Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Instrumentalität der Menschheit

Instrumentalität der Menschheit

Titel: Instrumentalität der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
Vom Netzwerk:
sie angewiesen ist auf die Gnade Gottes und die Freundschaft der Menschheit. Wollen Sie, o mutiger Mann, Sir und Doktor, Herr und Führer, mit mir hinausreiten in die Hölle selbst?«
    Was hätte ich anders sagen können als ja?
     
     
    3. Die Rückkehr
     
    Spät in der Nacht bereiteten wir die Rückkehr aus dem Nimmernichts vor. Wir besaßen fünf Lichtstecher-Helme, ungefüge Dinger, mechanischer Ersatz für natürliche Telepathie, Geräte, die die Synapsen des einen Gehirns mit denen des anderen verbanden, so daß wir alle fünf die gleichen Gedanken denken konnten.
    Es war das erste Mal, daß ich Kontakt hatte mit dem Bewußtsein von Grosbeck und Timofeyev. Sie überraschten mich.
    Timofeyev war tatsächlich durch und durch rein, so rein und einfach wie gewaschenes Leinen. Er war wirklich ein einfacher Mann. Der Verdruß und die Zwänge seines tagtäglichen Lebens drangen nicht bis in sein Inneres vor.
    Grosbeck war ganz anders. Er war so lebendig wie Geschnatter und so gewalttätig wie ein ganzer Bauernhof voller Federvieh.
    Stellenweise war sein Geist schmutzig, stellenweise sauber. Er war hell, duftig, lebendig, spritzig, beweglich.
    Ich erhielt von ihnen ein Echo meines eigenen Geistes. Timofeyev erschien ich kalt, hoch, eisig und geheimnisvoll; in Grosbecks Augen wirkte ich wie ein fester Klumpen Kohle. Er konnte nicht sehr tief in mich hineinschauen, und er wollte es nicht einmal.
    Wir alle tasteten nach Liana, und indem wir ihre Gedanken aufspürten, wurden wir auch mit dem Bewußtsein des Colonels konfrontiert …
    Niemals hatte ich etwas derart Entsetzliches erlebt.
    Es war rohe Lust.
    Als Arzt ist mir Lust vertraut – die Lust des Morphiums, das zerstört, die Lust von Fennin, das tötet und vernichtet, sogar die Lust der Elektroden, die sich in das lebende Gehirn brennen.
    Als Arzt wurde ich verpflichtet dabeizusein, wenn sich die verruchtesten Menschen auf Befehl des Gesetzes töteten. Es war ein einfacher Vorgang. Wir schlossen einen dünnen Draht direkt an das Lustzentrum des Gehirns an. Der schlechte Mensch hält dann seinen Kopf in die Höhe eines elektrischen Feldes mit der richtigen Spannung. Es ist ganz einfach. Er stirbt binnen Stunden an seiner Lust.
    Dies war schlimmer.
    Diese Lust war nicht von menschlicher Art.
    Liana war irgendwo in der Nähe, und ich fing ihre Gedanken auf, mit denen sie sagte: »Wir müssen dorthin, Sirs und Doktoren, Herren und Führer.
    Wir müssen zusammen dorthin, wir alle vier, dorthin, wo der Mann gewesen ist, hinein in das Nimmernichts, zur Hoffnung und zum Herz des Schmerzes, hinein in den Schmerz, der vielleicht diesen Mann zurücktreibt, hinein in die Macht, die größer ist als der Raum, hinein in die Macht, die ihn heimgeschickt hat, hin zu jenem Ort, und es ist kein Ort, hin zu jener Kraft, und sie ist keine Kraft, hin zu jenem Zwang, und er ist kein Zwang, und zwingen den Zwang zur Herausgabe des Herzens und zur Rückgabe an uns.
    Kommt mit mir, wenn ihr überhaupt kommt. Kommt mit mir bis zum Ende aller Dinge. Kommt mit mir …«
    Plötzlich flackerte ein Blitz in unseren Gedanken auf.
    Es war ein heller Blitz, hell, köstlich, vielfarbig, freundlich. Er überflutete alles und war eine Kaskade aus reiner Farbe, mild in der Tönung, aber intensiv in der Helligkeit. Das Licht kam.
    Das Licht kam, sage ich.
    Fremd.
    Und es war fort.
    Das war alles.
    Das Ganze war so schnell vorbei, daß man es nur schwerlich kurz nennen konnte. Es dauerte kürzer als einen Augenblick, falls das vorstellbar ist. Wir alle fünf spürten, daß wir freundlich untersucht worden waren. Wir spürten, daß wir einer gigantischen Lebensform, deren Größe alles menschliche Vorstellungsvermögen überstieg, als Spielzeuge oder Schoßtiere dienten und daß diese Lebensform, indem wir, die drei Ärzte und Liana, von ihr durchschaut worden waren, uns und den Colonel gesehen und erkannt hatte, daß der Colonel zu seinem eigenen Volk zurückkehren mußte.
    Denn es waren fünf und nicht vier, die sich erhoben.
    Der Colonel zitterte, aber er war gesund. Er lebte. Er war wieder menschlich. Mit schwacher Stimme fragte er: »Wo bin ich? Ist das hier ein irdisches Krankenhaus?«
    Und dann fiel er in Timofeyevs Arme.
    Liana näherte sich bereits der Tür.
    Ich begleitete sie hinaus.
    Sie blickte mich an. »Sir und Doktor, Herr und Führer, ich bitte nicht um Dank, nicht um Geld, ich bitte nur darum, daß über das, was geschehen ist, Stillschweigen bewahrt wird. Meine Kräfte entstammen der

Weitere Kostenlose Bücher