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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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Gesellschaft gnadenlos bloßlegen konnte? Der Schriftsteller, der ein komplexes moralisches Urteil in einen am Dinnertisch ausgetauschten Blick packen konnte? Der Schriftsteller, der aus dem Aufstehen von einem Stuhl den untrüglichen Hinweis auf ein intimes Verhältnis machen konnte? Der Schriftsteller –«
    »Ich bin beeindruckt!«
    »Geschenkt.«
    »Ich wusste gar nicht, dass Sie mit dem Werk von Henry James so vertraut sind«, sagte Melrose.
    »Bin ich auch nicht. Ich las nur gerade dieses Buch, während Sie nach diesem herumgestöbert haben.« Er hielt den Wunderbrunnen in die Höhe und drehte das Buch zwischen den Händen hin und her. »Aber glauben Sie, das ist hier der Fall? Ich kannte Billy ja nicht. Ich bin auf das angewiesen, was die Leute über ihn sagen. Malcolm mochte Billy jedenfalls schrecklich gern.«
    »Malcolm? Wer ist Malcolm?«
    »Malcolm Mott, Billys angeheirateter Cousin. Sagt, sie waren die besten Freunde. Kann Olivia absolut nicht ausstehen. Olivia scheint in der Familie das Problem zu sein. Sie ist nicht viel älter als Billy Maples, zehn Jahre vielleicht.«
    »Das sind sie wieder! Die Brissendens.«
    Jurys Lächeln war eher ironisch als gutmütig. »Also, dieses Zeug mit dem Wunderbrunnen ist doch Gewäsch.«
    Melrose hielt die Luft an und spähte im Zimmer umher, als hätten die Geister jedes bekannten James-Biografen und -kritikers es gehört und drängten sich nun herein. »Gewäsch? Henry James – guter Gott – ist Gewäsch?« Melrose hielt sich die Hand abwehrend an die Stirn, als drohte eine Migräne.
    »Meine Güte, jetzt tun Sie doch nicht so dramatisch. Ich meinte ja gar nicht Henry James’ Roman, ich meinte diesen Austausch von Jugend gegen Alter. Das hat James ja gar nicht gemeint –«
    »Oh, und ob er das meinte!« Melrose klatschte mit den Händen gegen die Armlehnen seines Sessels, erhob sich und ging ans Fenster, wo er stehen blieb und wünschte, er hätte eine Taschenuhr, deren Deckel er aufspringen lassen, oder einen Zwicker, den er herumschwingen könnte. »Sie würden staunen, was in den Geschichten von Henry James so alles vorkommt.«
    Jury seufzte, musterte Melrose in seiner samtenen Hausjacke und fragte sich, ob der womöglich in diesem Fall zu überhaupt nichts nütze sein würde.
    »Haben Sie«, fuhr Melrose fort, »zum Beispiel je ›The Jolly Corner‹ gelesen?« Er kehrte zu seinem Sessel zurück.
    »Nein. Das Einzige, was ich gelesen habe, sind Bildnis einer Dame, Die Drehung der Schraube, zwanzig Seiten aus Die Gesandten und mehrere Kurzgeschichten, die ziemlich gut waren. Sogar richtig unheimlich.«
    Melrose sagte: »Sie haben recht. In ›The Jolly Corner‹ begegnet der Erzähler seinem eigenen Geist – oder vielmehr dem Geist einer Vergangenheit, die er sich nicht ausgesucht hatte. Brydon, so heißt der Erzähler –«
    »Wieso erzählen Sie mir das alles?«
    Melrose zögerte. Er hatte es vergessen. Nachdem er sich das bisherige Gespräch wieder in Erinnerung gerufen hatte, meinte er: »Sie behaupteten, James hatte unmöglich damit sagen wollen, dass Jugend und Alter gegeneinander ausgetauscht werden könnten, also Grace Brissendens Alter gegen die Jugend ihres Gatten.«
    »Ganz recht. Er meinte damit genauso wenig den Vampirismus wie Kafka einen großen, dicken Käfer. Es ist nur eine Metapher.«
    »Nein, nein, nein, nein. Außer man betrachtet die Metapher unter einem ganz bestimmten Gesichtspunkt. Kafkas Käfer war auch keine Metapher. Das war wirklich Gregor. Sehen Sie –« Melrose schob ein Konfektschälchen und einen Schreibstift umher – »tun wir Sie mal hierher und den Käfer daneben.«
    »Nein, tun wir Sie hierher und den Käfer daneben.«
    »Mit Ihnen kann man einfach keine literarische Unterhaltung führen.«
    »Als ob ich das nicht wüsste! Noch was – wieso tragen Sie eigentlich diese Hausjacke und fummeln ständig mit der Zigarettenspitze herum?« Jenseits des leeren Fensters veränderte sich das Licht.
    »Was soll damit sein?« Melrose breitete die Hände über die Hausjacke und sah an sich herunter.
    »Nichts. Ein ansehnliches Ensemble. Hören Sie: Ich finde, Sie sollten morgen mal kurz bei den Maples vorbeischauen. Vielleicht können Sie ja noch etwas für mich herausfinden.«
    »Mal kurz vorbeischauen? Da kann man doch nicht einfach so hereinplatzen.«
    »Na, dann lassen Sie sich einladen. Ich habe das Gefühl, die Dame des Hauses hat ein echtes Faible für Adelstitel. Ich möchte, dass Sie etwas ganz Bestimmtes machen: Im Haus

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