Internat und ploetzlich Freundinnen
steckt ihren Kopf ins Zimmer. „Tut mir leid“, lächelt sie. „Ich fürchte, da muss ich dich enttäuschen. Aber ich wollte gar nicht zu dir.“
Manu zieht den Kopf ein und grinst.
Die Klassenlehrerin wendet sich an Sofie: „Hast du einen Augenblick Zeit? Dein Vater ist am Telefon und möchte dich sprechen.“
Sofie springt sofort auf. Das Modemagazin fällt zu Boden. Ihre Augen wirken riesig in ihrem schmalen Gesicht.
Carlotta versucht es mit einem aufmunternden Lächeln, aber Sofie achtet gar nicht auf sie. Frau Heselein nickt ihr und Manu zu und verschwindet mit Sofie.
„Ach herrje …“, Manu bläst die Wangen auf. „Was hat das nun wieder zu bedeuten?“
„Hoffentlich nichts Schlimmes“, sagt Carlotta besorgt. Sie spürt ihr Herz klopfen und drückt die Daumen ganz fest. Ein Elternanruf um diese Zeit ist ziemlich ungewöhnlich und bedeutet normalerweise nichts Gutes.
„Wieso ruft er nicht auf ihrem Handy an, sondern im Lehrerzimmer?“, wundert sich Manu.
„Ich hab keinen Schimmer“, erwidert Carlotta. „Vielleicht, weil’s billiger ist?“
Manu wirft ihr Schulheft zur Seite und steht auf. Die Chipstüte kippt um, aber sie kümmert sich nicht darum. „Los, komm!“, zischt sie. „Die Gelegenheit ist günstig!“
Carlotta zieht die Augenbrauen hoch. „Was hast du vor?“
Manu huscht an Sofies Schreibtisch, nimmt das Federmäppchen von dem Bücherstapel und wirft es Carlotta zu. Die fängt es verblüfft auf.
„Was soll das?“
„Mach’s auf und hol den Lippenstift raus!“ Manu flitzt zur Tür, öffnet sie einen Spalt und lugt hinaus in den Flur. „Los, mach schon!“
Carlotta hält das Federmäppchen in der Hand. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“
„Was denn?“ Manu wirft einen Blick über die Schulter. „Wir waren uns doch einig, dass wir einen Beweis brauchen, oder?“
Carlotta nickt.
„Na also“, sagt Manu. „Beeil dich!“
Mit zitternden Fingern öffnet Carlotta den Reißverschluss des Mäppchens. Der Lippenstift liegt obenauf. Carlotta sieht ihn sofort. Bevor sie es sich anders überlegen kann, nimmt sie ihn heraus, zieht den Reißverschluss wieder zu und legt das Mäppchen zurück auf Sofies Schreibtisch. Ihr Herz klopft wie verrückt.
„Und was machen wir jetzt damit?“, fragt sie.
Manu schließt die Tür und nimmt ihr den Lippenstift ab. „Der sieht ziemlich neu aus“, stellt sie fest.
Carlotta kann nur stumm nicken. Wenn Sofie jetzt reinkommt! Was sollen sie ihr dann sagen? Hallo, Sofie, wir wollten uns nur mal deinen schicken Cool Iceglow angucken? Oh Mann …
Manu dreht den Lippenstift auf und betrachtet ihn von allen Seiten. Er ist nahezu unbenutzt. Carlotta bleibt fast das Herz stehen. Bedeutet das etwa, dass Sofie ihn tatsächlich von Vicky gestohlen hat?
„Was hast du jetzt vor?“, fragt sie.
Manu dreht den Lippenstift wieder zu und versenkt ihn in der Tasche ihrer Jeans. „Komm mit“, sagt sie. „Ich hab eine Idee.“
Mit angehaltenem Atem folgt Carlotta ihrer Freundin auf den Flur. Manu bleibt stehen und kratzt sich am Kopf.
„Wo wohnen die blöden Blondies noch mal?“
„Im zweiten Flur, letztes Zimmer hinten links“, antwortet Carlotta flüsternd. „Warum fragst du?“
Manu zieht sie am Arm hinter sich her. „Das wirst du gleich sehen!“
Eine halbe Minute später stehen sie vor der Zimmertür am Ende des langen Flurs. Gedämpfte Musik dringt heraus. Eine Frauenstimme singt „Baby, I love youuu …“
„Ist das etwa Britney Spears?“ Manu verzieht angewidert das Gesicht.
„Ist doch egal!“, flüstert Carlotta.
„Was für ein Glück, dass bei den Barbies noch ein Bett für Vicky frei war.“ Manu mustert das Namensschild neben der Tür mit zusammengekniffenen Augen. „Die drei passen zusammen wie –“
„Tick, Trick und Track?“, versucht Carlotta zu helfen.
„Nee“, Manu kichert. „Eher wie drei Prinzessinnen aus dem Märchenland. Schneewittchen, Dornröschen und die bescheuerte Prinzessin auf der Erbse zum Beispiel.“
Carlotta grinst. Als Manu anklopft, verschwindet das Grinsen allerdings blitzschnell aus ihrem Gesicht. Sie presst die Lippen zusammen. Was hat Manu nur vor?
Die Tür wird aufgerissen. Simone streckt ihren Kopf heraus. „Ihr?“, fragt sie überrascht.
Nadine drängelt sich an Simone vorbei und schiebt die Augenbrauen zusammen, soweit das überhaupt möglich ist. In ihrem Gesicht kleben mehrere hauchdünne Gurkenscheiben, die ein Mienenspiel nahezu unmöglich machen. Ihre Haare
Weitere Kostenlose Bücher