Inseln im All -: Roman (German Edition)
Mars tatsächlich ebenso war. Die Siedlungen waren immer noch so klein, dass jeder alle anderen kannte. Auf der Erde würden sie natürlich ganz andere Verhältnisse vorfinden.
Ich kam mir zwischen allen diesen unbekannten Leuten ein wenig einsam vor, und es dauerte einige Zeit, bis ich ein paar Bekanntschaften schloss. Im zweiten Stockwerk gab es ein paar kleine Läden, wo man Toilettenartikel und Andenken kaufen konnte, und ich schaute mich gerade in einem dieser Läden ein bisschen um, als drei junge Kolonisten hereingeschlendert kamen. Der älteste von ihnen war ein junger Mann ungefähr in meinem Alter, und die anderen beiden waren zwei Mädchen – offensichtlich seine Schwestern.
»Hallo«, sagte er, »Sie waren aber nicht auf dem Raumschiff.«
»Nein«, antwortete ich, »ich bin gerade erst von der Inneren Station herübergekommen.«
»Wie heißen Sie denn?«
Das so ohne Umschweife zu fragen, wäre auf der Erde unmöglich oder zumindest unhöflich gewesen, aber inzwischen hatte ich schon herausgefunden, dass alle Kolonisten so waren. Sie benahmen sich sehr offenherzig und verschwendeten nie viele Worte. Ich beschloss, mich ebenso zu verhalten.
»Ich heiße Roy Malcolm. Und Sie?«
»Oh«, sagte eines der Mädchen, »wir haben in der Schiffszeitung etwas über Sie gelesen. Sie sind doch um den Mond herumgeflogen und haben alles Mögliche erlebt.«
Ich fühlte mich sehr geschmeichelt, dass sie von mir gehört hatten, aber ich zuckte nur die Achseln, als wäre das etwas völlig Unwichtiges. Auf jeden Fall wollte ich mich ihnen gegenüber lieber nicht mit meinen Erlebnissen brüsten; denn sie waren ja schließlich viel weiter draußen im Raum gewesen als ich.
»Ich bin John Moore«, sagte der junge Mann, »und das sind meine Schwestern Ruby und Mary. Es ist das erste Mal, dass wir zur Erde kommen.«
»Sie meinen, ihr seid auf dem Mars geboren worden?«
»Ja; wir kommen heim, um das College zu besuchen.«
Es klang seltsam, diesen Ausdruck »wir kommen heim« von jemandem zu hören, der noch nie einen Fuß auf die Erde gesetzt hatte. Ich hätte fast gefragt: »Könnt ihr denn auf dem Mars keine gute Schulbildung bekommen?« – aber ich hielt mich zum Glück doch rechtzeitig zurück. Die Kolonisten waren gegen jede Kritik an ihrem Planeten sehr empfindlich, selbst wenn sie nicht böse gemeint war. Sie hassten auch das Wort »Kolonist«, und man tat gut daran, es in ihrer Gegenwart zu vermeiden. Aber man konnte sie schließlich auch nicht gut »Marsianer« nennen, denn diese Bezeichnung wurde auf die Ureinwohner des Planeten angewendet.
»Wir wollen uns nach ein paar Andenken umschauen, die wir mit nach Hause nehmen können«, sagte Ruby. »Finden Sie nicht auch, dass diese Plastiksternkarte sehr hübsch ist?«
»Mir gefiel dieser Meteor am besten«, sagte ich. »Aber er ist furchtbar teuer.«
»Wie viel Geld haben Sie denn?«, fragte John.
Ich durchsuchte den Inhalt meiner Taschen und stellte eine schnelle Berechnung an. Zu meinem Erstaunen sagte dann John ohne Zögern:
»Ich kann Ihnen den Rest leihen. Sie können mir das Geld auf der Erde zurückgeben.«
Das war meine erste Erfahrung mit der schnellentschlossenen Hilfsbereitschaft, die auf dem Mars eine Selbstverständlichkeit war. Ich konnte das Anerbieten natürlich nicht annehmen, aber andererseits wollte ich John auch nicht kränken. Zum Glück hatte ich eine gute Ausrede bereit.
»Das ist wirklich nett von Ihnen«, sagte ich, »aber mir ist gerade eingefallen, dass mein Gepäck die erlaubte Gewichtsgrenze schon erreicht hat. Ich kann also leider nichts mehr mitnehmen.«
Beunruhigt wartete ich eine Minute, ob vielleicht einer von den Moores mir auch noch Platz in seinem Gepäck anbieten würde, aber offenbar hatten auch sie schon das zulässige Gewicht aufgebraucht. Danach war es unvermeidlich, dass sie mich ihren Eltern vorstellten. Wir fanden sie im Klubzimmer, wo sie sich mit irdischen Zeitungen beschäftigten. Sobald Mrs. Moore mich sah, rief sie: »Was haben Sie denn mit Ihren Kleidern angestellt?«
Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass das Leben der Inneren Station meinen Anzug ziemlich arg mitgenommen hatte. Bevor ich wusste, wie mir geschah, hatten sie mich in einen von Johns Anzügen gesteckt. Er passte mir ganz gut, aber Muster und Farbe waren wirklich aufsehenerregend – jedenfalls nach irdischen Maßstäben, wenn es auch hier bestimmt nicht auffiel.
Es gab so viel zu erzählen, dass die Stunden bis zur Ankunft der
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