um diese Zeit fange ich höchstens mit den Aperitifs an«, beschwerte ich mich.
»Mr.
Bradstone geht um acht Uhr zu Bett, Mr. Roberts. Ich bin sicher, Sie verstehen .« Seine blaßgrauen Augen
funkelten mich drohend an.
Ich
nickte. »Okay, aber ich kann nicht versprechen, daß ich Hunger habe .«
»Auch
Mr. Bradstone ist ein schwacher Esser«, sagte Lofting mit Betonung. »Wenn Sie
mir folgen, zeige ich Ihnen den Weg .«
Wir
stiegen die Treppe hinunter und steuerten den rückwärtigen Teil des Hauses an.
Unterwegs warf ich einen Blick ins Wohnzimmer und ortete die Hausbar. Um meinen
Drink nach dem Essen würde ich mich jedenfalls nicht bringen lassen.
Wir
betraten das Speisezimmer — eine asketische Katakombe, die mich mehr an eine
Gruft als einen Ort der Gaumenfreuden erinnerte. Dunkelgrüne Vorhänge verhüllten
das einzige Fenster, und für die Beleuchtung sorgte ein einsamer Lüster, der
etwa 1925 eine Menge Geld gekostet haben mußte. Der Raum wurde beherrscht von
einem riesigen Eichentisch in der Mitte, schwer genug, um ein ganzes Schiff zu
versenken. Zehn gradlehnige Stühle hatten rundum
Habachtstellung eingenommen, während am Kopfende ein schwerer
Plüschpolstersessel darauf wartete, die hinfällige Gestalt Ihrer Majestät
aufzunehmen.
»Mr.
Bradstone wird in Kürze erscheinen«, versprach Lofting. »Ich würde Ihnen raten,
hier auf ihn zu warten. Er schätzt Verspätungen nicht .«
»Mein
Kindergartenfräulein auch nicht«, grunzte ich. »Wo sind denn die anderen ?«
»Welche
anderen?«
»Na
ja, die Mädchen und künftigen Millionärinnen.«
Lofting
runzelte die Stirn.
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