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Inspector Jury bricht das Eis

Inspector Jury bricht das Eis

Titel: Inspector Jury bricht das Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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leid», sagte sie vollkommen aufrichtig.
    Jury ließ diese Beileidsbezeugung unkommentiert. «Ich mache Ihnen ein Angebot – weil Weihnachten ist.» Er lächelte kühl. «Wenn Sie hier unterschreiben wollen, können wir vielleicht warten, bis die Feiertage vorbei sind. Für Tom wird das ein harter Schlag sein.»
    «Ich danke Ihnen.» Genausogut hätte er ihr ein Tablett mit Drinks gereicht haben können. Mit Hilfe ihres Pincenez überflog sie die Schriftstücke, nickte Jury kaum merklich zu und unterschrieb.
    Jury schraubte seinen Füllfederhalter wieder zu und sagte: «Einer von unseren Leuten in Northumbria wird leider nach Meares Hall mitkommen müssen, um – Sie verstehen – ein Auge auf Sie zu haben.»
    Ihr Lächeln war genauso kühl wie seines. «Ja, ich verstehe.»
    «Polizeischutz – falls Tommy fragen sollte.»
    «Kann ich mich jetzt zurückziehen? Ich verspreche Ihnen, daß ich nicht aus dem Fenster klettern und mich am Efeu hinunterhangeln werde. Ich kann ohnehin nirgendwo hingehen.» Ihre Stimme klang plötzlich sehr alt.
    «Gewiß.»
    Sie mußte sich etwas mehr als sonst auf ihren Stock stützen. «Sie sind ein kluger Kopf. Sie sind beide kluge Köpfe. Wollen Sie mir nicht noch erzählen, wie Sie auf Tom gekommen sind?»
    «Durch Frederick Parmenger», sagte Jury. «Sein Charakter, sein Enthusiasmus, sein Wille, sich durchzusetzen, als er jung war, und es – genau wie Tommy – mit jedem aufzunehmen. Sie haben seinen Vater ja gekannt.»
    «Und ob. Sich Edward gegenüber durchzusetzen, erforderte schon sehr viel Willenskraft.»
    «Noch lange nicht soviel, wie es braucht, sich Ihnen gegenüber zu behaupten, Lady St. Leger.»
    Mit der Spitze ihres Stocks zeichnete sie das Muster des Teppichs nach. Dann sah sie auf. «Gute Nacht, Superintendent. Mr. Plant.» Sie ging hinaus.
     
     
    «Da laust mich doch der Affe», sagte Melrose, als die Tür hinter ihr zugefallen war. «Deswegen also die Bemerkungen über Alice. Das richtige Kind hatte einen Dachschaden und wurde durch ein anderes ersetzt.»
    «Sie hätten den armen Robin Lyte wohl kaum als zehnten Marquis von Meares gebrauchen können. Das geistig behinderte Kind der Marquise wurde der Kammerzofe Danielle übergeben. Kein Wunder, daß sie bei Isobel Dunsany mit ausgezeichneten Referenzen aufwarten konnte. Ein anderes Kind – der Sohn von Helen und Parmenger – kam dafür als Erbe nach Meares Hall. Edward Parmenger und Elizabeth St. Leger haben diesen Tauschhandel organisiert. Als Vermittler fungierten Danny Lyte und Annie Brown.»
    «Eigentlich sollte man annehmen, die Leiterin der Bonaventura-Schule wäre als erste fällig gewesen, wenn dem so war.»
    «Aber wußte sie denn, wo Helen Mintons Kind schließlich landete? Sie hat es doch nur als Findelkind in der Bonaventura-Schule aufgenommen. Und als Danny kurz darauf mit einem dicken Batzen Geld auftauchte und ihr ein Angebot machte – nun, da bestand für sie zwischen Danny, den St. Legers, den Parmengers und den Meares’ nicht die geringste Verbindung. Miss Hargreaves-Brown ist schon immer sehr zugänglich für gewisse Angebote gewesen», fügte Jury trocken hinzu. «Oh, sie hat bestimmt gewußt, daß an der Sache was faul war – es war ihr absolut klar, daß Robin Lyte nicht Helen Mintons Kind war, aber sie hatte vor jahren ihre Unterlagen, sagen wir mal, entsprechend geordnet. Und als Helen Robins Akte las, hielt sie natürlich ihn für ihren Sohn. Im ‹Jerusalem Inn› ist sie ihm dann begegnet. Das Hausmädchen Danny Lyte hatte ein weicheres Herz als ihre Dienstherren – sie ist zurückgekehrt und hat Robin adoptiert. Wie der gute Hirte von Sophokles.»
    «Mann, die bedienten sich ja wie im Kaufhaus.» Melrose streckte die Beine aus und hielt Jury die Hand mit dem Whiskyglas entgegen. Jury füllte es nach. «Was nun? Ich meine, was passiert mit Tommy?»
    «Nichts. Er ist und bleibt der Marquis von Meares.»
    Plant verschluckte sich beinahe. «Nun mal langsam! Was wollen Sie ihm denn sagen, wenn diese siamesischen Zwillinge, Cullen und Trimm, Großtante Betsy abführen?»
    Geistesabwesend mischte Jury einen Stoß Karten, der auf dem Tisch gelegen hatte. «Nun, ich glaube, daß es nicht dazu kommt, Sie verstehen?» Er deckte eine Karte auf, eine Dame.
    «Nicht dazu kommt? Darum also all das Gerede über ihre Rückkehr nach Meares Hall? Ich kann ohnehin nirgendwo hingehen, Superintendent. Glauben Sie wirklich, sie wird sich das Leben nehmen?»
    Jury sagte nichts; er mischte langsam die

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