Intensity
101 zu dem Mammutbaumwald gefolgt war, hatte sie gehofft, einem Polizeiwagen zu begegnen – und jetzt hatte sie einen gefunden.
Sie drückte auf die Hupe, betätigte die Lichthupe und trat auf die Bremse.
»Cops!« sagte sie zu Ariel. »Siehst du, Schatz, jetzt kommt alles in Ordnung. Da ist die Polizei!«
Das Mädchen beugte sich vor, gefangen in seinem Sicherheitsgurt.
Als Reaktion auf ihr Hupen und Aufblenden schaltete der Polizeibeamte sein Blaulicht, aber nicht die Sirene ein.
Chyna fuhr an den Straßenrand und hielt an. »Sie können Vess schnappen, bevor er unsere Flucht bemerkt und fliehen kann.«
Der Streifenwagen war bereits an ihr vorbeigezogen. Sie hatte die Worte SHERIFF’S DEPARTMENT in dem Emblem auf der Fahrertür ausgemacht, und das waren die beiden schönsten Wörter der englischen Sprache.
Im Seitenspiegel beobachtete sie, wie der Wagen auf der Straße wendete. Er fuhr nun auf der nach Süden führenden Spur an ihr vorbei und hielt zehn Meter vor dem Wohnmobil auf dem Seitenstreifen an.
Erleichtert und begeistert öffnete Chyna die Fahrertür, sprang hinaus und ging auf den Streifenwagen zu.
Sie sah, daß sich nur ein Beamter darin befand. Er trug einen Polizeihut mit breiter Krempe und schien es mit dem Aussteigen nicht eilig zu haben.
Die sich drehenden Warnlampen warfen wie in einem turbulenten Traum rote Lichttropfen und blaue Spritzer auf die vom Mond erhellte Fahrbahn, während die hohen Bäume neben der Straße vor und dann wieder zurück zu springen schienen, vor und zurück. Ein Wind kam aus dem Nichts und fegte tote Blätter und Staubwolken über den Asphalt, als hätten die rotierenden Lichter die Ruhe gestört.
Auf halbem Weg zu dem Wagen, in dem der Polizist noch immer hinter dem Lenkrad saß, fielen Chyna die Akten in Vess’ Arbeitszimmer ein, und plötzlich hatten sie eine ganz andere Bedeutung als zuvor, genau wie die Handschellen.
Sie blieb stehen.
»O Gott.«
Sie wußte es.
Chyna wirbelte herum und floh von dem schwarzweißen Streifenwagen zum Wohnmobil zurück. Niedergedrückt vom fetten Mond kam sie sich in dem blitzenden blauen und roten Licht vor, als laufe sie in einem Traum in Zeitlupe, durch Luft so dick wie Pudding.
Als sie die offene Tür erreicht hatte, warf sie einen Blick zum Streifenwagen. Der Cop stieg aus.
Keuchend stieg Chyna in den Fahrersitz hinauf und zog die Tür hinter sich zu.
Der Polizeibeamte war aus dem Streifenwagen gestiegen.
Chyna löste die Handbremse.
Vess eröffnete das Feuer.
KAPITEL 11
Sheriff Edgler Foreman Vess, jüngster Sheriff in der Geschichte des Countys, beobachtet im Seitenspiegel, wie Chyna Shepherd auf dem Randstreifen des Highways zu seinem Streifenwagen eilt, und fragt sich, ob diese Frau sich doch als sein geplatzter Reifen erweisen und seine strahlende Zukunft zunichte machen wird. Als sie abrupt stehenbleibt, herumwirbelt und durch das blitzende Blaulicht zum Wohnmobil zurückläuft, wird Mr. Vess’ Besorgnis stärker.
Gleichzeitig ist er gewaltig von ihr eingenommen und bedauert keineswegs, daß sie sich getroffen haben. »Was für ein cleveres Miststück du doch bist«, sagt er laut.
Er steigt aus dem Streifenwagen und zieht seinen Revolver, um ihr eine Kugel in ein Bein zu schießen. Er hegt noch eine gewisse Hoffnung, die Lage bereinigen zu können. Wenn er sie kampfunfähig machen und in das Wohnmobil schaffen kann, bevor ein anderer Autofahrer vorbeikommt, kann er alles in Ordnung bringen. Was wird er für einen Spaß haben, wenn er sie wieder in Ketten legt. Ariel wird keine Hand rühren, um dieser Frau zu helfen; und sollte sie es doch versuchen, wird er die kleine Hure mit dem Revolverlauf zur Raison bringen. Damit sind zwar die Pläne zunichte, die er für sie gemacht hat, aber er betrachtet ihr wunderschönes Gesicht schon seit einem Jahr und will es einschlagen, und dieses Einschlagen wird selbst unter diesen Umständen noch überaus befriedigend sein.
Obwohl Vess schnell aus dem Wagen steigt, ist Chyna noch schneller. Als er den Revolver hebt, sitzt sie schon hinter dem Lenkrad des Wohnmobils und zieht die Tür zu.
Er kann jetzt kein Risiko mehr eingehen, darf es nicht wagen, sie nur zu verwunden, um später seinen Spaß mit ihr zu haben. Er muß sie kaltmachen. Er feuert sechs Schüsse durch die Windschutzscheibe.
»Runter!« rief Chyna, als sie sah, daß Vess die Waffe hob. Sie stieß Ariels Kopf unter die Windschutzscheibe und warf sich zur Seite, halb aus dem Sitz, über die offene
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