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Insel der Traumpfade Roman

Insel der Traumpfade Roman

Titel: Insel der Traumpfade Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley Marion Balkenhol
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die Harpune und zielte.
    »Jetzt!«
    Der eiserne Speer mit den Widerhaken grub sich in glattes schwarzes Fleisch.
    »Getroffen!«, brüllte George den anderen Booten zu, die das Rennen verloren hatten. Sie würden außerhalb der Gefahrenzone abwarten, bis der Wal getötet war.
    Der Wal erhob sich aus dem Wasser, warf sich herum und schlug Wellen, auf denen ihr Boot zu kentern drohte. Taue zischten durch Eisenringe und über den Heckpoller, als er wieder abtauchte.
    George tauschte rasch den Platz mit dem Harpunier. Er griffnach einer Lanze und wartete. Seine Aufgabe war es, das Tier zu töten, nachdem es den Stich der Harpune gespürt hatte.
    Der Wal befand sich einige Faden unter ihnen, doch als er die Oberfläche wieder durchbrach, schoss er davon und schleppte das Boot hinter sich her. »Piekt die Riemen!«, rief George, inzwischen in Hochstimmung. »Jetzt wird Schlitten gefahren wie in Nantucket!«
    Die Ruder wurden hochgestellt und die Leine an der Harpune mit Wasser überschüttet, damit sie sich nicht entzündete, wenn sie mit rasender Geschwindigkeit über den Heckpoller glitt. Die Leine wurde eingeholt oder locker gelassen, je nachdem ob das Tier abtauchte oder an die Oberfläche kam und durch das Wasser davonschoss, um dem Widerhaken zu entkommen.
    George wartete ab. Nach fast einer Stunde zeigte das Ungetüm erste Anzeichen von Ermüdung. Langsam tauchte es auf, um Luft zu holen, die Fontäne aus seinem Atemloch war nicht mehr so hoch und kräftig, seine Geschwindigkeit ließ nach. George stieß zu, und die Lanze grub sich tief hinter das Auge des Wals.
    Blut schoss aus der Wunde.
    »Rote Flagge!«, schrie George. »Festhalten!«
    Im Todeskampf bäumte sich der Koloss noch einmal wild auf und zog das Boot hinter sich her. Er schlug mit der großen Schwanzflosse um sich und wälzte sich unter Qualen. Blut spritzte in alle Richtungen und färbte die kochende See rot. Das Boot wurde auf den Wogen hin und her geworfen, die Männer klammerten sich fest und fürchteten um ihr Leben. Das Wasser im Boot stieg ihnen bis an die Knie. George blieb nichts anderes übrig als zu beten, der Harpunier möge im Umgang mit dem Ruder ebenso erfahren sein wie er, während dieser den Kurs korrigierte, wenn die wahnsinnigen Krämpfe des tödlich verwundeten Tiers auch sie schüttelten.
    Dann verlor der Meeresriese den Kampf. Mit einem letzten Schwall Blut rollte er auf den Rücken und rührte sich nicht mehr.
    »Kiel oben!«, signalisierte George schleunigst den anderen Booten.
    Sie hatten die Jagd aus sicherer Entfernung verfolgt, denn man konnte in einem Moment der Unvorsichtigkeit von Bord gefegt werden und zu Tode kommen. Nun würden sie den Wal mit Seilen festzurren, bevor er sich mit Wasser vollsog, und ihn zur Atlantica schleppen, wo man den Speck kochen würde, um den Tran zu gewinnen. Dann würden die Knochen gesäubert, das Fleisch eingepökelt und in Fässer gepackt. Und morgen würden sie sich auf die lange Rückfahrt nach Sydney begeben.
    Sydney Cove, Juli 1797
    George stand an Deck, genoss die warme Sonne und nahm gierig den Anblick und die Geräusche von Sydney Town in sich auf. Eine fleischige Hand legte sich auf seine Schulter. Es war Samuel Varney.
    »Spar dein Geld, mein Junge!«, dröhnte er mit dem schleppenden Akzent von Nantucket. »Huren und Rum sollten nur flüchtige Bekannte sein. Trag es auf die Bank, das sag ich dir!«
    George hatte diese Lektion in jedem Hafen zu hören bekommen, den sie in den vergangenen drei Jahren angesteuert hatten, und bis auf zwei Vorfälle an Land, als Rum und Wollust ihn übermannt hatten, war er dem Ratschlag gefolgt. »Mein Kontostand sieht ganz gut aus, Käpt’n«, antwortete er grinsend.
    Hellblaue Augen blitzten in Samuels zerfurchtem, wettergegerbtem Gesicht auf. Er kratzte sich den dichten weißen Bart. »Das bezweifle ich nicht, mein Sohn«, brummte er. »Hast einen guten Kopf auf den Schultern – dafür, dass du noch so jung bist.«
    »So jung nun auch wieder nicht«, protestierte George. »Ich bin dreiundzwanzig.«
    »Ha! Da musst du noch eine schöne Strecke zurücklegen, bis du in mein Alter kommst – aber das wird schon, mein Junge. Das wird.«
    Samuel hatte Salzwasser in den Adern und wusste mehr über die Seefahrt als so mancher andere. Außerdem war er der Geschäftsmann schlechthin, und seine Flotte aus fünf Walfängern und zwei Robbenfängern trieb Handel von der südlichen Arktis bis zu den Gewürzinseln und quer über den Atlantik. Er hatte George

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