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Insel zweier Welten: Roman (German Edition)

Insel zweier Welten: Roman (German Edition)

Titel: Insel zweier Welten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraldine Brooks
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dem Wehentrunk holen zu lassen, mit dem sie das Kindbettfieber meiner Mutter zu kühlen hoffte. So groß auch mein Eifer war, ihr das Gewünschte zu holen, stand ich doch einige Minuten an der Tür und lauschte, als ich meine Mutter sprechen hörte. Sie redete von ihrem Tod. Ich wartete darauf, dass Goody Branch ihr widersprechen und ihr sagen würde, alles werde gut. Doch solche Worte fielen nicht. Stattdessen antwortete Goody Branch, sie würde sich schon um gewisse Angelegenheiten kümmern, die meiner Mutter am Herzen lägen, und sie solle diesbezüglich ganz ohne Sorge sein.
    Drei Tage später trugen wir sie zu Grabe. Obwohl laut Kalender der Frühling bereits begonnen hatte, war der Boden noch nicht getaut. Und so entzündeten wir an der Stelle, die mein Vater ausgesucht hatte, zwischen den Gräbern meines Zwillingsbruders Zuriel, der im Alter von neun Jahren gestorben war, und dem meines anderen Brüderchens, das schon so früh von uns gegangen war, dass wir ihm nicht einmal einen Namen geben konnten, ein Feuer. Wir schürten es die ganze Nacht. Doch als mein Vater und Makepeace bei Morgengrauen zu graben begannen, klirrte die Schaufel noch immer in der eisenharten Erde, ein Geräusch, das mir bis heute in den Ohren klingt. Das Graben war so mühsam, dass mein Vater hinterher von der Anstrengung, unsere Mutter zur ewigen Ruhe zu betten, zitterte wie Espenlaub. Aber so ist das Leben hier auf dieser Insel: Wir haben die raue See im Auge und die Wildnis in unserem Rücken. Wie Adams Familie nach dem Sündenfall müssen auch wir alle Dinge selber verrichten, müssen töpfern und backen, Pillen drehen und Gräber schaufeln. Was auch immer wir zum Leben brauchen – wir müssen es selbst beschaffen oder darauf verzichten.
    Seit dem Tod meiner Mutter ist jetzt fast ein Jahr vergangen, seither kümmere ich mich um Solace und führe den Haushalt. Ich vermisse meine Mutter und weiß, dass es auch Vater so geht, ebenso wie Makepeace auf seine Weise um sie trauert, obwohl er seine Gefühle nicht so deutlich zeigt wie wir. Auch sein Glaube scheint gestärkt zu sein, denn er hat gelernt, das hinzunehmen, was uns nach göttlichem Willen widerfährt. Wir alle haben schlimme Tage und Nächte verbracht, in denen wir unser Betragen prüften und in unseren Seelen lasen, um herauszufinden, für welche unserer Sünden und Verfehlungen der Schöpfer uns strafen wollte, als er sie so früh von uns nahm. Und auch wenn ich oft zusammen mit meinem Vater im Gebet bei dieser Frage verweile, so habe ich ihm doch nicht die ganze Wahrheit gesagt, so wie ich sie kenne.
    Denn ich habe meine Mutter getötet. Ich weiß, mancher würde sagen, ich sei nur ein Kind gewesen, das zum Spielball des listenreichen Satans wurde. Doch im Angesicht der Seele zählen weder Jugend noch Alter. Die Sünde befleckt uns bereits bei unserer Geburt und liegt wie ein Schatten über jeder Stunde unseres Lebens. So wie die Heilige Schrift uns lehrt: Zu seiner Zeit soll ihr Fuß gleiten. Man verliert den Halt, so wie es mir geschah, und das Alter zählt dabei nicht. Kindliche Unschuld kann hier nicht gelten. Und meine Sünden waren nicht bloß eine durch Unreife entschuldbare Torheit: Sie sind auf ewig in die steinernen Tafeln tödlicher Verfehlung gemeißelt. Ich habe die Gebote gebrochen, Tag für Tag. Und ich tat es wissentlich. Ich bin die Tochter eines Pfarrers: Wie könnte ich es leugnen? Wie Eva dürstete mich nach verbotenem Wissen, und ich aß von der verbotenen Frucht. Für sie der Apfel, für mich der weiße Nieswurz – verschiedene Pflanzen aus ein und derselben Hand. Und genauso, wie jene Schlange im Paradies damals schön gewesen sein muss – ich sehe sie vor mir, ihre glänzenden Schuppen, die sich schimmernd wie Tautropfen über Evas Schultern ergossen, ihre Augen, wie blitzende Juwelen, die ihrem Blick begegneten –, kam Satan auch zu mir in Gestalt unwiderstehlicher Schönheit.
    Brich Gottes Gesetze, und erdulde seinen Zorn. Nun, das ist es, was ich tue. Der Herr legt schwer seine Hand auf mich, und ich beuge den Rücken unter der Bürde, die ich jetzt trage – unter der meiner Mutter und meiner eigenen. Meine Aufgaben beginnen im dichten Grau der Morgendämmerung und enden beim Kerzenlicht der Nacht. Im Alter von fünfzehn Jahren habe ich die Pflichten eines Weibes übernommen und bin zur Frau gereift. Doch ich bin auch froh darüber. Denn nun habe ich nicht mehr die Zeit für die Sünden, die ich als Mädchen beging, wenn sich die Stunden vor

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