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Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Titel: Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wehrheim , Michael Gösele
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Frankfurter »Steuerfahnder-Affäre« zu jener Zeit war.
    Spürbare Folgen
    Rudolf Schmenger wurde krank. Sein Nierenleiden hatte sich verschlimmert, was allem Anschein nach auch der psychischen Belastung durch den langjährigen Kampf gegen haltlose Disziplinarmaßnahmen, Versetzung, Mobbing und dergleichen geschuldet war – und er erlitt überdies einen schlimmen Bandscheibenvorfall. Vielleicht kein Wunder, wenn über Jahre hinweg versucht wird, einem Menschen das Rückgrat zu brechen …
    Am 15. September 2005 wandte sich schließlich der Personalratsvorsitzende des Finanzamtes Frankfurt V in einem Brief persönlich an den Herrn Staatsminister Karlheinz Weimar. Auch er wies noch einmal hinlänglich auf die Missstände in der Finanzbehörde hin und beendete das Schreiben mit der Bemerkung:
    »Letztendlich sei noch auf die Fragwürdigkeit der derzeitigen Führung von Personalakten seitens der Verwaltung hingewiesen. So mussten einzelne Bedienstete bei wiederholter Einsicht in ihre Personalakten feststellen, dass ihnen keineswegs bei der ersten Akteneinsicht sämtliche Bestandteile dieser Personalakten vorgelegt wurden. In einem Fall tauchte ein Band ›Befähigungsberichte‹ erst im Verwaltungsstreitverfahren vor Gericht auf. Ferner wurden Personalakten nachträglich verfüllt, als diese durch den Petitionsausschuss des Hessischen Landtages angefordert wurden. Diverse Bedienstete haben sich somit auf Stellen beworben, ohne dass die ausschreibende Behörde die Möglichkeit hatte, anhand vollständiger Personalakten eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Mehrere Bewerbungen (von insgesamt drei Bediensteten) sind im Übrigen auf von dem Bewerber ordnungsgemäß eingehaltenen Dienstwege verschwunden und nur in einem Fall und auch erst nach Beendigung des Auswahlverfahrens wieder aufgetaucht.«
    Ich war von allen Betroffenen letztlich in der besten Lage: Ich war der älteste. Grob gerechnet hätte ich noch 30 Monate in der Servicestelle Recht absitzen müssen, um mich dann über die Altersteilzeit endgültig in die Pension zu verabschieden. Der Gedanke an ein absehbares Ende in der Hessischen Finanzverwaltung ließ mich nicht gleichgültiger werden, aber innerlich ruhiger als meine zum Teil deutlich jüngeren Kollegen. Aber auch ich erkrankte und durfte im Laufe dieser Zeit einige medizinische Eingriffe und das Scheitern meiner Ehe auf die Liste meiner »persönlichen Kollateralschäden« setzen.
    Die unzähligen Nadelstiche, die in regelmäßigen Abständen auch von dem neuen Sachgebietsleiter der Servicestelle sorgfältig gesetzt wurden, prallten an mir ab. Andeutungen wie: »Ihr könnt ja wieder Petitionen schreiben« oder die subtilen Hinweise auf den afrikanischen Fluss Okavango, der nach rund 1700 Kilometern Länge unscheinbar versickert, konnten mich nicht mehr verletzen: »Planen Sie wieder eine Okavango-Aktion, Herr Wehrheim? Wir wissen ja alle, wie so etwas ausgeht …« Quod licet Iovi, non licet bovi (Was dem Jupiter erlaubt ist, ist nicht jedem Ochsen erlaubt), dachte ich mir in Situationen wie diesen. Ich erhob Einspruch gegen meine Versetzung in die Servicestelle Recht und beschritt nach dessen Ablehnung den Klageweg.
    Vier meiner Kollegen erging es – wie teilweise schon angemerkt – anders: Rudolf Schmenger saß abgeschoben in der Konzernprüfung und war durch den ermüdenden Kampf gegen die Institutionen ernsthaft krank geworden. Marco Wehner stand auf dem Abstellgleis und war in der Zwischenzeit für zwei Jahre in die Elternzeit geflüchtet. Fehlte noch das Ehepaar Feser, das als Nächstes auf der Abschussliste zu stehen schien. Auch Heiko und Tina Feser waren im Januar 2004 Opfer der Strafversetzungen im Finanzamt Frankfurt V geworden. Tina Feser musste ihren Schreibtisch in der Servicestelle Recht neu ordnen, während ihr Mann Heiko nach 15 Dienstjahren einfach auf einer nicht definierten Innendienststelle landete – in einem Einzelzimmer ohne Stellenzeichen, ohne Dienstposten und ohne Zeichnungsrecht. Im Telefonverzeichnis fand er seine Nummer nicht mehr unter seinem bürgerlichen Namen – er hieß plötzlich N. N. Eine Abkürzung für das lateinische »nomen nominandum«: Er war also ein Mensch, der erst noch zu benennen war. Oder vielleicht sogar ein Mensch, der in dieser Behörde gar nicht mehr existierte.
    Auch das Ehepaar Feser war dem seelischen Druck, der von dieser Strafbehandlung ausging, irgendwann nicht mehr gewachsen. Sie hatten sich über Monate hinweg auf andere Stellen

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