Inshallah - Worte im Sand - Roman
dienenden Raum. »Immerhin musst du Torran nicht melken und ausmisten. Ganz ehrlich: Diese Kuh hasst mich. Oder sie ärgert sich, weil Khalid ihr einen Männernamen gegeben hat.« Sie kippte frischen Dung aus dem roten Plastikeimergegen die Mauer, um später den Riss damit aufzufüllen. Als sie sah, wie ich mich mit Habib abmühte, grinste sie. »Aber wenn ich dich so sehe, glaube ich fast, dass du die schwierigere Arbeit hast.« Und damit ging sie wieder in den Stall.
Habib wich mir aus.
»Na, komm, Habib. Sei nicht ungezogen. Ich habe noch viel zu tun.« Er kicherte, als ich ihn gerade hinsetzte und seinen Bauch wusch, deshalb schrubbte ich noch stärker. »Was ist so lustig, Habib? Leckt ein Kamel an deinem Bauch?«
Habib lachte und prustete, dass seine Lippen vibrierten.
Als hinter mir etwas schepperte, fuhr ich herum und sah Khalid, der neben dem Stück Schrott auf dem Hintern saß. Er hatte sich zum Glück offenbar nichts getan.
»Siehst du?« Ich zuckte mit den Schultern. »Ich habe dir ja gesagt, dass du nicht raufklettern sollst.«
»Ich will die Amerikaner sehen.« Khalid stand auf und klopfte den Staub von seinen Kleidern. »Das ist ungerecht. Du hast sie gesehen. Und ich will sie auch sehen!«
»Es sind Soldaten, Khalid. Man möchte lieber nichts mit ihnen zu tun haben. Du könntest verletzt werden.« Ich hob Habib hoch und trocknete ihn ab.
»Warum sind Baba und Najib dann losgegangen, um sich mit ihnen zu treffen?«
»Weil sie viel größer sind als du.«
»Zuuh-laaiii-khaa …« Khalid dehnte meinen Namen, bis er wie ein Heulen klang.
»Nein, Khalid«, sagte ich streng. Nachdem ich Habib abgetrocknet hatte, zog ich ihm ein frisches Hemd an.Dann schlüpfte er in seine Hose, und ich half ihm, sie zuzubinden. »Du badest als Nächster. Zieh deine Sachen aus. Ich muss auch sie noch waschen.«
Khalid stemmte die Fäuste in die Seiten und schürzte die Lippen. »Du kommandierst mich immer herum.«
»Du solltest begreifen, Khalid …«
»Du hältst dich für etwas Besonderes, weil du älter bist, aber du irrst dich. Du bist nur ein dummes, eselgesichtiges Mädchen .« Er rannte am Haus vorbei auf den vorderen Teil des Hofes.
Ich wich einen Schritt zurück und drückte meine Hand so fest gegen meinen Mund, dass sich die Zähne in meine Finger bohrten. »Khalid«, flüsterte ich.
Habib drehte sich betrübt zu mir um. Ich zwang mich zu einem Lächeln. Dann lief er davon, um zu spielen. Er ließ mich genauso rasch allein wie Khalid.
Die Sonne stand jetzt direkt über uns. Die flirrende Luft schlug mir ins Gesicht wie die Hitze eines Feuers. Bis jetzt hatte ich diese hässlichen Worte immer nur draußen auf der Straße gehört. Nun erklangen sie auch hier, zu Hause, in der Welt meiner Familie.
Khalid war immer nett und freundlich zu mir gewesen, aber jetzt verhielt er sich genauso gemein und verletzend wie Anwar.
Stunden später waren meine Hände wund vom Waschen, vor allem die Knöchel. Ich hatte einen steifen Hals, und als ich mich beim Mittagsgebet verneigte, tat mein Rücken weh. Ich wrang noch ein fadenscheiniges Hemd von Najib aus und hängte es auf die Leine. Im regenlosen Sommer trockneten die Sachen schnell, sodass ich die zuerst aufgehängten Kleider schon abnehmen konnte. Als ich nach dem ersten trockenen Hemd greifen wollte, hörte ich, wie die Metalltür vorn auf dem Hof mit einem Krachen zugeworfen wurde.
»Allah Akbar !«, rief Baba fast so laut wie der Muadhin am Morgen.
Ich vergaß die Kleider und lief durch die Hintertür ins Haus. Zeynab legte die Stickerei für ihr Hochzeitsgewand beiseite, an dem wir gemeinsam arbeiteten. Auch Habib flitzte so schnell in das Zimmer, wie es seine kurzen Beine erlaubten. Ich riss ihn hoch. »Ha! Gefangen, Bacha!« Er kicherte und strampelte, bis ich ihn wieder absetzte.
Baba und Najib stürmten in den Hauptraum des Hauses.
»Was gibt es denn, Baba-jan?«, fragte Zeynab.
»Alle mal herhören! Ich habe gute Neuigkeiten. Najibullah und ich werden eine Menge Geld verdienen! HajjiAbdullah hat den Zuschlag für einen weiteren Bauauftrag hier in An Daral erhalten, und er möchte, dass Najibullah und ich … Halt. Wartet.« Er sah zu Najib. »Er will der Schweißerei Frouton aus An Daral alle Metallarbeiten bei diesem Projekt übertragen. Die Amerikaner wollen eine Schule für die afghanischen Kinder bauen, und Hajji Abdullah möchte, dass wir die Bauarbeiten leiten, während er in Farah ist.«
»Baba!« Zeynab sprang vom Fußboden auf. Baba
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