Im Zeichen des Zorro
1
PEDRO, DER AUFSCHNEIDER
Wieder prasselte der Regen
unerbittlich auf das Dach aus roten spanischen Ziegeln, und wieder klang
das Heulen des Windes wie das Klagen einer gepeinigten Seele. Aus dem großen
Kamin quoll der Rauch, während die Funken des Feuers über den
harten braunen Lehmboden sprühten.
»Eine Nacht für
das Böse ist das!«, erklärte Sargento Pedro Gonzales. Er
streckte die großen Füße in ihren weiten Stiefeln näher
zum lodernden Feuer, packte mit einer Hand das Heft seines Säbels und
mit der anderen einen Becher wässrigen Wein. »Die Teufel heulen
im Wind, und in den Regentropfen hocken Dämonen! Eine böse
Nacht, ohne Frage - wie, Senor?«
»Allerdings!« Der
dicke Wirt stimmte rasch zu, und er beeilte sich gleichfalls, den
Weinbecher nachzufüllen, denn Sargento Pedro Gonzales war fürchterlich,
wenn er einmal aufgebracht war, und das wurde er immer, wenn der Wein auf
sich warten ließ.
»Eine böse Nacht«,
wiederholte der massige Feldwebel und schüttete den Becher hinunter,
ohne auch nur ein einziges Mal innezuhalten, um Atem zu schöpfen;
eine Meisterschaft, die zu ihrer Zeit für gehöriges Aufsehen
gesorgt hatte und die den Feldwebel in nicht unerheblichem Maße berüchtigt
hatte werden lassen — den ganzen Camino Real entlang; denn so hieß
die Landstraße, die die Missionsstationen in einer langen Kette
miteinander verband.
Gonzales rutschte näher
ans Feuer und scherte sich nicht darum, dass dadurch andere Männer
eines Teils seiner Wärme beraubt wurden. Sargento Pedro Gonzales
hatte schon oft seiner Überzeugung Ausdruck verliehen, dass ein Mann
sich um sein eigenes Wohlergehen zu kümmern habe, bevor er an das der
anderen denken solle. Und da er von beträchtlicher Kraft und Körpergröße
war und eine ausgezeichnete Klinge zu führen verstand, traf er nur
auf wenige, die den Mut besessen hätten, ihm ins Gesicht zu sagen,
dass sie anderer Meinung seien.
Draußen heulte der
Wind, und der Regen glich einer undurchdringlichen Wand. Ein typischer südkalifornischer
Februarsturm. In den Missionsstationen hatten die Ordensbrüder, die
frailes, das Vieh versorgt und die Gebäude für die Nacht
verschlossen. Auf jeder großen Hacienda flackerten muntere Feuer in
den Wohnhäusern. Die furchtsamen Indianer blieben in ihren kleinen
Adobehütten, froh um den Schutz, den sie boten.
Und hier, in der kleinen
Ansiedlung namens Reina de los Angeles, wo sich in künftigen Jahren
einmal eine große Stadt erstrecken sollte, bot die Taverne auf der
Plaza Männern, die sich lieber bis zum Morgengrauen vor dem Feuer
ausstreckten, als dem wütenden Regen entgegenzutreten, vorübergehend
Unterschlupf.
Sargento Pedro Gonzales nahm,
dank seines Ranges und seiner Größe, den Kamin für sich in
Beschlag, während ein Korporal und drei einfache Soldaten aus der
Garnison ein Stück weit hinter ihm an einem Tisch saßen, ihren
dünnen Wein tranken und Karten spielten. Ein indianischer Diener
hockte in einer Ecke auf den Fersen; er war jedoch kein Konvertit, der den
Glauben der frailes übernommen hatte, sondern vielmehr ein Heide und
Abtrünniger.
Denn dies war die Zeit des
Niedergangs der Missionsstationen, und es herrschte wenig Frieden zwischen
den Franziskanern in ihren Kutten, die auf den Spuren des Heiligen
Junipero Serra wandelten (welcher einst in San Diego de Alcalá die
erste Mission gegründet und somit die Errichtung eines ganzen
Imperiums überhaupt erst ermöglicht hatte), und jenen, die den
Politikern folgten und hohe Ränge in der Armee bekleideten. Die Männer,
die jetzt in der Taverne in Reina de los Angeles ihren Wein tranken,
hegten keinerlei Wunsch nach einem herumschnüffelnden Konvertiten in
ihrer Nähe.
In diesem Moment war das
Gespräch verstummt, eine Tatsache, die den dicken Wirt verdross und
ihm nicht wenig Sorgen bereitete. Ein disputierender Sargento Pedro
Gonzales nämlich war ein friedlicher Sargento Gonzales; wenn er aber
nichts zu reden hatte, könnte der massige Soldat sich geneigt fühlen,
zur Tat zu schreiten und eine Schlägerei vom Zaun zu brechen.
Zweimal bereits hatte
Gonzales das getan und dabei sowohl dem Mobiliar wie auch den Gesichtern
der Männer großen Schaden zugefügt. Der Wirt hatte sich an
den Garnisonskommandanten gewandt, an Capitán Ramón, nur um
hören zu müssen, der Capitán habe selbst bereits eine
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