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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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Appell zum Schlussapplaus betrachtete. Melrose war unwillkürlich fasziniert von der Abstiegsaktion. Der Terrier hatte ein rotblaues Halstuch um den Bauch gebunden, über das mehrmals ein Seil geschlungen war, ganz ähnlich wie die Geschirre, mit denen Vieh vom Dock auf Schiffe gehievt wurde. Jedenfalls hatte Melrose irgendwo mal Bilder davon gesehen.
    Der Hund, unfähig, sich an der Mauer Halt für die Pfoten zu ertasten, musste hin und her schwingen, wobei er manchmal gegen den Backstein schlug. Der Junge hatte sich das Seil um die Mitte gebunden und es so über die Schulter geführt, wie er es sich als Bergsteigermanier vorstellte. Das andere Seilende war über den kräftigen Ast einer Eiche geschlungen. Der Hund kam als Erster mit einem Plumps auf dem Boden auf, dann der Junge.
    Unter dem unverwandten Blick von Malcolm Mott stellte Melrose sich vor. »Ich bin Lord Ardry. Wie geht’s?«
    »Und ich bin Gene Autry. Ging mir schon besser.«
    Melrose trat einen Schritt zurück. »Gene Autry? Du bist doch noch nicht so alt, dass du dich an ihn erinnerst. Der Cowboysänger? Das ist doch Jahrzehnte her!«
    »Billy hat Platten. Die haben wir uns angehört.«
    Er war irgendwie bezeichnend, dass Malcolm anzunehmen schien, die ganze Welt müsse wissen, wer Billy war.
    »Und singst du auch?«
    Malcolm wischte sich das schlecht geschnittene braune Haar aus der Stirn und sagte nichts.
    Melrose dachte, es würde ihm vielleicht einen Stein im Brett verschaffen, wenn er Jury erwähnte: »Kürzlich hast du einen Freund von mir kennengelernt – einen Detective?«
    Jetzt sah Malcolm schon weniger feindselig drein, aber immer noch argwöhnisch. »Meinen Sie den von Scotland Yard?«
    »Ja, genau den. Tut mir leid wegen Billy Maples. Das war schrecklich. Ich wohne momentan in seinem Haus in Rye –«
    »Da wohnen Sie?«
    »Ja. Bloß bis der nächste Mieter so weit ist, es zu übernehmen. Hast du deinen Cousin dort mal besucht?«
    Malcolm nickte. »Ein paar Mal, ja.« Er sah in die Ferne. »Da hat früher mal ein Schriftsteller gewohnt.«
    Irgendwie wirkte diese Antwort auf Melrose unaussprechlich traurig. Es war, als ob etwas in seiner Erfahrung – und in der von Malcolm – zusammengefasst und versiegelt würde. Er wusste aber nicht, was. »Was habt ihr dort gemacht?«
    Malcolm zuckte die Achseln.
    Melrose wartete, doch Malcolm sprach nicht weiter.
    »Der Garten gefällt mir wirklich. Der hat überall außen herum eine Mauer.«
    Malcolm schwieg.
    »Willst du den Hund denn nicht losbinden?«
    »Nein. Vielleicht gehen wir noch mal rauf.«
    »Aber macht es ihm denn nichts aus?« Waldo sah nicht so aus, als ob er sich um irgendetwas scheren würde. Melrose hatte noch nie so einen unerschütterlichen Hund gesehen.
    »Nöö. Der mag das irgendwie.«
    »Wie kommst du denn auf die Idee?«
    »Na, hören Sie ihn etwa knurren oder bellen?«
    »Vielleicht meint er, es nützt ihm ja doch nichts.«
    Malcolm musterte Waldo stirnrunzelnd. »Wieso soll der das meinen?«
    »Weil du so wild entschlossen bist.« Melrose gefiel seine knappe Analyse, die ihn aber nicht weiterbrachte. »Seid ihr die Mauer am Lamb House auch hochgeklettert, du und Waldo? Vielleicht ist dein Cousin ja auch gern geklettert.«
    Malcolm bedachte ihn mit einem gequälten Blick. »Schon. Er ist auch gern im Naturschutzgebiet spazieren gegangen. Billy mochte all die verschiedenen Vögel und so. Die man sonst nirgends sehen kann. Kiebitze und kleine Seetaucher und so.«
    Sie blieben eine Weile schweigend stehen, dann fragte Malcolm: »Was bedeutet das, wenn man stirbt ohne Hinterlassen eines Tes… -wie heißt das Wort?«
    »Eines Testaments, meinst du? Normalerweise bedeutet es, dass ein Vermögen an den Staat geht oder vielleicht an den nächsten Verwandten. Oder an beide.«
    » Was? Nöö. Das denken Sie sich aus.«
    »Wieso um alles in der Welt sollte ich das tun? Ich kriege ja nicht das Geld von deinem Cousin.«
    »Und was ist mit seiner Wohnung in Chelsea?«
    »Die kriege ich auch nicht.«
    Malcolm wollte gerade etwas antworten, als ihre Namen gerufen wurden.

    Melrose bedankte sich bei der Hausangestellten, die ihm den Mantel gebracht hatte.
    Roderick stand mit ihm an der Tür. Von Olivia keine Spur.
    »Haben Sie sich mit unserem Malcolm unterhalten?«, wollte Roderick wissen. »Ein mühseliges Unterfangen. Malcolm ist nicht gerade sehr entgegenkommend.«
    »Ich auch nicht«, erwiderte Melrose und streckte die Hand aus, um sich zu verabschieden.
    Roderick schüttelte ihm

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