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Inselwaechter

Inselwaechter

Titel: Inselwaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob M. Soedher
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Stadt. Wir haben nur telefoniert und ganz am Ende hat sie mir dabei erklärt, dass sie aufhören wolle in der Kanzlei. Sie klang sehr entschlossen. Ja, und nun …«
    Lydia Naber schob den Teller zur Seite und bestellte zwei Espressi. Ja, und nun.

Schabab
    Kimmel saß unzufrieden im Büro. Hundle lag dösend neben seinem Schreibtisch, was äußerst beruhigend wirkte. Kimmel hatte einmal gelesen, es würde blutdrucksenkend wirken, einen Hund zu streicheln. Damals hatte er das für esoterischen Firlefanz gehalten, für Voodoo, Pendelkram und Kräuterpulverschmarrn.

    Er war die Berichte durchgegangen. Wenig Handfestes war dabei, nicht der Schimmer einer Spur. Außerdem fiel es ihm schwer, einen Montag ohne eine ordentliche Besprechung zu beginnen. Ja, es hatte einen Mord gegeben und alle waren beschäftigt und auf den Beinen – ein Montag jedoch musste mit einer Besprechung anfangen. Er hätte gerne mit jemandem gesprochen. Schielin war heute Morgen gar nicht erst gekommen, Wenzel begleitete die Obduktion, die man Kimmels Meinung nach auch auf den Nachmittag hätte legen können. Jasmin Gangbacher überprüfte die Unterlagen und Schriftstücke, die Lydia Naber aus Agnes Mahlers Hotelzimmer und Wohnung zusammengestellt hatte.
    Er massierte sein Kinn. Letzte Woche hatte er mitbekommen, dass Jasmin schon wieder in Memmingen auf Besuch war, bei der Rothaarigen, die seit dem letzten Fall dort einsaß. Er stand auf und ging hinüber zu Erich Gommert, der auf der Tastatur herumhackte.
    »Was schreibst du, Gommi«, fragte er und wollte es versöhnlich klingen lassen. Schließlich sollte es eine lockere, neutrale Einleitung zu einem für ihn informativen Gespräch sein. Er hätte besser das Wetter als Gegenstand nehmen sollen.
    »Statistik«, lautete die magere Antwort.
    »Welche?«
    Erich Gommert unterbrach. »Steckdosen. Sie wollen in Kempten wissen, wie viele Steckdosen wir in den Räumen haben und welche Geräte daran angeschlossen sind.«
    Kimmels Blutdruck kam in Bereiche, die das Streicheln eines Hundes notwendig gemacht hätten. Er wollte sich von Erich Gommert nicht verulken lassen.
    »Ich habe eine anständige Frage gestellt, Gommi, und ich will gefälligst eine anständige Antwort!«
    Hundle kam vom Gang her, strich Kimmel im Vorübergehen am Bein vorbei und ließ sich mit lautem Ächzen und Krachen unter dem Schreibtisch niederfallen.
    Erich Gommert wiederholte, was er schon gesagt hatte und versuchte dabei langsam und hochdeutsch zugleich zu sprechen – der Anständigkeit wegen, die Kimmel angemahnt hatte. Es klang grausam und höhnisch. »Das neue Polizeipräsidium Schwaben-Südwest möchte eine Auflistung der Anzahl der Steckdosen je Dienstzimmer und die Anzahl der daran angeschlossenen elektrischen Geräte.«
    Kimmel stapfte schnaubend zu ihm hin, hielt sich an der Rückenlehne des Bürostuhls fest und fokussierte den Inhalt des Bildschirms. Die Lesebrille hatte er in seinem Büro liegen lassen, es dauerte eine Weile, bis aus dem Verschwommenen etwas Lesbares wurde. Ein elender Montag.
    Der Tabelle nach, die da auf dem Bildschirm zu sehen war, befanden sich in seinem Büro die wenigsten Steckdosen. Steckdosenstatistik! brüllte er innerlich und schüttelte fassungslos den Kopf. Alles schien ihm aus den Händen zu gleiten. Erst in der letzten Woche hatte er auf Verlangen des Präsidiums einen Leiterbeauftragten für die Dienststelle bestimmen müssen. Einen, der die anderen darin einweisen sollte, wie man eine Leiter richtig benutzte. Niemand wollte für den Unsinn verantwortlich sein. Es gab wohl eine Verordnung, die einen Leiterbeauftragten erforderlich machte. Zwei Wochen zuvor musste die EDV-Verkabelung gemeldet werden, zugleich war eine Firma im Haus gewesen und hatte die Fensterflächen ausgemessen – kein Mensch konnte sagen wozu, weshalb und warum.
    Früher war er noch Chef gewesen und hatte Einfluss darauf gehabt, was auf seiner Dienststelle geschah. Doch seit dieses neue Präsidium mit der schwerfälligen Bezeichnung existierte, gab es andere, die sich Dinge ausdachten, um ihre Existenz zu rechtfertigen. Das waren also die Ergebnisse der Verwaltungsreform. Sicher – es verbot sich, dieses Reformwerk von wahrhaft epochalem Charakter zu kritisieren –, das sollte späteren Generationen vorbehalten bleiben, die einen milden Blick auf die Vergangenheit werfen konnten. Wenn man allerdings Teil der Realität war, konnte man sich schon erregen über die Hemmungslosigkeit, in der Wasserköpfe in die Welt

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