1698 - Die Satanistin
Mit einer geschmeidigen Bewegung verließ sie das Doppelbett. Caro trug nur einen dünnen Slip. Der Stoff war so schwarz wie ihr langes Haar.
Sie verließ das Schlafzimmer. In der Wohnung war es fast still. Nur aus der Küche hörte sie das leise Ticken einer Uhr. Ansonsten störte sie nichts.
Die Frau bewegte sich sicher und beinahe lautlos. Sie und ihr Mann Simon lebten in einer größeren Wohnung. So hatte jeder sein kleines Reich aus vier Wänden, in das er sich zurückziehen konnte und das der andere nicht betrat. Man akzeptierte gegenseitig seine Freiräume.
Caro Blake ging ins Dunkel ihres Zimmers. Sie schloss die Tür und schaltete erst dann die Stehleuchte ein. Das schwache Licht, das sie abgab, reichte ihr.
Der Boden bestand aus Holz, in der Mitte lag ein weicher Teppich, der aber nur einen Teil des Bodens bedeckte. Neben dem Teppichrand blieb Caro stehen. Nachdenklich schaute sie sich im Zimmer um. Sie sah aus wie jemand, der darüber nachdachte, ob er etwas Bestimmtes in die Wege leiten sollte.
»Doch, doch, das ist schon gut!«
Die Frau zuckte zusammen. Mehr geschah nicht. Aber sie wusste jetzt, was sie zu tun hatte. Es war die Schattenstimme gewesen, die ihr dazu geraten hatte.
Die Stimme war wichtig! Sehr wichtig sogar. Sie begleitete sie. Diese Stimme war immer da. Caro wusste nicht genau, wem sie gehörte. Sie hatte den Sprecher oder die Sprecherin nie zuvor gesehen, aber sie wusste, dass sie ihre Leitfigur war, und mehr als einmal war ihr der Begriff Teufel oder Satan in den Sinn gekommen. Seltsamerweise hatte sie sich nicht daran gestört. Es war für sie ein Kompliment gewesen, und jetzt war sie froh, dass sich die andere Seite erneut gemeldet hatte. Sie war so etwas wie ein Schutz für sie.
Mit einem entschlossenen Schritt ging sie vor und öffnete eine der beiden Wandschranktüren. Sie ließ einen Blick über die dort hängende Kleidung gleiten. Lange zu suchen brauchte sie nicht. Zielsicher fasste sie nach dem, was sie anziehen wollte.
Die dunkle Hose, der Pullover, die Jacke. Alles ebenfalls dunkel. Sie war zufrieden, als sie in die weichen Lederslipper schlüpfte, in denen sie sich lautlos bewegen konnte.
Zuletzt zog sie den Reißverschluss der Lederjacke bis zur Brust hoch. Dann drehte sie sich um und verließ den weichen Teppich. An einer Stelle hielt sie an und bückte sich. Ihre Finger glitten über eine bestimmte Bohle. Während sie das tat, übte sie etwas Druck aus.
Ein leises Knacken war zu hören. Kurz darauf bewegte sich die Bohle nach unten, sodass ein Hohlraum freilag, in dem die Hand der Frau verschwand.
Sie holte etwas hervor, das in ein Tuch eingewickelt war. Es war ein wohliges Gefühl, über den samtigen Stoff zu streichen, bevor sie das Tuch auseinanderschlug.
Jetzt lag die Waffe vor ihr!
Es war ein Messer mit langer und nicht sehr breiter Klinge, die vorn spitz zulief. Aber das war nicht das Außergewöhnliche an dieser Waffe. Es ging um ihr Ende, um den Griff, denn dort schimmerte ein stählerner Totenkopf.
»Fühlst du dich gut?«
Erneut war sie angesprochen worden. Als wäre es ein zweites Ich, das sich von ihr gelöst hatte.
»Ja, ich bin gespannt.«
»Sehr schön.«
Caro Blake wartete darauf, dass die Stimme noch mal Kontakt mit ihr aufnahm. Das geschah nicht. Dafür sah sie etwas anderes, und sie hatte darauf fast gewartet.
Der Totenkopf am Ende des Dolchgriffs verlor seine Farbe. Eine andere wurde sichtbar, zunächst nur schwach, dann immer stärker. Es war ein Leuchten, das mit einem schwachen Rot begann, von Sekunde zu Sekunde intensiver wurde und schließlich in ein düsteres Rot überging.
Caro Blake nickte. Es war seine Nachricht.
Satan war bereit. Und sie war es auch.
Denn sie war die Satanistin!
***
Niemand hatte gesehen, wie sie das Haus verlassen hatte. Und niemand hatte sie in den kleinen Smart einsteigen sehen, mit dem sie später unterwegs war.
Ihre Gedanken drehten sich um das, was sie vorhatte. Eine Frau und ein Mann kamen ihr in den Sinn. Beide waren noch jung, keine dreißig Jahre alt. Sie betrieben eine Buchhandlung. Dort hatte Caro sie auch kennengelernt.
Bücher als Lebenshilfe. Unter diesem Motto stand das Geschäft. Praktische Tipps waren ebenso vorhanden wie Themen für bestimmte Glaubensrichtungen oder der Esoterik.
Schamanentum und Satanismus. Bücher über Geister und alte Hexenbücher, das alles verkaufte das Paar, ohne sich allerdings an irgendwelchen Praktiken zu beteiligen.
Das wusste Caroline Blake genau,
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