Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)
beworben – 15 Bewerbungen insgesamt – und waren überall gescheitert. Die Fesers wurden krank und begaben sich in eine Fachklinik eigens für Opfer von beruflicher Unterdrückung. Die Ärzte attestierten den beiden Steuerbeamten klassische Mobbing-Syndrome und schrieben sie fürsorglich krank – eine Maßnahme, die den Fesers bis heute zum Schaden gereicht, weil den beiden Beamten aus gewissen Parteikreisen Arbeitsunwilligkeit unterstellt wurde und wird. Doch auch das war nur der Anfang. Denn was ab Juli 2006 folgte, wird gemeinhin als »die Phase der Psychiatrisierung« bezeichnet. Oder auch als »die endgültige Beseitigungsmaßnahme für vier Beamte des Frankfurter Finanzamtes«.
Der Gutachter
Am 17. Juli 2006 erteilt die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main dem Hessischen Versorgungsamt den Auftrag, den Amtsrat Rudolf Schmenger auf seine Dienstfähigkeit hin zu untersuchen. Noch am selben Tag ergeht an den ehemaligen Steuerfahnder Schmenger die Aufforderung, am 31. Juli im Frankfurter Versorgungsamt bei Dr. med. Michael H. (Name geändert) vorzusprechen – »mitzubringen sind sämtliche – vor allem aktuelle – medizinischen Unterlagen (Befundberichte, ggf. Krankenhaus- und/oder Reha-Abschlussbericht(e), Röntgenaufnahmen etc.)«. Gemeint sein mussten die Befunde zu dem langjährigen Nierenleiden und dem schweren Bandscheibenvorfall – dachte sich Schmenger.
Was Rudolf Schmenger zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: Der Dr. med. H., der ihn begutachten sollte, war aufgrund seiner beruflichen Qualifikation gar nicht in der Lage, Befundberichte aus den Bereichen Innere Medizin und Orthopädie zu beurteilen – bei Dr. med. Michael H. handelte es sich um einen Psychiater.
Der ehemalige Steuerfahnder Schmenger war einigermaßen überrascht und er fühlte sich auch getäuscht, als er bei dem Untersuchungstermin erfahren musste, dass ihm ein Psychiater gegenüber saß, der ein Nervengutachten erstellen sollte. Und überrascht war er auch, als diese sogenannte Untersuchung nach rund 60 Minuten bereits wieder beendet war. Wenn man bedenkt, dass selbst in einem kleinen Ordnungswidrigkeitsverfahren vor einem deutschen Amtsgericht länger verhandelt wird, auch wenn es nur um eine geringfügige Geldstrafe geht, ist es schon imposant, dass hier gewissermaßen in einem Eilverfahren verhandelt wurde. Obwohl das Urteil dann auf lebenslänglich lautete … Es las sich wie folgt:
»... In der entsprechenden aktuellen Untersuchungssituation bietet Herr Schmenger nun ein klinisches Bild, welches eindeutig einer paranoid-querulatorischen Entwicklung entspricht, was keine psychotische Erkrankung darstellt, aber insofern mit einem Realitätsverlust einhergeht, dass auf dem Boden eines primärpersönlich ausgeprägten Gerechtigkeitsempfindens und dem zusätzlichen Nährboden einer narzisstischen Kränkung ein unbeirrbarer Weg beschritten wurde, der aus Sicht von Herrn Schmenger nur beendet werden kann, wenn er rehabilitiert wird, wenn also all seine Vorwürfe als wahr erkannt und strafrechtlich geahndet worden sind, die Verantwortlichen aus ihren Stellen entfernt worden sind und er wieder in den Bereich der Steuerfahndung zurückkehren kann, woraus dann auch eine weitere Verbesserung seines körperlichen Gesundheitszustandes resultieren würde. Verwirklichung dieser Vision ist jedoch objektiv unrealistisch.
Da es sich bei der psychischen Erkrankung Herrn Schmengers um eine chronische und verfestigte Entwicklung ohne Krankheitseinsicht handelt, ist seine Rückkehr an seine Arbeitsstätte unter den obwaltenden Umständen nicht denkbar und Herr Schmenger als dienst- und auch teildienstunfähig anzusehen, an diesen Gegebenheiten wird sich aller Voraussicht nach auch nichts mehr ändern lassen, sodass eine Nachuntersuchung nicht als indiziert angesehen werden kann.
Dr. med. Michael H.
Arzt für Neurologie und Psychiatrie
– Psychotherapie – «
Psychisch krank – im Volksmund bekloppt – und im Alter von 45 Jahren für den Rest seines Lebens für dienstunfähig erklärt – das war nicht nur lebenslänglich, im Grunde war Rudolf Schmenger mit diesem Gutachten jede Chance auf Begnadigung genommen worden. Der Beamte wurde nach dieser vernichtenden Diagnose zum 1. Januar 2007 gegen seinen erklärten Willen in den Ruhestand versetzt.
Tina und Heiko Feser waren als Nächstes an der Reihe. Auch den beiden Eheleuten wurde vom Psychiater Michael H. mit einem Gutachten vom 4. August 2006 wegen psychischer Defekte die
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