Inselwaechter
Wilms? Lief es gut?«
»Ich habe keinen Einblick in die Finanzen, aber es wird schon nicht schlecht laufen. Und die Sache mit der Professur war nun auch nicht von solcher Bedeutung.«
»Aus irgendeinem Grund muss doch aber Frau Mahler sehr unzufrieden gewesen sein?«
»Ja, sicher. Sie hat nur leider nicht mit mir darüber gesprochen. Jedenfalls nicht über Details. Es ging um eine Veränderung die Kanzlei betreffend und … um Schwierigkeiten mit Grohm. Aber das muss man eher als atmosphärische Störung sehen, denn es ist doch klar, dass das zu Reibungen führt, wenn da eine junge, aktive Frau Veränderungen herbeiführen will. Etwas ganz Normales, über das man reden kann. Und genau darum ging es uns hier in Lindau.«
Lydia Naber ließ es damit gut sein und verzichtete auf eine Bemerkung in Bezug auf die Formulierung Reibungen. » Und Frau Schirr?«
»Ist schon seit ewigen Zeiten dabei. Ich glaube sogar von Anfang an.«
»Sie scheint schwierig zu sein?«
»Gar nicht. Das täuscht. Ich weiß schon – ihr etwas unkonventionelles Äußeres.«
»Wer ist eigentlich Sebald in diesem Zusammenhang – Grohm & Sebald?«
»Das war ein Studienkollege von Grohm, der zusammen mit ihm die Firma gegründet hat. Die beiden haben ein paar Semester zusammen studiert, wenn ich das recht erinnere. Sebald hat dann aber zur Juristerei gewechselt. Er ist vor zwei Jahren bei einem Segelunfall am Starnberger See umgekommen.«
»Mhm. Und seither führt Grohm die Geschäfte alleine.«
Claire Wilms lachte bitter. »Nein, nein. Den Zusammenhang habe ich auch gestern erst mitbekommen, nachdem Sie gegangen waren: Agnes Mahler war Sebalds Nichte. Sie ist nach seinem Tod in die Kanzlei eingestiegen. Das war wohl nicht so geplant gewesen, aber sie hat die Anteile von ihrem Onkel geerbt und zu aller Überraschung ging es ihr nicht um eine finanzielle Beteiligung, sondern darum, dort mitzuarbeiten.«
Lydia Naber lehnte sich entspannt zurück. »Ahhh. Jetzt wird mir doch einiges klarer. Sie war quasi der Sebald-Teil der Kanzlei. Und damit hatte man nicht gerechnet. Interessant. Wie war Ihr Verhältnis zu Agnes Mahler?«
»Gut. Unser Verhältnis zueinander war gut. Wir haben ohne Schwierigkeiten zusammenarbeiten können. Sie war sehr kollegial und professionell und hat sich nichts anmerken lassen, was ihre Stellung in der Kanzlei anging. Ich musste davon ausgehen, dass sie eine Führungsposition hatte. Sie hat mich schließlich eingestellt.«
»Grohm hat sich seine Position schon anmerken lassen?«
»Das musste er nicht. Sein Name steht an erster Stelle der Kanzlei.«
Auf was man alles achten muss, ging es Lydia Naber durch den Kopf. Sie fragte, ob es nach der Ankunft in Lindau zu einem Treffen mit Agnes Mahler gekommen sei. Claire Wilms verneinte. Weder sie selbst hatte sich mit Agnes Mahler getroffen und von ihren beiden Kollegen wüsste sie nichts von einem Treffen. Nur am Freitagmittag sei sie ihr zufällig in der Stadt begegnet, auf dem Weg vom Hotel zum Auktionshaus Zeller. Nach kurzer Begrüßung sei sie aber ins Auktionshaus gegangen, wo Grohm bereits wartete. Man wollte sich den Samstag über Zeit nehmen miteinander zu reden. So sei es vereinbart gewesen.
»Bei dieser kurzen Begegnung, da ist Ihnen an Frau Mahler nichts aufgefallen, was ungewöhnlich gewesen wäre …?«
»Nein, überhaupt nicht.«
»Wir wissen, dass Melanie Schirr am Freitag im Hotel Seegarten war und dort in der Empfangshalle mit Agnes Mahler zusammengetroffen ist. Das Gespräch der beiden soll sehr dissonant verlaufen sein, wie Zeugen schildern.«
»Soso«, sagte Claire Wilms nachdenklich, »dann war Melanie also bei ihr. Mhm. Und ist natürlich aufgefallen. Nun ja – wissen Sie, Melanie Schirr ist manchmal etwas normabweichend, was ihr Verhalten angeht.«
Lydia Naber verzichtete darauf, die Antwort zu kommentieren und nahm sie ohne Regung zur Kenntnis. Für sie hatte es wie eine Aufforderung geklungen, sich über Melanie Schirr zu äußern. Sie wollte auf etwas anderes hinaus: »Frau Mahler war natürlich auch eine Erscheinung, die auffiel, nicht wahr?«
»Oh ja! Unbedingt! Sehr selbstbewusst. Gut aussehend und immer in der passenden Garderobe. Zweifellos ist sie selbst hier in dieser Umgebung aufgefallen. Sie hatte ein Gespür für ihren Typ und die Fähigkeit, ihre Person perfekt wirken zu lassen. Schlichte, feine Kostüme, ihre schönen lockigen Haare. Das hat schon Eindruck gemacht. Edel, fein und teuer – doch nie so, dass sie die Empfindungen
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