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Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Titel: Inspektor Jury spielt Katz und Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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hätte sie den ganzen Tag nur zu Hause gehockt oder am Herd gestanden. Mit Neahles Besuchen auf «La Notre» verhielt es sich anders. Sally legte Wert darauf, sich bei denen lieb Kind zu machen, die einem mal nützlich sein konnten oder Ashdown das verliehen, was sie «Stil» nannte.
     
    Neahle schüttelte das Federbett auf, deckte das Kätzchen wieder zu und schlüpfte in ihre Filzpantoffeln. Das Licht zauberte Streifen auf die kleinen Fensterscheiben, skelettartige Schatten zogen sich über den Fußboden. In der Schranktür war ein Spiegel, Neahle konnte sich in ihrem weißen Nachthemd darin sehen. Sie kniff die Augen zusammen und stellte sich vor, daß sie wie ein Gespenst durch den grabesstillen Flur glitt.
    Melrose erwachte in dem kühlen Morgenlicht und zog sich das Plumeau unters Kinn. Es war zu kurz, seine Füße guckten heraus, und das Zimmer war kalt und kahl, aber sein kurzes Zusammentreffen mit dem Besitzer vom «Haus Diana» hatte genügt, um ihn davon zu überzeugen, daß jede andere Übernachtungsmöglichkeit vorzuziehen war, um Grimsdales stählernem Blick über dem morgendlichen Haferschleim zu entkommen.
    Kaltes Porridge und steinharter Toast waren Sebastian Grimsdales Variante des typisch englischen Frühstücks.
    Melrose überlegte, ob er hier im «Hirschsprung» wohl besser fuhr. Er starrte auf seine Füße, die er ziemlich häßlich fand, und versank in Träumereien von Speck, frischen Eiern und Toast. Das Dinner gestern abend war sehr anständig gewesen. Gute englische Hausmannskost. Als er zu den MacBrides sagte, sie sollten der Köchin ein Lob ausrichten, hatte die Frau gekichert. Sie kicherte über alles und jedes und schwenkte dabei den Kognak in ihrem Glas.
    Von Minute zu Minute wurde er hungriger und wünschte, er könnte sich Frühstück ans Bett bestellen. Großmütig hatte er Jury sein Zimmer angeboten, aber Jury hatte keine Bedenken, es mit Mr. Grimsdales Porridge aufzunehmen – zu Polly Praeds sprachlosem Entzücken. Aber Jury und Wiggins brauchten ohnehin zwei Zimmer, und im «Hirschsprung» gab es nur eins. Melrose hatte starke Zweifel, ob Sergeant Wiggins den Aufenthalt im «Haus Diana» überleben würde.
    Wieder starrte Melrose auf seine Füße. Daß Polly Praed Superintendent Jury so nahe war, gefiel Melrose gar nicht. Die violetten Augen, die Melrose ansahen, als sei er eine Fliege an der Wand, leuchteten geradezu, wenn sie sich auf Jury richteten. Gott sei Dank ließ Jury sich von Polly nicht blenden. Er fand ihre Unfähigkeit, in seiner Gegenwart Worte zu Sätzen zu verknüpfen, rätselhaft. Melrose wunderte sich immer, daß Jury nicht merkte, welche Wirkung er auf das weibliche Geschlecht ausübte. Von der Wirkung hätte Melrose gern etwas abgehabt. Er schloß die Augen und grübelte. Er war reich genug und wahrscheinlich intelligent genug, er sah auch gut genug aus und war sogar einmal adlig gewesen. Er versuchte, die dünnen Kissen aufzuschlagen. Polly Praed war außer sich darüber, daß er auf seine Adelstitel verzichtet hatte, denn sie haßte die Adelsfamilie in ihrem Dorf Littlebourne und hätte liebend gern von meinem Freund, dem Earl von Caverness , gesprochen. Ob es an seinen häßlichen Füßen lag? Er seufzte. Jetzt brauchte er erst einmal dringend einen Tee.
    Im «Hirschsprung» war er bei weitem herzlicher empfangen worden als im «Haus Diana». Dort hatte es kaum eine Begrüßung gegeben. Grimsdale hätte wohl gerne das Geld für die Übernachtung kassiert, dabei aber auf den Gast am liebsten verzichtet.
    Hier dagegen schlug ihm besonders von Mrs. MacBride nur Herzlichkeit entgegen. Als sei er ein Seemann, der von großer Fahrt zurückgekehrt war. Melrose konnte sich lebhaft vorstellen, wie sie heimkehrende Seeleute willkommen hieß. Obwohl die Dame nicht hinreißend war, schien sie bereit und willens, sich hinreißen zu lassen . Sie hatte zwar die Blüte ihrer Jugend schon hinter sich, sah aber immer noch sehr gut aus. Sie offerierte Melrose und Jury einen doppelten Kognak, einen hautengen kurzen Rock und ihre Lebensgeschichte. Das heißt, bis sie Anfang Zwanzig war, dann dämmerte es ihrem Mann John, einem sanftmütigen Wirt, zwanzig Jahre älter als seine junge Frau, daß Mr. Plant nicht ihre ganze Lebensgeschichte hören wollte, und unterbrach sie. Er hatte aber trotzdem die ganze Zeit herzlich über die Eskapaden ihrer wilden Jugendjahre gelacht.
    Was für eine ungünstige Sternenkonstellation diese beiden zusammengebracht hatte, konnte Melrose nur

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