Intimitaet und Verlangen
diese Methode nicht funktioniert.«
Kitzligkeit heilen
Kürzlich fand ich eine Notiz aus dem Jahre 1994 wieder. Ich hatte mir schon damals aufgeschrieben, wie ich bis heute Kitzligkeit heile; dies schlieÃt ein, dass ich sie grundsätzlich als kokonstruiertes interpersonales System verstehe. (Was das ist, erkläre ich gleich.) Nach der Notiz zu schlieÃen behandelte ich Kitzligkeit damals schon seit über einem Jahrzehnt, und die Methode, die ich dazu benutzte, war »so effizient und zuverlässig, dass sich der Zustand aller Klienten, dieich auf diese Weise behandelte, deutlich besserte. Seither habe ich mit Hunderten von Paaren auf diese Weise gearbeitet, und die Methode hat nie versagt.« Das war im Jahre 1994, und der damals dokumentierte Rekord hält (unberufen!) bis heute an.
Kitzligkeit und Gehirn
Neurobiologen, Sozialpsychologen und Menschen, die sich gern fesseln lassen und sich dann einer »Kitzelfolter« unterziehen, haben sich ebenfalls mit dem Phänomen des Kitzelns befasst. Mit Hilfe der neuesten Gehirnscanner lässt sich dokumentieren, wie die Empfindung des Kitzelns in unserem Nervensystem zustande kommt. Das Gehirn verfolgt permanent Position und Bewegungen des Körpers, denn das Gehirn von Säugetieren verstärkt die Reaktionen ihres eigenen Körpers. Unser Gehirn erzeugt eine »Landkarte« von Kommandos, die wir an unsere Muskeln übermitteln, und es »rechnet« diese aus allen anderen Empfindungen »heraus«, um festzustellen, ob wir von jemand anderem berührt werden.
Wenn es um Berührungen geht, trifft unser Gehirn wichtige Unterscheidungen zwischen »selbst« (eigenem) und »anderem«. Dieser Unterschied ist das Fundament aller Kitzligkeit. 3 Die Tatsache, dass unsere Vorfahren schnell erkennen konnten, dass sie von einem Tier, einem Käfer oder einem Objekt berührt wurden, erhöhte ihre Ãberlebenschancen. Besonders wichtige Körperteile sind besonders kitzlig (FüÃe, Brust und Achselhöhlen).
Weil unser Gehirn zwischen »selbst« und »anderem« unterscheidet, können wir uns nicht selbst kitzeln. Das ist nicht nur deshalb unmöglich, weil wir wissen, dass wir dies tun, und weil wir uns nicht selbst ȟberfallen« können. Der Grund ist auÃerdem, dass unser Gehirn die neurologischen Vorgänge registriert. Man hat festgestellt, dass das Gehirn eines Menschen Bewegungen, die er selbst produziert hat, »nicht berechnet«, und dass der Kitzelreflex umso massiver wird, je stärker wir eine bestimmte Berührung als »Das bin nicht ich, der mich da berührt« registrieren. Grundsätzlich setzt Kitzeln voraus, dass zwei Personen daran beteiligt sind.
Aber Kitzligkeit ist nicht nur eine unwillkürliche neurologische Reaktion, sondern das Phänomen gewinnt durch den Einfluss des Präfrontalkortex an Komplexität. Dieser reichert die Kitzligkeit mit unterschiedlichen »Geschmäckern« an, die von »unerträglich« über »unangenehm« bis hin zu »anregend« oder sogar »geil« reichen. Uns liegen mittlerweile Untersuchungen vor, denen zufolgeKitzligkeit mit Aktivitäten in Bereichen des Gehirns verbunden ist, die Gedanken, Emotionen, Schmerz, Handeln und das Spiegeln des Geistes anderer Menschen einschlieÃen. 4
»Was Ihr Partner im Sinn hat«, ist sehr wichtig dafür, ob Sie kitzlig werden oder nicht. Gekitzelt zu werden kann man als lustvoll, aber auch als Bestrafung erleben. Kitzeln ist eine Art, in einer Beziehung Macht zu demonstrieren, was alle Primaten gern tun. Insbesondere Schimpansen kitzeln einander gerne.
Kitzligkeit »schützt« uns vor unerwünschten Berührungen, aber andererseits kann Kitzeln auch unser Grundbedürfnis, berührt zu werden, befriedigen. Wahrscheinlich ist Kitzeln ein soziales und sexuelles Verhalten des Menschen, das sich im Laufe der Evolution herausgebildet hat. Eltern kitzeln ihre Kinder, Liebende kitzeln einander, doch Fremde kitzelt man nicht. Wahrscheinlich sind wir eher kitzlig, wenn uns eine Person des anderen Geschlechts berührt. Das ist deshalb so, weil wir Lebewesen sind, die Bedeutungen produzieren.
Kitzligkeit ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie der Präfrontalkortex des Menschen archaische physiologische Selbstschutzmechanismen des Gehirns okkupiert und sie für komplexere Kämpfe um den »Selbst«-Schutz »umgenutzt« hat. Viele Aspekte des
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