Inseln im All -: Roman (German Edition)
und sich der Rotationsgeschwindigkeit der Station anzupassen; die Zentrifugalkraft verlieh meinem Körper wieder ein wenig Gewicht, und die Wand des Korridors wurde zum Fußboden. Erst wenn die beiden Umdrehungsgeschwindigkeiten angeglichen wären, würde es möglich sein, die eigentliche Station zu betreten.
Schließlich ertönte ein Summton, und ich wusste, dass nun der Ausgleich vollzogen war. Die Kraft, die mich gegen die gekrümmte Wand des Korridors drückte, war sehr schwach, aber sie würde an Stärke zunehmen, je weiter ich mich von der Achse entfernte, bis sie dann am Außenrand der Station gleich der Erdschwerkraft wäre. Ich hatte jedoch keine Eile, nach der Zeit völliger Gewichtslosigkeit diesen Zustand wieder zu erleben.
Der Korridor endete im Zentrum der Station an einer Tür, die zu meiner Überraschung in einen Fahrstuhl führte. Nach einer kurzen Fahrt öffnete sich dann die Tür in eine weite Halle, die ebenso gut das Foyer eines beliebigen Luxushotels auf der Erde hätte sein können. Ich konnte kaum glauben, dass ich mich nicht schon auf der Erde befand. Dort drüben stand der Empfangstisch, wo die Gäste ihre Fragen und Beschwerden vorbrachten; die uniformierten Hotelangestellten liefen eilig hin und her, und von Zeit zu Zeit wurde jemand durch den Lautsprecher aufgerufen. Nur die weit ausholenden, federnden Schritte, mit denen sich die Leute bewegten, verrieten die Tatsache, dass man sich hier nicht auf der Erde befand. Und über dem Empfangstisch hing ein Schild mit der Aufschrift:
»Schwerkraft in diesem Stockwerk: ⅓ Erdschwere«
Das war gerade das richtige Verhältnis für die heimkehrenden Marskolonisten, dachte ich. Wahrscheinlich waren alle diese Leute ringsum vom Roten Planeten gekommen, oder sie bereiteten sich darauf vor, dorthin zu fliegen.
Als ich mich angemeldet hatte, wurde mir ein kleines Zimmer zugewiesen, das gerade groß genug war für ein Bett, einen Stuhl und ein Waschbecken. Es war so seltsam, wieder einmal fließendes Wasser zu sehen, dass ich als Erstes den Wasserhahn aufdrehte und fasziniert beobachtete, wie sich eine Wasserpfütze am Grunde des Beckens sammelte. Dann fiel mir plötzlich ein, dass man hier ja bestimmt auch ein richtiges Bad nehmen konnte, und so setzte ich mich mit einem Freudenschrei in Bewegung, um einen Baderaum ausfindig zu machen. Ich hatte das Duschen gründlich satt und all die lästige Mühe, die damit verbunden war.
Auf diese Weise verbrachte ich also meinen ersten Abend an Bord der Wohnstation. Rings um mich wimmelte es von Reisenden, die von fernen Welten gekommen waren und sicherlich von seltsamen Abenteuern erzählen könnten. Aber mit ihnen konnte ich mich morgen beschäftigen. Jetzt wollte ich ein Erlebnis auskosten, das nur bei Schwerkraft möglich war – nämlich in einer Menge Wasser zu liegen, das nicht versuchte, sich in einen riesigen schwebenden Regentropfen zu verwandeln.
11
Es war spät am »Abend« gewesen, als ich an Bord der Wohnstation ankam. Hier hatte man die Zeit nach dem Wechsel von Tag und Nacht geordnet, wie es ihn unten auf der Erde gab. Alle vierundzwanzig Stunden wurden die Lichter verdunkelt, Stille breitete sich in den Gängen und Räumen aus, und die Hotelbewohner gingen zu Bett. Außerhalb der Station mochte vielleicht gerade die Sonne scheinen, oder vielleicht befand sie sich eben im Erdschatten – aber hier in dieser Welt der weiten gekrümmten Korridore, der dicken Teppiche, der sanften Lichter und flüsternden Stimmen machte das keinen Unterschied aus. Die Wohnstation hatte ihre eigene Zeitrechnung, und niemand kümmerte sich um die Sonne.
In meiner ersten Nacht unter der Einwirkung von Schwerkraft schlief ich nicht besonders gut, selbst wenn ich jetzt auch nur wieder ein Drittel des Gewichts hatte, an das ich ein ganzes Leben lang gewöhnt gewesen war. Ich atmete mühsam und hatte unangenehme Träume. Immer wieder schien ich mit einem schweren Gewicht auf dem Rücken einen steilen Berg hinaufzuklettern. Meine Beine schmerzten, meine Lungen keuchten, und der Berg türmte sich endlos vor mir auf. Und so sehr ich mich auch plagte – den Gipfel erreichte ich nie.
Endlich versank ich dann in einen tiefen, traumlosen Schlaf, und ich wachte nicht mehr auf, bis mich ein Steward weckte, der mir das Frühstück brachte. Ich aß es von einem kleinen Klappbrett, das an meinem Bett angebracht war. Wenn ich darauf brannte, die Station zu besichtigen, so ließ ich mir doch diese Mahlzeit in aller
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