Inside Polizei
bedingen schwere Gewebe- und Organverletzungen. Die daraus resultierenden inneren Blutungen und der Schmerz sind enorm, lassen aber in Ausnahmefällen für kurze Zeit eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit zu.
Die Auswirkungen des Schusses und die stark blutende Wunde kennzeichneten Sascha bereits schwer, doch er hörte nicht auf.
Der beim Abschuss entstandene Rückstoß ließ den Verschluss der Sig Sauer P 226 nach hinten treiben, die Mitnehmerkralle nahm die leere Hülse mit, drückte sie gegen den Auswerfer und warf die Patronenhülse aus. Beim Wieder-nach-vorne-Gleiten des Verschlusses wurde eine neue Patrone aus dem 15-schüssigen Magazin mitgeführt und ins Patronenlager gesetzt. Für eine weitere Schussabgabe musste der Schütze nun lediglich den Abzug leicht loslassen und erneut betätigen. Und genau dies tat der Sicherungsschütze des Spezialeinsatzkommandos (SEK) nun. Er kontrollierte, verflachte seine Atmung und konzentrierte sich darauf, seine benötigte Arm- und Schultermuskulatur zu entlasten. Durch eine kurze Anspannung seiner Bein- und Gesäßmuskulatur vergewisserte er sich, dass er über einen sicheren, festen Stand verfügte. Er visierte sein Ziel an und entschied sich dann für einen weiteren Schuss in den Oberkörper, neben der bereits sichtbaren und blutenden Wunde. Er nahm einen flachen letzten Atemzug, behielt etwas Atem zurück, minimierte seine Bewegungen und zog gleichmäßig und gerade den Abzug zurück. Der zweite Schuss brach daraufhin mit ohrenbetäubendem Lärm los. Der ballistische Schutzhelm mit integriertem Gehörschutz bewahrte den Schützen vor einem Hörtrauma. Dieser völlig automatisierte und tausendfach trainierte Schussablauf dauerte nicht länger als eine Sekunde.
Der zweite Treffer hinterließ weitere schwerwiegende Verletzungen bei Sascha K. Doch sein Widerstandswille war immer noch nicht gebrochen. Es schien so, als ob er seine Handlung fortsetzen wollte, und genau das tat er jetzt.
Der Sicherungsschütze der Eliteeinheit blickte ungläubig, mit einem inneren Kopfschütteln, auf seinen Widersacher.
»Das gibt’s doch nicht. Hat der immer noch nicht genug?«
Nun brachte er die Sache zum bitteren Ende und beschoss Sascha ein drittes, viertes und fünftes Mal. Dieser sackte jetzt endgültig zu Boden und blieb in einer abnormen Körperhaltung liegen.
Die Mannstopp-Munition hinterlässt entsetzliche Wunden im Körper. Getroffene Oberkörper gleichen Trümmerfeldern, ein Gemisch aus Gewebe- und Organstücken, Blut und Knochensplittern bedeckt den Leib. Blut dringt durch die zerfetzten Adern in die Atemwege ein und wird durch Schnappatmung auf das Gesicht ausgestoßen. Die Länge des qualvollen Todeskampfes richtet sich nach der Schwere der zugefügten Verletzungen und der betroffenen Organe. Selbst nach mehreren schweren Treffern kann es etliche Sekunden dauern oder im schlimmsten Fall sogar Minuten, bevor aufgrund von Sauerstoffmangel wegen der ausbleibenden Durchblutung das Gehirn kollabiert.
Erschossen zu werden ist kein schneller, leichter Tod, wie der sonntägliche »Tatort« den Zuschauern vortäuscht, wo eine Schussverletzung wie ein begrenzter chirurgischer Eingriff wirkt.
Dies hier war das reale Leben. Sascha K. wurde im Alter von 32 Jahren getötet, und sein Tod war brutal und blutig.
Der Sicherungsschütze des SEK gab in Zeitlupe seine Schusshaltung auf und beäugte den leblosen Körper. Er nahm vier Einschusswunden am Oberkörper wahr. Ein flaues Gefühl breitete sich daraufhin in seinem Körper aus.
»Vier!«, hallte es alarmierend durch sein Gehirn.
»Vier Löcher. Ich habe doch fünfmal geschossen! Verdammte Scheiße! Wo zum Teufel ist mein fünfter Schuss?«
Toni hatte es geschafft. Sein Lebenstraum war endlich Realität geworden, denn bereits seit zwei Jahren war er Angehöriger eines Spezialeinsatzkommandos. Er liebte seinen Beruf, und mit 29 Jahren war er auf dem Höhepunkt seiner körperlichen Leistungsfähigkeit angekommen. Durch das ständige anspruchsvolle Training und dank moderner Ausstattung waren er und seine Kameraden zu absoluten Experten herangereift. Zu ihrer täglichen Arbeit zählte das Ausschalten oder die Festnahme von bewaffneten Bankräubern, Geiselnehmern, Amokläufern, Mafiakillern und aufgerüsteten Rockern auf ihrem Weg zum nächsten Bandenkrieg.
Das Spezialeinsatzkommando war die Ultima Ratio des wehrhaften Staates. So hoffnungslos eine Geiselnahme oder ein Amoklauf mit zahlreichen Toten auch schien, die Männer
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