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Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Titel: Inspektor Jury spielt Katz und Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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wartete. Da Constable Pasco der einzige Polizist im Ort war, hatte er aus einer acht Kilometer entfernten Stadt auf der anderen Seite des New Forest nach Verstärkung geschickt.
    Und für Barney interessierte sich kein Schwein. Sie redete sich ein, daß sie sich keine Sorgen machen mußte. Barney war vermutlich nur aus dem Fenster geklettert. Barney trug ein rotes Halstuch und hätte bei dem Selbstbehauptungstraining die Goldmedaille errungen …
    Literarische Inspiration. Gütiger Gott.
    Es wollte ihr einfach keine Story einfallen, aber dieser Vertrag saß ihr im Genick. Im Januar sollte sie ein Buch abgeben, das sie noch nicht einmal angefangen hatte. Und heute war der zweiundzwanzigste Oktober. Auf der Fahrt von Canterbury nach Battle hatte sie einen Krimi konzipiert, in dem sechs Leute in einem Erster-Klasse-Abteil Wetten darüber abschließen, wer von ihnen bis zur Ankunft die interessanteste Geschichte zu erzählen weiß. Nacheinander sollten sie dann alle abgemurkst werden. Aber sie hatte weder einen Täter noch ein Motiv.
    Also hatte sie alles wieder verworfen. In der Abtei von Battle hatte sie dann nämlich überlegt, ob nicht ein Mordfall, in dem Wilhelm der Eroberer eine entscheidende Rolle spielte, lehrreich sein könnte. Aber die ganze Recherche, die da nötig sein würde …
    Dann Rye. Henry James. In Lamb House dachte sie über einen Krimi nach, in dem ein paar Leute bei Tee und Keksen endlose, verzwickte Gespräche führen – wohl wissend, daß in der Liegehalle eine Leiche ist – und mit ihrer jamesianischen Feinfühligkeit so verschlüsselte Andeutungen machen, daß keiner weiß, ob jemand weiß, daß er oder sie es weiß. Auch der Leser nicht. Diese Idee faszinierte Polly immer mehr. In der Krimiwelt wäre diese endlose Kette von Verwirrungen bahnbrechend. Ein Krimi im Krimi. Eine spinnwebüberzogene Fensterscheibe. Ihr Verleger würde nicht wissen, was Sache war, aber natürlich so tun müssen, als ob, da er ja selbst ein Mann von jamesianischer Feinfühligkeit war.
    Ihre Hoffnungen wurden jäh zerstört, als sie Henry James’ Werk The Awkward Age zur Hand nahm, versuchte, es bei Tee und Kuchen zu lesen, und einsah, daß sie zwar nicht schlau daraus wurde, Henry James aber vermutlich genau wußte, was er tat. Zum Teufel mit dem Mann!
    Warum hatte sie nicht doch in der «Meerjungfrau» in Rye zu Abend gegessen? Warum war sie nicht einen Tag länger in Canterbury geblieben? Warum hatte sie Littlebourne überhaupt verlassen? Dort hätte sie es sich jetzt im Bett mit einem Krimi von jemand anderem bequem machen und vielleicht was daraus klauen können.
    So verfolgte Polly Praed wie in einem rückwärts laufenden Film ihr Tun und Lassen der letzten drei Tage. Eigentlich hatte sie Jane Austen und Hampshire (wo sie sich immer noch befand) hinter sich lassen wollen, um weiterzuzockeln und einen unverbindlichen Halt in Long Piddleton, Northamptonshire, einzulegen, obwohl sie nicht so recht sah, wie man plausibel machen sollte, daß man sich zum Familiensitz der Earls of Caverness einfach mal so verirrt hatte. Na ja, er fragte sie doch dauernd , ob sie ihn nicht mal besuchen wollte!
    Eine halbe Stunde. Kein Polizeibeamter in Sicht. Constable Pasco hatte sie sehr gründlich und, wie sie fand, mit einem gewissen Argwohn befragt. Warum hatte sie das Telefon im «Haus Diana» nicht benutzt? Weil dieser Grimsdale sie nicht ließ !
    Endlich kam er herein, und sie kratzte genügend Mut zusammen, um zu sagen: «Es steht mir rechtlich zu, einen Anruf zu machen.»
    Weil sie das so oft in amerikanischen Fernsehkrimis gehört hatte, kam sie sich albern vor und wurde rot. Pasco, ein großer, wortkarger Polizist, knallte ihr das Telefon auf den Tresen und sagte: «Nur zu, Miss.»
    Froh über das Miss – Polly hatte ihre Mädchenjahre lange hinter sich –, nahm sie den Hörer. Er quoll doch von Rat und Tat immer nur so über, da sollte er mal sehen, wie er sie aus diesem Schlamassel rauspaukte.
    Und so geschah es, daß Polly Praed die ganze Chose auf dem früheren Lord Ardry, dem achten Earl of Caverness, ablud. Ungefähr so, wie sie ihre hastig geschriebenen Bücher auf einer ahnungslosen Leserschaft ablud.

Z WEITER T EIL
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EIN SELTSAMER R EISENDER
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3
    «F EIERABEND !» rief Dick Scroggs.
    Schon um zehn rief der Wirt der «Hammerschmiede» zu letzten Bestellungen auf. Seinen gelegentlichen Übernachtungsgästen brachte er ja noch einen gewissen

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