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Internat und ploetzlich Freundinnen

Internat und ploetzlich Freundinnen

Titel: Internat und ploetzlich Freundinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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einem Nicken entgegennimmt und sich geräuschvoll die Nase putzt.
    „Möchtest du was trinken?“, fragt Carlotta vorsichtig.
    Zu ihrem Erstaunen lächelt Sofie leicht.
    „Ja, danke. Ein Glas Wasser, s’il te plaît.“
    Carlotta huscht schnell an das kleine Waschbecken neben der Tür und füllt Sofies Zahnputzbecher mit eiskaltem Wasser.
    „Merci“, flüstert Sofie, als Carlotta ihr den Becher reicht.
    Eine Weile ist es still im Zimmer. Sofie trinkt das Wasser in kleinen Schlucken und weint dabei leise vor sich hin. Tränen kullern über ihre Wangen. Sie fallen in ihren Schoß und hinterlassen dunkle Flecken auf ihrer Jeans.
    Carlotta nimmt ihr den Zahnputzbecher aus der Hand.
    „Es ist wegen deiner Mutter, nicht?“, fragt sie mit klopfendem Herzen.
    Sofie nickt.
    „Ist es sehr schlimm?“ Ein wenig unbeholfen streichelt Carlotta über Sofies Hand. Sie fühlt sich eiskalt an.
    „Willst du’s uns nicht erzählen?“, fragt Manu. „Manchmal hilft das.“
    Sofie drückt das Papiertaschentuch zu einer kleinen, feuchten Kugel zusammen und seufzt. „Meine Maman muss operiert werden.“
    „Ach herrje!“, entfährt es Carlotta.
    „Mach dir keine Sorgen.“ Manu stupst Sofie aufmunternd an. „Es werden jeden Tag Leute operiert. Bestimmt ist deine Mutter bald wieder gesund. Was hat sie denn?“
    Sofie lässt sich Zeit mit der Antwort. Dann sagt sie so leise, dass die beiden sie kaum verstehen können: „Sie hat einen Tumor. Vielleicht ist es Krebs.“
    Manu schnappt hörbar nach Luft. Carlotta schluckt.
    „D-das … das hab ich nicht gewusst“, stammelt Manu erschrocken. „Entschuldige.“
    Sofie knetet das Taschentuch in ihrer Hand. „Die Ärzte wissen noch nicht, wie schlimm es ist. Das können sie erst nach der Operation sagen.“ Sie wirft den Kopf in den Nacken und starrt an die Decke. „Ich wünschte, ich bin zu Hause.“
    Sie klingt so verzweifelt, dass es Carlotta fast das Herz zuschnürt. In ihrer Kehle steckt ein dicker, unendlich schwerer Kummerkloß. Er rückt und rührt sich nicht von der Stelle, sosehr sie auch versucht, ihn herunterzuschlucken. Am liebsten würde sie weinen, aber das würde Sofie auch nichts nützen.
    „Wie können wir dir nur helfen?“
    Sofie hebt die Schultern und lässt sie wieder sinken. „Ihr könnt nichts tun. Niemand kann das.“
    „Aber es muss doch irgendwie möglich sein, dass du deine Mutter wenigstens besuchen kannst“, sagt Manu vorsichtig. „In dringenden Fällen kann man Sonderurlaub beantragen und nach Hause fahren.“
    Carlotta nickt zustimmend. „Am besten gehen wir alle zusammen zu Frau Heselein und reden mit ihr“, schlägt sie vor. „Und mit Herrn von Platen sprechen wir auch. Der ist Vertrauenslehrer und dafür zuständig, wenn jemand Kummer hat und Hilfe braucht.“
    „Und wenn das nicht klappt, geh ich persönlich zu Herrn Brönne“, sagt Manu entschlossen. „Wär doch gelacht, wenn ich den nicht rumkriegen würde!“ Dr. Julius Brönne ist der Internatsleiter von Prinzensee. Wegen ihrer Fehltritte sitzt Manu häufiger in seiner Sprechstunde, als ihr lieb ist. „Zur Not müssen wir streiken. Da machen bestimmt noch mehr aus unserer Klasse mit.“
    „Super Idee“, nickt Carlotta. „Wir streiken dafür, dass du Sonderurlaub bekommst. Das funktioniert garantiert!“
    „Ihr seid sehr lieb, aber ihr müsst wegen mir nicht streiken.“ Sofie zwingt sich zu einem Lächeln. „Madame Heselein hat lange mit meinem Papa gesprochen und anschließend mit mir. Ich kann sofort Sonderurlaub bekommen.“
    „Aber dann ist doch alles klar“, sagt Carlotta erleichtert. „Worauf wartest du noch? Pack sofort deinen Koffer! Sollen wir dir helfen? Du fährst gleich morgen nach Hause und bleibst so lange da, bis es deiner Mutter wieder besser geht. Den versäumten Unterrichtsstoff holst du locker nach.“
    „Das ist nicht das Problem“, sagt Sofie.
    Manu runzelt die Stirn. „Sondern?“
    Sofie steht auf und geht hin und her. „Meine Eltern wollen nicht, dass ich komme.“
    Carlotta glaubt, nicht richtig gehört zu haben. „Aber wieso?“, fragt sie.
    „Ich dürfte sofort abreisen, hat Frau Heselein gesagt. Mein Vater glaubt zwar, dass es nicht gut für mein Stipendium ist, aber das stimmt nicht. Es ist nur –“ Sofie seufzt.
    „Was denn noch?“, fragt Carlotta.
    Sofie bleibt stehen. „Wir haben nicht genug Geld für die Fahrt“, stößt sie hervor. „Mein Vater hat sein Restaurant geschlossen, damit er sich um meine Maman kümmern kann.

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