Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)
libysche Internetnutzer ausspionierte.
Sie beschlossen, Hijazi im IRC unter anderen Namen zu treffen, um ihn wissen zu lassen, dass sie alle seine E-Mails hatten und schlimmeren Schaden anrichten konnten.Am 26. Mai schickten sie im sein Passwort per E-Mail mit dem Betreff »Lass uns reden« und teilten ihm mit, sie wollten sein Botnet-Recherche sehen.
Hijazi griff sofort zum Telefonhörer und rief beim FBI an. Als er endlich jemanden erreichte und erklären wollte, was passiert war, hatte Hijazi den Eindruck, dass die Leute am anderen Ende kein Interesse an der Sache hatten. Vielleicht verstanden sie auch einfach nicht, wovon er sprach. Sie verwiesen ihn an einen Agenten in der lokalen Außenstelle. Als er bei dieser Nummer anrief und einem Angestellten dort erzählte, dass böswillige Hacker versuchten, Zugang zu seiner Botnet-Recherche zu bekommen, erhielt er zu seiner Überraschung als Antwort: »Was ist denn ein Botnet?«
Schließlich gab ein Agent Hijazi den Rat, alle Unterhaltungen mit der Gruppe aufzuzeichnen und erst einmal mitzuspielen, um vielleicht ein paar Informationen über sie zu bekommen. Auf der Gegenseite versuchten Sabu, Topiary und Tflow, Hijazi zu dem Eingeständnis zu bringen, er wolle die Hacker engagieren, damit sie seine Konkurrenten angriffen. Am Ende versuchten beide Seiten, durch Lügen an Informationen zu gelangen, was die Kommunikation sehr erschwerte und zu vielen Missverständnissen führte.
»Es klingt hart, aber genau darum geht es: Erpressung«, sagte Topiary unter dem Namen Ninetails zu Hijazi, und er fügte hinzu, dass Hijazi für ihr Schweigen würde bezahlen müssen. »Du hast viel Geld, und wir wollen mehr Geld.« Das Team bot Hijazi wiederholt an, ihm zu helfen, indem sie die Firmen seiner Konkurrenten angriffen. Hijazi sollte erst einmal mitspielen, und so antwortete er schließlich: »Als legale Firma kann ich euch schlecht auf jemanden ansetzen. Oder wie seht ihr das?« Bei dieser Aussage glaubte Topiary, Hijazi werde in ihre Falle tappen und beweisen, dass er nur ein weiterer korrupter White Hat war, genau wie Sabu es vorhergesagt hatte.
»Darf ich raten, wer ihr seid?«, fragte Karim später. »Karim, wir haben erwartet, dass du insgeheim schon die ganze Zeit Vermutungen darüber anstellst«, antwortete Topiary unter seinem zweiten Nickname, Espeon. »Dann lass mal hören.« »808chan.« Sabu brach in schallendes Gelächter aus. »Machst du Witze, Alter?«, fragte er unter dem Nickname hamster_nipples. »Wie kannst du es wagen, uns als Chan zu bezeichnen!« »Dann sagt es mir«, antwortete Karim, der sich seine Antworten sehr genau überlegte, um weiter im Spiel zu bleiben. »Wenn wir dir sagen, wer wir sind, dann scheißt du dir in die Hosen und hältst verdammt noch mal das Maul«, sagte Sabu. »Und ja, man kennt uns. Sehr gut sogar.«
Die Gruppe versuchte weiter, Hijazi aus der Reserve zu locken. Sie sagten, er habe eine lange Leitung, und drohten mit dem, was sie mit seinen E-Mails anstellen konnten. Aber Hijazi musste den Ahnungslosen spielen – er wusste genauso gut wie Sabu und die anderen, dass Dummstellen eine sehr effektive Social-Engineering-Technik war. Manchmal brachte man jemanden so dazu, etwas über sich selbst zu verraten. »Kein Grund, aggressiv zu werden. War nur neugierig«, meinte Hijazi. »Wir sind kein Chan«, entgegnete hamster_nipples, für den Status sehr wichtig zu sein schien. »Bezeichne uns ja nicht als Chan. Wir sind Sicherheitsanalytiker.« »Alles klar«, bestätigte Hijazi. »Ihr seid kein Chan.« »He«, sagte hamster_nipples. »Mir reißt gleich der Geduldsfaden.«
Sabu wirkte bedrohlich in den Chatlogs (die später von LulzSec und von Hijazi veröffentlicht wurden). Dennoch gab Hijazis Pressesprecher in einem späteren Interview an, der aggressivste Hacker im Team sei Ninetails gewesen, Topiarys Alias. »Er spricht sehr direkt«, sagte Michael Sias, »und nachdrücklich über die Erpressung.« Hijazi, fügte er hinzu, habe versucht, das Richtige zu tun.
»Es war hart und nicht gerade angenehm«, erinnerte sich Hijazi wenige Wochen später. »Ihre Beweggründe sind mir nicht ganz klar. Sie haben einfach nur mit Beleidigungen um sich geworfen, was ziemlich kindisch wirkte. Ich hatte zumindest erwartet, dass irgendwelche Überzeugungen dahinterstehen, aber da steckte gar nichts dahinter. Es war erbärmlich.«
Topiary und Sabu sahen das natürlich anders. Sie dachten, sie sammelten Beweise dafür, dass die White Hats die Bösen
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