Inselwaechter
Aufenthalt des Sohnes sagen. Als er aufgelegt hatte, fragte Lydia zappelig: »Und? Fall geklärt?«
Schielin zierte sich: »Mhmmm.«
»Komm schon. Was hat die Kleine bisher rausgefunden?«
»Agnes Mahler ist bereits am Mittwoch hier am Bodensee gewesen. Sie hat in einem Hotel in Meersburg übernachtet und ist Donnerstag früh mit der Fähre nach Konstanz gefahren und hat ihr Auto auf dem Uniparkplatz abgestellt – bis mittags.«
»Ja, gut, das ist nichts Ungewöhnliches, dass sie an der Uni unterwegs ist, oder?«
»Schon. Aber Jasmin hat herausbekommen, dass sie die gesamte Zeit im Archiv der Uni zugebracht hat. Da muss es gerade übrigens wild zugehen – Asbestsanierung –, aber egal. Jasmin hat herausgefunden, dass sie vor etwa einem Monat schon einmal dort gewesen ist und recherchiert hat. Es ging ihr dabei nicht um das Studium von Fachliteratur. Sie hat alte Unizeitschriften, Jahrbücher und Publikationen durchgesehen – alle stehen in Bezug zu Grohm, Sebald und Gahde.«
»Die hat doch schon wieder so einen Riecher, oder?«, murmelte Lydia Naber.
Schielin fuhr fort. »Sie hat in den Unterlagen ein altes Foto gefunden. Vier Männer vor unbekanntem Betongebäude.«
Lydia Nabers Stimme hob sich. »Ein altes Foto. Mhm. Agnes Mahler hat also in der Vergangenheit von Grohm gestöbert. Das ist doch schon mal was. Schau an, schau an …«
»Tja. So ganz im Miteinander, wie unser Doktor Freud es uns scheinen lassen will, ist man da doch nicht gewesen.«
»Und? Hat unser Kleines nun wenigstens Kopien gemacht?«, fragte Lydia.
»Nein. Aber sie hatte ihre kleine Kamera dabei.«
Lydia Naber grinste. »So ein Biest.«
Robert Funk kam und fragte nach, wann und wie es mit Dohmen weitergehen sollte. Lydia Naber verzichtete auf ihr Recht, wegen der nicht abgesprochenen Unterbrechung verstimmt zu sein. Sie berieten und kamen zum Ergebnis, dass es besser sei, Zeit verstreichen zu lassen und abzuwarten, ob Jasmin bei Frau Dohmen etwas erfahren würde – falls die zu Hause sein sollte.
Dohmen war erfreut gefragt zu werden, ob man etwas zu essen und zu trinken beschaffen solle, bevor die restlichen Fragen erörtert wurden. Rieber passte das nicht. Ihm dauerte die Angelegenheit schon zu lange. Doch Dohmens Hungernatur preschte vor und Robert Funk lief zur Metzgerei Schmieger. Die Kundschaft sollte gut versorgt werden und dauern musste es auch.
Aufregung und Anspannung waren nach der Brotzeit ganz gewichen. Sogar Rieber hatte etwas gegessen.
Schielin wiederholte: »Sie waren also am letzten Samstag zu Hause bei Ihrer Frau, auch die Nacht über. Sie waren nicht bei Ihrem Boot. Es existieren drei Schlüssel für das Boot, die alle zu Hause am Schlüsselbrett hängen. Ihre Söhne kommen auch nicht infrage – der eine in Neuseeland, der andere Studium in Heidelberg. Und Sie können sich das alles überhaupt nicht erklären.«
Dohmen bestätigte. Seine Gesichtszüge waren entspannt. Nur unter den Augen wurden dunkle Streifen sichtbar. Er konnte nicht viel geschlafen haben, die letzten Tage.
Lydia Naber schob einige Fotos vom Tatort über den Tisch und bat Dohmen, die Aufnahmen anzusehen. »Kennen Sie diese Frau?«
Er nahm die großen Abzüge in die Hand und blätterte sie durch. Lydia bemerkte, dass er schon nach dem ersten Bild beide Unterarme auf die Tischkante auflegte. Seine Hand hatte begonnen zu zittern, und so konnte er sie ruhig halten. Seine Stimme klang belegt, als er die Fotos zurückschob und meinte, diese Frau noch nie gesehen zu haben.
Schielin war im Stuhl nach hinten gerutscht und hatte seinen Kopf in die hinter dem Nacken gefalteten Hände gelehnt. »Was machen Sie so mit Ihrem Boot, Herr Dohmen?«
Dohmen lächelte bemüht. »Auf dem See herumfahren.«
»Dann frage ich eben anders. Was transportieren Sie so mit dem Schiffchen?«
»Transportieren? Ja, nichts transportiere ich damit.«
»Mhm«, kam es kryptisch von Schielin.
Schweigen. Dohmen wurde unruhig.
Lydia hob das Plastiktütchen mit dem Hunderteuroschein empor. »Haben wir auf Ihrem Boot gefunden. Druckfrisch, Auslandseuro – für die Schweiz bestimmt. Die kriminaltechnische Untersuchung sagt, dass dieses unschuldige Scheinchen bisher noch kaum die Gelegenheit hatte, Glück oder Unglück in die Welt zu bringen – er war von einer Banderole in Zaum gehalten worden. Haben Sie öfter einmal gebündeltes Geld an Bord?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Verstehe – das waren auch die bösen Unbekannten, die das Boot geklaut
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