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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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sorgfältig. Wahrscheinlich eine ziemlich gute Pathologin.«
    »Das ist sie.«
    Den Blick auf die Papiere geheftet, die sie wieder zusammenpackte, sagte Lu: »Kennst du sie schon lange?«
    »Ja.« Jury wartete ab.
    »Sie ist sehr attraktiv.« Sie sah Jury immer noch nicht an, sondern schob die Papiere auf dem Tisch ordentlich zusammen.
    »Ja, das ist sie.«
    »Ist sie eine sehr gute Freundin – ach, es geht mich ja eigentlich nichts an.«
    »Wieso nicht?«
    »Was?« Ihr Blick war erstaunt. Offensichtlich hatte sie nicht mit dieser Antwort gerechnet.
    »Wieso geht es dich nichts an?«
    »Na ja … darum eben. Ich meine, gehe ich sie denn etwas an?«
    »Keine Ahnung. Ich werde sie fragen.«
    »Nein! Ach was, mir doch egal. Ich dachte nur, wenn sie mich was angeht, dann gehe ich sie vielleicht auch was an, wenn du verstehst, was ich sagen will.«
    Jury biss auf seiner Backentasche herum, um das Gesicht nicht zu einem Lachen zu verziehen. »Nein, ich verstehe nicht, was du damit sagen willst. Weiß du denn selbst, was du damit sagen willst?«
    Ihr Blick war grimmig. »Ach, mach jetzt bloß nicht auf oberschlau. « Mit leicht errötetem Gesicht nahm sie die Akte, segelte mit wehendem dunklem Haar aus dem Raum und ließ ihn aufsitzen.
    Als sie außer Hörweite war, erstickte er fast vor Lachen.

30
    Als Melrose an der langen Auffahrt ankam, die zum Anwesen der Maples führte, bemerkte er einen Jungen, der neben dem üppigen Tulpenbeet stand, das sich gerade vom kalten Griff des Winters befreite. Ein Hund, eine Art Terrier, war bei Fuß. Melrose bremste und stieg aus dem Wagen. Junge und Hund standen einfach da und sahen zu.
    Wie alt war er? Elf? Neun? Drei? Heutzutage konnte man das bei Kindern nicht mehr sagen, denn die Kindheit schien viele von ihnen einfach zu übergehen. Sie trugen die gleiche Designerkleidung wie ihre Mütter und Väter, frequentierten die gleichen schicken Lokale, rauchten das gleiche Haschisch, bis es für sie, die Kinder, sobald sie in den Zwanzigern und Dreißigern waren, nichts Neues mehr zu besuchen und nichts Neues mehr zu tun gab.
    Die beiden standen reglos wie Statuen, als Melrose ihnen ein fröhliches Hallo zurief. Keiner reagierte mit Wort oder Gebell. Ob sie vielleicht stumm waren? Nach dem Tod von Billy Maples war doch einiges los gewesen. Erst dieser Detective Chilten, dann Jury, dann er selbst. Am wenigsten er selbst. Er wandte sich von den beiden schweigsamen Gestalten ab und ging zu der Treppe vor der Haustür.
    Das Hausmädchen ließ ihn herein und bat ihn zu warten, während sie Mrs. Maples holte, die bestimmt in einem Momentchen herunterkäme. Wenn sie dazu bloß ein Momentchen brauchte, wieso war sie dann bei seiner Ankunft nicht zugegen? Denn er war pünktlich wie ein Uhrwerk.
    Allerdings wäre die Wartezeit nicht verplempert, denn so hätte er Gelegenheit, sich das Gemälde genau anzuschauen, das ihm gleich beim Eintreten ins Auge gefallen war. Es war strahlend schön und mit dem üppig fallenden goldenen Regen unzweifelhaft ein Klimt. Die dunkelhaarige Schönheit in der Mitte, in ein Gewand gehüllt, das sich vom Hintergrund kaum abhob – all diese leuchtenden, glänzenden, schimmernden Farben. Das Gemälde war großformatig, und es war tatsächlich an die Wand geschraubt. Er betrachtete es erst aus einiger Entfernung, dann aus nächster Nähe. Doch wie sollte er bloß beurteilen, ob es sich um ein Original oder eine Kopie handelte? Und jenes Porträt von Henry James in Lamb House? Sollte ihm jemand weismachen wollen, es sei ein echter John Singer Sargent, wie könnte er wissen, dass dem nicht so war?
    Nun, durch bloße Betrachtung war nichts zu gewinnen.

    Olivia Maples war eine gut aussehende Brünette in den Vierzigern mit einer Haut, die aussah, als käme sie mit nichts in Berührung als mit Morgentau. Sie trug ein dunkelblaues Kaschmirkleid in der Farbe ihrer Augen. Bestimmt hatte sie einen ganzen Schrank voller Sachen in ihrer Augenfarbe.
    »Tut mir ja so leid, Sie warten zu lassen, Lord Ardry«, sagte sie, während sie ins Wohnzimmer trat, in das ihn das Hausmädchen als Teil der Hausbesichtigungstour geführt hatte.
    Nein, tut es nicht. Er lächelte, ergriff die ausgestreckte Hand. »Das ist schon in Ordnung.«
    »Mein Mann kommt gleich herunter. Sollen wir einen Tee trinken? Oder etwas Stärkeres?«
    »Oh, sehr gern etwas Stärkeres.«
    Sie lächelte und trat an einen Tisch zwischen den beiden hohen Fenstern. Auf dem Tisch befand sich eine stattliche Menge von

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