Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
Vom Netzwerk:
lachend die Hand.

31
    Jury hatte diesen Teil von Chelsea zwischen der Fulham und der King’s Road schon immer sehr gemocht. Tiefrosa Klematis rankten sich hier üppiger über Gartentore, Hartriegel zeigten sich noch überreicher in ihrer Blütenpracht, Trauerweiden besaßen noch ausladendere Kronen. Hier hatte ewiger Frühling Wurzeln geschlagen und wuchs und gedieh.
    Das Haus von Rose Ames aus rötlichem Backstein war ein stattliches Anwesen am Bury Walk und bestimmt seine Million Pfund wert, mit dem Vorgarten und dem Garten hinterm Haus und der alten Steinmauer, die eine so vollkommene Abgeschiedenheit bot, wie man sie sich in London nur erhoffen konnte.
    Der mit Steinplatten gelegte Weg vom Bürgersteig zur Haustür glänzte schon in der Nachmittagssonne; trotzdem kehrte ein Junge ihn noch blank. Nebenan widmete sich ein Gärtner mit Inbrunst einem Primelbeet. Jury fragte sich, wie viele Dienstboten Rose Ames wohl hatte.
    Als sie dann ganz in Schwarz an der Tür erschien, hielt er sie zunächst für eine ältere Bedienstete, sehr proper, ohne auch nur ein unbotmäßig abstehendes Härchen, eine Haushälterin vielleicht. Als er bat, Mrs. Rose Ames sprechen zu dürfen, stellte er überrascht fest, dass sie es schon war, fand dies später dann nicht mehr überraschend, denn Rose Ames gehörte nicht zu den Leuten, die sich mit Vermittleraktionen oder Etikette oder Image lange aufhielten. Sie war ganz direkt, machte nur einige gewisse Zugeständnisse an die Gebote der Höflichkeit, indem sie Jury einen Tee offerierte, den dieser aber ablehnte.
    »Danke, ich habe mein Tagesquantum Tee bereits intus.«
    Rose Ames lächelte unmerklich. »Und ich dachte immer, vom Tee kann man nie genug haben, vom Tag allerdings schon.«
    O Wiggins, wo bist du?
    Jury grinste. »Mein Sergeant würde Sie sofort ins Herz schließen, Mrs. Ames.«
    Sie schien die Anspielung zu verstehen, sagte aber nichts. Genug des Wortgeplänkels!
    Jury hatte auf einem mit straffem, glattem Baumwollstoff bezogenen Sessel Platz genommen, den ein Muster aus Veilchen, Hortensien, Rosen und leuchtend grünen, wilden Ranken zierte. Der Stoff war so seidenglatt, dass Jury fast von der Kante gerutscht wäre, auf der er nun, die Ellbogen auf die Knie gestützt, mit gefalteten Händen saß.
    »Es geht um Ihren Enkel Billy, Mrs. Ames.« Er wusste auch nicht, wieso er immer nur den Vornamen benutzte, als würde er den Toten kennen, als würde er sie kennen. Vielleicht gehörte sie zu den Leuten, die einen Fremden an jemanden erinnern, den sie kennen oder früher einmal gekannt haben, aber nicht genau wissen, wo sie sie hintun sollen. Jury fragte sich, an wen Rose Ames ihn erinnerte. Da war diese alte Frau in dem schrecklichen Seniorenheim in – South Shields, oder wo war es gewesen? Irgendwo im Tyne & Wear-Distrikt. Oder die betagte Emily Croft, die ihm warnend beschieden hatte, dass »der Tod unser ständiger Begleiter ist«. Ja, diese Frauen waren ihm im Laufe des Lebens begegnet, nicht gerade aus ein und demselben Holze geschnitzt, aber doch einander so ähnlich, dass es ihm jetzt wieder auffiel. Er dachte an Lady Cray und lächelte.
    Rose Ames wartete mit fast unheimlich anmutender Seelenruhe ab, mit gemessenem Blick und unterdrückten Gefühlen, die sich sonst vielleicht in den grellfarbigen Sesselbezügen Bahn brachen.
    Er lächelte erneut, bevor ihm einfiel, dass sein Gegenüber in Trauer war.
    »Billy«, deutete sie an und neigte den Kopf ein wenig.
    »Tut mir leid.«
    »Sie sind von Scotland Yard.« Sie erinnerte ihn an all die Dinge, die er vergessen hatte. »Es war schon einmal ein Polizist hier.« Sie überlegte kurz. »Ein Mann namens Chilten? Und eine Beamtin.« Sie dachte nach. »Aligar?«
    »Aguilar.«
    »Vom Revier in Islington. Die Frau leitete offenbar die Ermittlungen. Sie ist … fürchterlich fordernd, nicht wahr? Ziemlich heftig. Die hätte ich nicht so gern auf den Fersen.«
    »Ich auch nicht.«
    »Wieso interessiert sich jetzt Scotland Yard dafür?«
    »Man hat mich in diesem Fall um Hilfe gebeten. Ich wurde als Erster zum Tatort gerufen. Derjenige, der die – der Billy fand, ist nämlich ein Freund von mir. Er hat mich verständigt.«
    Wieder legte sie den Kopf schräg. Machte sich aus dem bisher Gesagten einen Reim. »Der Billy gefunden hat, war aber doch ein Kind. Ein zwölf- oder dreizehnjähriger Junge, habe ich gehört.«
    Jury nickte.
    »Ein Freund von Ihnen?«
    Er blickte im Raum umher und wünschte, er hätte dieses Detail

Weitere Kostenlose Bücher