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Inselwaechter

Inselwaechter

Titel: Inselwaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob M. Soedher
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»Du solltest endlich mal zum Hundetraining gehen mit dem armen Tierle. Der hört ja überhaupt nicht, liegt immer nur faul rum, knurrt und bettelt, und wird immer dicker. Das ist nicht gut für das Tier.«
    »Natürlich hört er«, widersprach Gommi.
    »Ja, wenn’s Futterpapier raschelt«, kommentierte Schielin, »er bewegt sich doch nur noch von einer Futterstelle zur anderen.«
    Gommi giftete in die Runde. »Ja, wenn jeder in seinem Schreibtisch Gutele versteckt und heimlich in des Hundle reinstopft, dass es ja nur ein wenig bei einem neben dem Schreibtisch liegen bleibt, oder aufm Sofa, weil’s doch so schön gemütlich ist, dann – ja da kann des ja auch nichts werden mit der Erziehung.«
    Kimmel dachte an die unterste Schublade in seinem Büro und räusperte sich. Robert Funk an den Biedermeiersekretär in der Ecke. Sie schwiegen beide. Kimmel beendete die Besprechung mit einem »Ja, gut dann«.
    Erich Gommert sah unter den Tisch und fand zwei treue Augen. Der Schwanz schlug auf den Boden auf und produzierte ein dumpfes, inzwischen vertrautes Geräusch. Er wusste ja selbst, dass er mit Hundle was unternehmen musste und war in der Angelegenheit bereits tätig geworden. Schon morgen Nachmittag war ein Treffen vereinbart mit einer Hundetrainerin aus dem Bregenzer Wald. Sie hatte einen guten Ruf – und streng sollte sie sein. Strenge und Erziehung, das würde dem Tierchen guttun, dachte Erich Gommert.
    *
    Die Runde ging auseinander. Wenzel schnappte sich den glänzenden Alukoffer, fuhr hinunter auf die Insel und parkte vor dem Kran im Segelhafen. Große Erwartungen setzte er nicht in die Mitteilung, dass es vielleicht einen Zeugen geben könnte. Wenn jemand bei Sonnenaufgang da droben im Türmchen gesessen und beobachtet hätte, was auf der Mole beim alten Clubhaus geschehen war, dann müsste man einem solchen Zeugen gewiss nicht nachlaufen; er hätte sich doch von ganz alleine gemeldet, sofort bei der Polizei angerufen. So wie sich das gehörte.
    Wenzel schlenderte nachdenklich an den Schuppen der Wasserschutzpolizei vorbei und nahm den Weg hinaus auf die Mole. Er prüfte dabei den Blick hinüber zu dem Haus. In der Tat war es so, dass man von dem kunstvollen Giebelturm aus einen guten Blick auf die Mole und das alte Clubhaus haben musste. Wenn da also wirklich jemand gewesen wäre – selbst im schalen Licht der Morgendämmerung, er hätte etwas erkennen können, erkennen müssen. Wenzel ging zielstrebig zurück, die Schiffswerfte entlang bis zum Brettermarkt. Nahe rückte die Südseite des Hauses an das Hafenbecken. Der Eingang lag auf der schattigen Nordseite. Gerade als er das Klingelschild studieren wollte, öffnete sich die Türe und ein Mann trat heraus. Er strich mit einer Hand immer wieder über die rechte Backe und grüßte mit einem angedeuteten Nicken. Schnell war er verschwunden. Wenzel ging hinein und die erste Treppe nach oben. Die Zahnarztpraxis fiel ihm ein, die sich hier befand. Er hielt kurz inne und überlegte. Sollte er dort nachfragen, wer infrage käme, sich morgens oben am Dach aufzuhalten, oder war es besser erst selbst ganz nach oben zu gehen und zu versuchen, sich einen Überblick zu verschaffen? Er ging weiter. Fragen konnte man immer noch. Das Treppenhaus war großzügig und vermittelte Geborgenheit. Es roch gut, nach Holz und Stein, und das trotz der Nähe zum Wasser – und kein bisschen nach Zahnarzt. Dazu kam die Stille. Massive Mauern hielten die Laute von draußen fern. Es wirkte beruhigend. Wenzel ging Stufe für Stufe weiter. Von oben war mit einem Mal Schimpfen zu hören. Er blieb stehen. Eine Türe wurde geöffnet und lauter als erforderlich ins Schloss gezogen. Er wartete.
    Eine Frau kam herunter, immer noch halblaut schimpfend. Er wartete, lauschte und versuchte etwas zu verstehen – russisch. Ja. Russisch, war er sich sicher. Sie kam um den Knick der Treppe und hielt kurz inne, als sie ihn da stehen sah. Um die fünfzig, dauergewelltes, blondes Haar, schmale dunkle Augen mit festem, willensstarken Blick. In der Rechten hielt sie einen Eimer, der mit Leergut gefüllt war. Darüber hingen Putz- und Wischlappen. Unter den linken Arm hatte sie einen Stapel Altpapier geklemmt. Es sah stolz aus, wie sie dort stand.
    Eine Putzfrau. Wenn man über ein Haus etwas erfahren wollte, dann von einer Putzfrau, dachte Wenzel und setzte ein freundliches Gesicht auf, bevor er seinen Dienstausweis zückte und ihr Weitergehen aufhielt, indem er sich vorstellte. Sie sah skeptisch auf den

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