Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab
Alles Glitter und kein Gold.« Sie machte eine ausholende Geste und vergoss Gin-Tonic auf ihren Pullover, achtete aber nicht weiter darauf. »Das ganze Zeug hier. Merkwürdig, aber ich hatte beim Packen gerade daran gedacht, als Sie kamen. Komisch, es bedeutet mir jetzt kaum noch etwas. Nichts davon. Sie hatten Recht, mich zu verachten.«
»Ich habe Sie nicht verachtet.«
»Haben Sie doch. Geben Sie es zu.«
»Vielleicht hab ich mich ein bisschen über Sie geärgert.«
»Und jetzt?«
»Jetzt?«
»Verachten Sie mich jetzt? Ärgern Sie sich über mich?«
»Nein.«
»Warum nicht? Ich bin noch dieselbe.«
»Nein, sind Sie nicht.«
»Wie tief schürfend. Aber Sie haben Recht. Ich bin nicht mehr dieselbe. All das Geld, der Status, die Macht, die politischen Ambitionen, der Hauch von Westminster... das hat mir alles so viel bedeutet. Jetzt bedeutet es mir nichts mehr. Weniger als nichts. Nur Staub.«
»Und was hat jetzt Bedeutung für Sie?«
Rosalind zögerte, trank ihren Gin-Tonic und starrte ihn mit leicht verschwommenem Blick an. Draußen heulte weiterhin der Wind, und Regen prasselte gegen die Scheiben. »Nichts«, flüsterte sie. »Bisher noch nichts. Ich muss es erst herausfinden. Aber ich werde nicht aufgeben. Ich bin nicht wie Jerry.« Sie kam unsicher auf die Füße. »Bleiben Sie und trinken Sie noch was mit mir?«
»Nein. Wirklich. Ich muss gehen.«
»Bitte. Was haben Sie denn so Wichtiges zu tun? Zu wem müssen Sie?«
Sie hatte Recht. Da war natürlich Annie, aber so spät würde er nicht mehr zu ihr fahren. Noch ein kleiner Drink würde ihm nicht schaden. »Na gut.«
Der Drink, den sie ihm brachte, war nicht klein, aber er musste ja nicht alles austrinken, sagte er sich.
»Tut mir Leid, dass es keine Musik gibt«, sagte Rosalind. »Wir hatten nie Musik im Haus. Ich erinnere mich an Ihr kleines Cottage, wie gemütlich es mit dem Feuer war, der leisen Musik. Vielleicht finde ich auch so etwas.« Sie sah sich düster um. »So was gab es hier nicht.«
Banks wollte auf den Flügel hinweisen, aber er hatte das Gefühl, dass es nur ein Prestigeobjekt war. Emily war gezwungen worden, Klavierunterricht zu nehmen, fiel ihm ein, weil es zum Lebensstil der Riddles gehörte, zusammen mit dem Pferd, den richtigen Schulen und allem anderen. Manchen Menschen gelang es, mit diesen Dingen ihr ganzes Leben lang glücklich zu sein, aber es gab auch solche wie Rosalind, die von einer Tragödie ereilt wurden und mit ansehen mussten, wie alles um sie herum zusammenbrach.
»Ich hätte sie nie zur Adoption freigeben sollen.«
»Was blieb Ihnen anderes übrig?«
»Ich hätte abtreiben können, dann wäre Emilys Mörderin nie geboren worden.«
»Wenn wir alle die Konsequenzen jeder getroffenen Entscheidung kennen würden, dann würden wir vermutlich nie eine treffen«, sagte Banks. »Außerdem waren Sie nicht allein daran schuld, dass Sie Ruth zur Adoption freigegeben haben. Ihre Eltern spielten dabei auch eine Rolle. Sind die dadurch ebenfalls für Emilys Tod verantwortlich?« Er schüttelte den Kopf. »Das ergibt keinen Sinn, Rosalind. Sie waren jung. Sie hätten sich nicht ordentlich um ein Kind kümmern können, vor allem nicht ohne die Hilfe des Vaters. Sie dachten, das Kind würde ein besseres Leben haben. Sie sind nicht schuld daran, dass die Adoptionsagentur meinte, sie hätte für Ruth ein Zuhause bei anständigen Leuten gefunden, die sich dann als Relegionsfanatiker herausstellten. Und es war nicht mal der Fehler der Walkers, dass Ruth so wurde. Ich bin sicher, dass sie auf viele Weise ihr Bestes getan haben. Nach allem, was ich gehört habe, waren sie nicht absichtlich grausam, sondern nur gedankenlos, streng und kalt. Nein. Sie können weiterhin Schuld auf dieses, jenes und noch was schieben, aber am Ende sind wir selbst verantwortlich für das, was wir tun.«
Rosalind drückte die Zigarette aus und leerte den Rest ihres Drinks. »Sie haben ja Recht. Ich weiß. Das geht vorbei. Im Moment ist alles noch so überwältigend. Es fällt mir zu schwer, das alles zu begreifen.« Sie wollte ihr Glas auffüllen und stieß mit der Hüfte gegen den Getränkeschrank. Gläser und Flaschen klirrten.
»Ich muss wirklich los«, sagte Banks. »Es ist schon spät.«
Rosalind drehte sich um und kam ein wenig schwankend auf ihn zu. »Nein, Sie können nicht gehen. Ich will nicht allein sein.«
»Ich kann Ihnen nicht
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