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Geboren in Atlantis

Geboren in Atlantis

Titel: Geboren in Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Baby-Jim stand immer dort, wo andere nicht hingingen. Im Londoner Eastend, inmitten der Lagerhallen, der abbruchreifen Häuser, der dreckigen Kaschemmen, überquellenden Mülltonnen und aufgerissenem Pflaster.
    Es war kein guter Platz für eine Hure, auch nicht für eine männliche wie Baby-Jim. Er war Transvestit mit schlanker Figur, vorpreschendem Busen, dicker Schminke im Gesicht und lockenden roten Lippen. Wie gesagt, es war kein guter Platz für eine Hure. Nur lachte er über diese und ähnliche Bemerkungen, denn Baby-Jim wusste genau, weshalb er sich an diesem Ort aufhielt.
    Grundlos bewegte sich niemand durch das Eastend. Wer hier erschien, ob am Tag oder in der Dunkelheit, hatte seine Motive. Unter anderem gab es Menschen, die Baby-Jim besuchten, ihn in ihren Wagen einluden, mit ihm davonfuhren und irgendwo Sex machten. Das konnte eine elegante Villa ebenso sein wie ein schäbiges Hotelzimmer. Wichtig war nur, dass nichts an die Außenwelt drang.
    Zu Baby-Jim kamen großzügige Kunden. Männer, die Geld besaßen, mit Berufen im Rampenlicht. Künstler, Industriekapitäne, Wirtschaftsbosse, Menschen mit fremden Neigungen, aber dem entsprechenden Kapital im Rücken, um sich Typen wie Baby-Jim leisten zu können. Der Treffpunkt was deshalb ideal.
    Auch an diesem Abend wartete Baby-Jim auf einen Kunden. Es war ein bekannter Mann in London, man sah ihn oft, wenn ausländische Staatsgäste empfangen wurden, doch bei diesem Kunden wusste Baby-Jim nie genau, ob er pünktlich war. Verspätete er sich oder kam er überhaupt nicht, schlug sich das auf den Preis nieder. Dann bekam Baby-Jim stets eine kleine Entschädigung zugesteckt, was ihm natürlich nicht unlieb war.
    Er sah seinen ›Job‹ völlig emotionslos und dachte auch nicht darüber nach, weshalb er so geworden war. Er hatte bereits in der Kindheit einen gewissen Drang verspürt, der sich im Laufe der Zeit, besonders stark in der Pubertät, noch verstärkt hatte.
    Baby-Jim hatte es hingenommen, ein bunter Vogel in der Londoner Szene, in der er kaum auffiel, weil es dort viele ›Baby-Jims‹ gab. Er fror. Zwar war der Frühling laut Kalender längst eingetroffen, aber die Temperaturen hielten sich dennoch zurück. Besonders in der Nacht konnte es noch unangenehm kalt werden, da näherten sich die Temperaturen dem Nullpunkt, und der Wind war entsprechend kalt und hier, in der Nähe des Flusses, sogar nasskalt.
    Baby-Jim hatte seinen Stammplatz. Wann die alte Litfasssäule aufgestellt worden war, konnte er nicht sagen. Jedenfalls wurde sie nicht mehr benutzt. Als graue Säule gammelte sie vor sich hin und diente dem Transvestit oft genug als Stütze.
    Um Baby-Jim als Mann erkennen zu können, musste man schon sehr genau hinschauen. Bei warmem Wetter trug er einen kniefreien Rock, darauf hatte er an diesem späten Abend verzichtet. Bei dem Wetter verließ er sich auf seinen alten Pelz, den er in einem Pfandhaus erworben hatte und der so bleich schimmerte wie die Haut einer Leiche. Das stark geschminkte Gesicht, die hautenge Hose, ein rotes Leibchen, ein Gürtel mit imitierten Gold-Applikationen und Schuhe mit angedeuteten Absätzen.
    Er war fünfundzwanzig, wollte den Job noch einige Jahre machen, hatte aber eine schreckliche Angst vor dem Alter. Älter zu werden, war für ihn schlimm. Diese Tatsache schwebte wie ein Damoklesschwert über seinem Kopf, aber er konnte dem Älterwerden nicht entgehen, es sei denn, er verübte Selbstmord, was er auch nicht wollte. So schaukelte er durch die Tage, Wochen, Monate und Jahre. Manchmal angetörnt durch Alkohol, hin und wieder aufgeputscht durch die Einnahme bestimmter Tabletten.
    Baby-Jim wartete bereits über eine Stunde, und der Kunde hatte sich noch nicht sehen lassen. Leer und verlassen lag die Straße vor ihm. Es leuchtete auch keine Laterne in der Nähe. Früher war das mal der Fall gewesen, dann hatten Steine die Glaskuppeln zerstört. Die Straße war wie ein toter Arm, der das Gebiet durchschnitt. Gegenüber schaute Baby-Jim auf eine Brandmauer. Dahinter lagen alte Hallen, und wieder ein Stück weiter schob sich die graue Themse durch das Flußbett in Richtung Osten.
    Er wusste den Grund nicht, aber an diesem Abend fühlte sich Baby-Jim einfach nicht gut. In ihm steckte eine Nervosität, die sich einfach nicht wegleugnen ließ. Er hatte das Gefühl, sich andauernd kratzen zu müssen, obgleich kein Grund dazu bestand. Gewaschen war er jedenfalls.
    Etwas war anders.
    Im Laufe der Zeit hatte Baby-Jim auch ein Gefühl

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