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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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anziehen. Sie haben eine andere Altersgruppe im Visier.«
    »Bitte, reden Sie nicht so gestelzt daher. ›Grauhaarige Kundschaft‹? Das überrascht mich, ich dachte immer, außer Ihnen und mir gibt’s in den Happy Eaters bloß lauter unter Sechsjährige.« Er sah zu der Kinderspielfläche hinüber, die selbst zu dieser ruhigen Nachmittagsstunde recht belebt war. Die Kleinen hatten einen Heidenspaß.
    »Na ja, es ist nett für die Kleinen. Und für die Eltern auch.«
    »Großeltern. Grauhaarige Kundschaft.«
    Wiggins betrachtete ihn bekümmert. »Dann wären Sie also in einem Burger King genauso zufrieden.«
    »Wiggins, ich wäre auch unterm Tisch genauso zufrieden. Ich weiß, der Niedergang von Happy Eater ist ein historisches Ereignis von nicht geringerer Bedeutung als die Schlacht von Hastings, aber würden Sie jetzt vielleicht einmal kurz damit aufhören und mir erzählen, was Sie herausbekommen haben, nachdem ich das Wohnzimmer verlassen hatte.«
    Mit düsterer Miene trank Wiggins seinen Kaffee. »Roderick sprach über seinen Vater. Sir Oswald. Sie kennen ihn.«
    »Stimmt. Er ist der einzige Grund, weshalb wir hier sind. Was hat Roderick gesagt?«
    »Ziemlich viel über Sir Oswalds Zeit in Bletchley Park. Er sagte, als Junge – er muss damals acht oder neun gewesen sein – freute er sich, dass sein Dad an der Codeentzifferung arbeitete, alles hochgeheim. Das kam bei seinen Kameraden gut an. Sie wissen ja, der Krieg war für Kinder ein einziger riesiger Spielplatz. Klingt merkwürdig, aber so war es. Sie strichen gern in zerbombten Gebäuden herum, bevor sie von den Wächtern weggejagt wurden. Roderick beschrieb es als fantastisches Abenteuer. Nur lauter Glanz und Gloria.«
    »Und das von Roderick? Das überrascht mich. Ich verstehe ja, dass Kinder ihre zerstörte Umgebung als großes Abenteuer betrachten. Aber es überrascht mich schon, dass Roderick anscheinend stolz ist auf seinen Vater. Das passt nicht in das Bild, das Sir Oswald gemalt hat. Zwischen den beiden lag eine tiefe Kluft. Roderick besucht ihn nur selten.«
    »Ah, aber das hat ja wohl eher mit Olivia tun. Olivia kann Oswald offensichtlich nicht ausstehen. Und er sie auch nicht. Sie versetzt der Vater-Sohn-Beziehung einen ziemlichen Dämpfer.« Wiggins schob seinen Teller weg und verschränkte die Arme auf dem Tisch. »Ich glaube, Olivia gehört zu den Leuten, die es nicht abkönnen, wenn sie nicht das Sagen haben. Billy Maples konnte sie jedenfalls nichts vorschreiben. Er und der junge Malcolm standen sich offenbar sehr nahe. Und sie mag Malcolm absolut nicht leiden. Wahrscheinlich aus ebendiesem Grund und weil er ein rechter Plagegeist ist.«
    »Geld ist anscheinend kein Motiv, wofür wir vielleicht dankbar sein können. Laut Anwalt der Familie hat er kein Testament hinterlassen, starb ohne letzte Verfügungen. Schade. Das bedeutet, alles geht an seinen Vater, der es wahrhaftig nicht nötig hat. Manches vielleicht auch an Sir Oswald. Aber Malcolm ist ein zu entfernter Verwandter, als dass er etwas abkriegen könnte. Und Kurt Brunner bekommt nichts, weil er nicht mit ihm verwandt ist.«
    »Da ist noch etwas an Olivia Maples, was mich zur Weißglut bringt.«
    »Was denn?«
    »Ich glaube, sie nutzt andere aus«, sagte Wiggins. »Ich bin sicher, sie hat Billy ausgenutzt oder es jedenfalls versucht.«
    »Vielleicht ließ er sie nicht. Und das machte sie wütend.«
    »So sehr, dass sie ihn umbringen würde?«
    »Keine Ahnung. Ich werde nicht schlau daraus.« Jury starrte versonnen in seinen Kaffee. »Irgendwas ist mit diesem Klimt.«

28
    »Der Wunderbrunnen!« , rief Melrose Plant begeistert aus, ließ Jury das Buch, das er ihm nach oben gebracht hatte, in den Schoß fallen und nahm ihm das Buch weg, in das dieser vertieft gewesen war.
    Wiggins war derweilen in der Küche und unterhielt sich mit Mrs. Jessup, obwohl es bei dem Gespräch wohl eher um die nachmittägliche Teemahlzeit gehen mochte als um den ehemaligen Arbeitgeber der Köchin.
    Jury musterte das Buch. »Ach, das schon wieder.«
    »Sie waren es doch, der mir davon erzählt hat.«
    »Dabei hatte ich aber nicht geahnt, dass es mich bis in alle Ewigkeit verfolgen würde. Eigentlich hat Kurt Brunner mich darauf aufmerksam gemacht.«
    »Ich finde es wirklich faszinierend. Olivia Maples und das Vampir-Thema.«
    »Ehrlich gesagt, passt das nicht zu Olivia Maples und auch nicht zu Henry James.« Jury sah einen Moment auf das Bücherregal. »Ist das der Schriftsteller, der die eitlen Posen der

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