Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)
vertrauen. Denk daran, Neuron.«
Das Team wechselte ständig zwischen dem öffentlichen #LulzSec und dem privaten #pure-elite, wo sie offener (wenn auch nicht ganz offen) darüber sprechen konnten, was gerade passierte. Neue Teilnehmer wussten sofort, mit wem sie reden mussten, denn das komplette LulzSec-Team hatte Operatorstatus. Ihre Namen standen ganz oben auf der langen Liste, und vor jedem stand ein besonderes Symbol.
Irgendwann nahm jemand namens Egeste im brechend vollen Raum direkten Kontakt mit Joepie auf. Der Name war jedem, der in Kaylas #tr0ll-Kanal gewesen war, bekannt. »Da will ich bei euch Typen mitspielen, und dann ist dieser Kanal schwuler als schwul und voller Newfags«, beschwerte sich Egeste. Tatsächlich hatte LulzSec inzwischen mehr Teilnehmer als das gesamte 2600-Netzwerk. »Wo sind die echten LulzSecs?« »Was meinst du mit mitspielen?«, hakte Joepie nach, der den Namen YouAreAPirate benutzte. »Du weißt, was ich meine. Ich weiß, dass ihr mich nicht kennt, aber ihr kennt wahrscheinlich Leute, die mich kennen. Xero, venuism, e, insdious, nigg, etc. etc.« Dann ergänzte er: »Kayla.«
Joepie gab die Unterhaltung wörtlich an das Team in #pure-elite weiter. Ein Mitglied des Unterstützerteams namens Trollpoll wies darauf hin, dass diese Nicknamen jeder kannte. Jemand anderes lachte. »Der will sich nur wichtigmachen«, meinte Sabu. Neuron, ein freundlicher und analytisch denkender Anon, schlug vor, Egeste solle ihnen einen Zero-Day liefern als Beweis seiner Fähigkeiten. Ein Zero-Day oder auch 0day bezeichnet eine bisher unentdeckte Sicherheitslücke auf einem Server. Die Entdeckung eines Zero-Day bedeutete hohes Ansehen für jeden Hacker, egal ob White Hat oder Black Hat.
Sabu erkundigte sich bei Kayla, ob sie von Egeste gehört hatte, und es stellte sich heraus, dass der Neue auch im #Gnosis-Kanal gewesen war, als sie dort den Hackerangriff gegen Gawker organisiert hatte. Aber sie meinte dazu nur: »Er hat keinen Finger krumm gemacht.« Trotz all der Namen, die er aufgezählt hatte, war Egeste lediglich ein weiteres Zwischenspiel. Nach kurzer Zeit war dieses Zusammentreffen nur noch eines von Dutzenden anderen Begegnungen mit Unterstützern und Trollen.
Ab und zu beehrte ein verärgerter Firmenmitarbeiter den #LulzSec-Chatroom mit seiner Anwesenheit, um einer charismatischen neuen Gruppe einige interne Daten zuzuspielen. Kaum einen Tag nachdem LulzSec mit dem ersten Angriff gegen Sony Schlagzeilen gemacht hatte, meldete sich ein neuer Besucher im #LulzSec-Chatroom bei dem Mitglied des Unterstützerteams Neuron und bot ihm den angeblichen Quellcode der offiziellen Website der Sony-Entwickler an. Neuron gab die Information an das Hauptquartier weiter. »Hab mir grade den Code von diesem Typen für ›sonydev.net‹ angesehen«, berichtete er. »Es sieht echt aus. Php-Datei und alles. Bin noch nicht ganz durch.« »Neuron, der Code, den du bekommen hast«, sagte Sabu, »[poste ihn auf] pastee.org, damit wir ihn alle analysieren können.« Neuron schickte den anderen einen Link zu der 55-Megabyte-Datei zusammen mit einem dreiunddreißig Zeichen langen Passwort für den Zugriff. »Download gestartet«, sagte Sabu. »Für welche Seite ist das? Sonydev.net?« »Genau«, antwortete Neuron. »Über Sony kommen wir da bestimmt irgendwie ran.« »Beginne jetzt mit der Analyse des ›seedev‹-Quellcodes«, sagte Sabu. Neuron meldete sich zehn Minuten später wieder. »Was hältst du von dem Quellcode?«, erkundigte er sich. Sabu hielt ihn für echt. »Sollen wir den Quellcode einfach veröffentlichen?«, fragte er Topiary und Neuron. »Ich würde vorschlagen, wir warten noch eine Weile«, antwortete Neuron. »Vielleicht hat er noch mehr. Er ist Entwickler bei Sony.« »Ist das dein Ernst?«, fragte Sabu. »Wenn wir das erst einmal für uns behalten, können wir noch mehr bekommen«, sagte Neuron. Er wollte erst abwarten, anstatt alles auf einmal zu veröffentlichen wie ein Script Kiddie. »Dann sag ihm, wir wollen Zugang zum Sony-Netzwerk.« »Ich versuch’s mal. Er meinte, er war früher Entwickler bei Sony, hat aber noch Zugang.« »Überred ihn irgendwie dazu«, meldete sich Storm, der mitgehört hatte.
»Okay«, meinte Sabu. »Also, Bro. Warum bist du noch hier und redest mit uns? Laber ihm den Arsch weg. Ha ha.« Neuron verließ den Raum, um noch einmal mit dem Informanten zu reden, aber er kam zu spät. »Er hat sich ausgeloggt«, berichtete Neuron. »Schwul«, kommentierte Sabu leicht
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