Interview mit einem Buchpiraten
eine Entscheidungshilfe für die Politiker.
sind wir nicht alle buchpiraten!?
DIENSTAG, 26. JUNI 2012
Dein Rechenbeispiel, dass auf 1 gekauftes Lesegerät nur 1,87 gekaufte Ebooks kommen, beeindruckt nicht jeden im Thread .
Ich kann daraus nicht die genaue Zahl der illegalen Ebooks ableiten, die zirkulieren. Ich denke mal, jedem leuchtet ein, dass es deutlich mehr als 2 Ebooks auf jedem Lesegerät gibt. Da Ebooks legaliter nicht getauscht werden dürfen, müssen es also illegale Ebooks sein.
Es wird eingewandt, dass es auch Freiexemplare von Amazon sein können.
Ich verstehe auch, dass niemand, der sich mit seinen Klardaten registriert hat, ein Bekenntnis zum illegalen Ebook abgibt - und sei seine Bibliothek noch so groß. Gut, glaub ich mal, dass die Bibliotheken nur aus Freiexemplaren bestehen. Aber gerade diese verschenkten Ebooks sind letztlich nur bemitleidenswerte Versuche der Autoren, Aufmerksamkeit zu bekommen. Sie sind für mich nichts anderes als Raubkopien.
Das kannst du doch nicht ernst meinen!?
Die Autoren verschenken ihre Werke. Aus freiem Willen? Da wird die moralische Höhenluft aber sehr dünn! Die Autoren werden von den Marktbedingungen dazu gezwungen, ihre Werke zu verschleudern. Ein höherer Preis ist nicht zu erzielen. Das ist wie Kinderarbeit! Die Kinder und die Autoren werden gewungen, zu Bedingungen zu arbeiten, die ein menschenwürdiges Leben unmöglich machen. Tolle Sache für die Leser, tolle Sache für die Käufer von H&M-Klamotten!!
Spielst du jetzt den Moralapostel?
Welche Rolle spielen denn die Buchpiraten wirklich? Wenn ich jetzt mal schätze, dass auf jedem Lesegerät 20 Ebooks drauf sind (zusätzlich zu 2 legalen und 3 'freien' Ebooks), dann kommst du auf recht beeindruckende Zahlen. Ach, und diese Ebooks sollen alle von uns sein!? Dann sieh dir mal die Klickzahlen an. Nicht ansatzweise findest du eine Entsprechnung. Der Ebooktausch wird völlig unterschlagen. Wenn du so willst, bin ich ein Großhändler, okay. Aber - wieder geschätzte - 90 % der Ebooks in den Bibliotheken stammen aus dem Tausch Leser zu Leser, nicht von den bösen Hostern.
Alles Piraten also!?
Selbstverständlich, was sonst!? Die Warezboards haben die Zirkulation zum Teil kanalisiert, aber dass der Zirkulationsfaktor selbst so hoch ist, hat mit der Dateigröße zu tun. Viele unserer Nutzer - wir haben sie ja angesprochen, weil uns ihr Downloadverhalten verdächtig war - sammeln und sammeln und sammeln. Ja wofür denn? Zum Lesen? Nein, da werden ganze Dörfer und Stadtteile per USB-Stick und Freundeskreise mit Mailanhängen versorgt. Das sind alles Hobbybibliothekare!? Und ich allein bin der böse Buchpirat!?
Kein Unterschied?
Ich will einfach mal aus meiner Sicht die Karten auf den Tisch legen. Wer gegen Buchpiraten vorgehen will, hat es mit Millionen von Leserkontakten zu tun. Es wird immer so getan, als seien es zwei Kreise: der kleine Kreis der kriminellen Buchpiraten und darum - in der juristischen Grauzone - der große Kreis der Leser. Es gibt große und kleine Buchpiraten, aber keine zwei Kreise!
buchpiraten - ignoriert sie einfach!
DONNERSTAG, 28. JUNI 2012
Die Meinungsführer bei den Buchkonferenzen wie Matthias Spielkamp fordern dazu auf, die Buchpiraten zu ignorieren.
Eine nationale Lobbyorganisation hat schlichtweg nicht die Macht, ihre Interessen gegen das Netz durchzusetzen.
Haben sie den Kampf gegen die Piraterie aufgegeben?
Doch, das denke ich schon. Es war ja auch nur ein Kampf der Worte. Gut, ich musste mal den ein oder anderen Link erneuern, aber in letzter Zeit hat selbst das aufgehört. Es hat sich wohl rumgesprochen, dass sich dieses Geld sinnvoller einsetzen lässt. Einen richtigen Kampf hat es gegen die Ebook Piraten nicht gegeben.
Warum nicht?
Jetzt mal von technischen Unterschieden abgesehen, gehören wir eben nicht zur Organisierten Kriminalität. Wir kommen nicht von außen - das ist kein Zubrot zu Mädchenhandel und Drogendeals. Wir sind genauso Leser wie alle anderen - aber jedenfalls keine russischen Mafiosi. Wenn du also alle Mittel einsetzt, um denjenigen zu erwischen, der erwischt werden will, dann kannst du jemanden vorführen, der vermutlich mittellos ist oder dir publicitymäßig wenig nützt, weil er immer nur draufgezahlt hat für sein Hobby. Wir sind nicht Kino.to. Das hat aber ernsthaft auch niemand angenommen, vermute ich mal.
Aber einen aussichtlosen Kampf nicht zu führen, ist ja eine Sache. Euch zu ignorieren ein
Weitere Kostenlose Bücher