Inselkoller
etwas haben.
»Maxi, hast du gesehen, wie lieb er deinen Fuß verarztet hat? Er ist
einfach himmlisch. Und seine Stimme erst, so angenehm warm, so… ach ich weiß nicht
wie, einfach afrikanisch, weißt du?«
»Ick wees, ick weeß, Evachen. Aba seene Nabn in Jesichte, dat ham wa noch
nich jeklärt, wa?«
»Ach Maxi, hör doch auf. Sein Onkel war Präsident.
Der ist einer von den Guten. Und wenn die Lage in Afrika wieder in Ordnung kommt,
wird er sicherlich ganz weit oben stehen, glaub mir.«
»Ick jlobe, dass de dabee büst, dir zu vaknalln,
det jlobe ick. Aba nüscht für unjut. An deene Stelle würd ick ma in Spiejel gucken,
da haste wat zu repariern. De Sonne hat da wat anjerichtet. Jib mer ma de Schachtel
da uff’n Tisch mit de Mon Chéris rüba, ick jlob, det is wat für vorwech?«
»Was hat die Sonne angerichtet? Das muss ich
mir sofort ansehen. Ich geh ins Bad, da muss ich sowieso hin.«
Sie reichte ihrer Freundin die Schachtel Mon
Chéri und verschwand im Badezimmer. Ein kurzer Blick in den Spiegel ließ sie erschrocken
zurückfahren. Sie setzte sich erst einmal aufs Klo und erleichterte sich.
Diese Art Spülarmatur hatte sie vorher noch
nicht gesehen: ein Oval, geteilt in zwei ungleich große Teile. Der kleine fürs Kleine,
der große fürs Große, schloss sie messerscharf und drückte auf die kleine Abspültaste.
Das Wasser rauschte ungewohnt lange. Sie drückte aus Neugier auf den großen, nur
um einen Vergleich zu haben. Das Wasser schien eine Ewigkeit zu laufen. Sie mokierte
sich innerlich über die Reichen, die es sich leisten konnten, Wasser zu verschwenden,
nur um nicht die Klobürste in die Hand nehmen zu müssen.
Als sie sich ihrem Spiegelbild zuwandte, hörte
sie einen dumpfen Aufprall aus dem Zimmer nebenan.
»Maxi, ist was?«
Sie studierte eindringlich ihre Nase, die rot
war wie eine Tomate. Das hatte sie vorhin gar nicht bemerkt. Aber die Nasenwurzel
und die Augenpartien, die von der Sonnenbrille geschützt worden waren, stachen hässlich
weiß von ihrer roten Nase ab. Maxi hatte recht, das sah grässlich aus. Sie kramte
in ihrer Tasche nach den Kosmetikutensilien und begann, ihre Nase mit Puder zu bearbeiten.
Von draußen waren die Geräusche eines umkippenden
Stuhls zu vernehmen.
»Maxi, was machst du denn da?«, rief sie durch
die Tür ins Wohnzimmer. Maxi war manchmal unmöglich, ohne Respekt vor anderen und
deren Sachen.
Sie war mit ihren Bemühungen noch nicht zufrieden
und versuchte, die weißen Hautpartien mit etwas Make-up abzudecken. Das Ergebnis
befriedigte sie nicht. Aber mehr war mit den spärlichen Mitteln, die sie dabeihatte,
nicht zu machen. Sie wollte sich ihr Haar aufschütteln, griff aber in salzig verklebte
Strähnen. Unter heftigem Fluchen begann sie, ihr Haar mit der Bürste zu traktieren.
Als es sich einigermaßen geschmeidig anfühlte, tat ihr der Kopf weh, so, als ob
sie sich die Haare ausgerissen hätte. Dennoch verließ sie das Badezimmer einigermaßen
zufrieden über das erzielte Ergebnis.
»Maxi, wie seh ich aus? Kann ich mich so sehen
lassen? Maxi, wo bist du denn? Lass deine blöden Späße, ich bitte dich.«
Sie entdeckte ihre Freundin am Esstisch leblos
auf dem Boden liegend. Erschrocken kniete sie sich zu ihr nieder und nahm ihren
Kopf in die Hände. Maxis Gesicht war bläulich und angeschwollen. Sie schlug ihr
auf die Wangen.
»Maxi, wach auf! Was hast du denn? Mein Gott,
was ist denn los?«
Sie sah sich Hilfe suchend um. Die erste Panikwelle
breitete sich in ihr aus und erreichte ihren Magen. Ihr wurde übel. Was soll ich
bloß tun? Ich brauche Hilfe. Der Notarzt muss her. Wo ist das Telefon? Mein Gott,
wo ist das Telefon? Gibt’s denn in diesem verdammten Apartment kein Telefon? Sie
rannte verzweifelt durch alle Räume, kurz davor, sich übergeben zu müssen, fand
aber keinen Apparat. Panisch lief sie zurück zu ihrer Freundin und schüttelte sie
an den Schultern.
»Maxi, Maxi, wach auf. Was hast du denn?«
Dann hörte sie, wie die Eingangstür aufgeschlossen
wurde. Sie stürzte in den Flur und sah Jussi, einen Plastikcontainer in der Hand,
die Tür von innen schließen.
»Jussi, mein Gott, da bist du ja. Maxi liegt
da und rührt sich nicht. Wir brauchen einen Arzt. Ich finde kein Telefon. So tu
doch endlich was. Mein Gott, sie stirbt vielleicht.«
Er stellte das Essen ab, lief ins Wohnzimmer,
beugte sich über die Frau und tastete die Halsschlagader ab. Kein Puls, sie war
tot.
Verdammt, verdammt, verdammt. Was war passiert?
Er sah
Weitere Kostenlose Bücher