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Intimitaet und Verlangen

Intimitaet und Verlangen

Titel: Intimitaet und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schnarch
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empfindlich. Sei vorsichtig mit mir.
    Ãœber Sex zu reden war für Colleen eine heikle Angelegenheit. Sie befand sicheindeutig in einer Verteidigungshaltung. Anthony war es peinlich, dass er enthaltsam lebte. Die Allianz zwischen den beiden zerbrach beim ersten Anzeichen von Verdruss.
    Manche Paare genießen es, einander zu kitzeln, und sie machen daraus ein wundervolles »Fangen«-Spiel. Allerdings gilt das nicht für Partner wie Colleen und Anthony. Ihnen war nicht klar, dass es ihrer Beziehung zugutekommen könnte, wenn es ihnen gelänge, etwas gegen Colleens Kitzligkeit zu tun. Colleen klagte: »Anthony hat mich gestern Abend gekitzelt, und ich bin wirklich extrem kitzlig. Obwohl er mich kaum berührt hat, fing ich an, hysterisch zu lachen.«
    Anthony erwiderte in herablassendem Ton. »Du musst aufhören, dich so hysterisch zu benehmen. Beruhige dich einfach.«
    Nun wurde Colleen lauter. »Das kann ich nicht! Wenn du mich kitzelst, verfalle ich in Panik. Das Kitzeln versetzt mich in eine Art ängstlichen, überreizten Zustand. Ich habe dann das Gefühl, verrückt zu werden.« Sie suchte meine Unterstützung, indem sie wehleidig hinzufügte: »Es irritiert mich fürchterlich, wenn Anthony mich kitzelt. Wenn ich in der richtigen Stimmung bin, kann ich damit umgehen, allerdings nicht sehr lange. Ich werde dann defensiv und bekomme eine Gänsehaut. Einmal habe ich ihm zu demonstrieren versucht, wie unangenehm es sich anfühlt, wenn man gekitzelt wird, aber das ist mir nicht gelungen. Anthony kitzeln zu wollen ist, als würde man versuchen, einen Stein zu kitzeln.«
    Anthony erwiderte in spöttischem Ton: »Ich war auch sehr kitzlig, bis ich 13 Jahre alt wurde. Dann nahm ich mir vor, nie mehr kitzlig zu sein. Das hat funktioniert. Ich habe mich einfach dafür entschieden. Genauso habe ich eine gute Schmerztoleranz entwickelt. Und wenn mir das gelungen ist, kann sie es auch. Ich weiß, dass sie sehr stark ist. Sie zeigt es nur nicht.«
    Ich fragte Anthony: »Warum haben Sie sich dafür entschieden, nicht mehr kitzlig zu sein?«
    Â»In meiner Familie war es üblich, ein Familienmitglied festzuhalten und so lange zu kitzeln, bis es sich in die Hose machte. Die anderen Familienmitglieder haben meiner Mutter in solchen Situationen geholfen, weil sie der Boss war und nur einen Arm hatte. Mein Vater hat auch oft mitgemacht. Weil ich der Jüngste unter uns Geschwistern war, haben die anderen sich mich ziemlich oft vorgeknöpft.« Mir kam die Frage in den Sinn, ob Anthonys Lebensskript vielleicht lautete: »Ihr werdet mich nicht unterkriegen!«
    Â»Ihr Leben war schwierig, weil Sie sehr kitzlig waren, und Sie kommen aus einer Familie, in der jeder jeden kitzelte.«
    Colleen warf ein: »Ich glaube, dass in ziemlich vielen Familien gekitzelt wird. Auch ich bin in meiner Familie gekitzelt worden, so weit ich mich zurückerinnern kann, aber ich kann es trotzdem immer noch nicht ertragen. Ich bin am ganzen Körper kitzlig.«
    Â»Dann haben Sie und Ihr Mann zumindest zwei Dinge gemeinsam.«
    Â»Lassen Sie mich raten.« An der Ausdruckslosigkeit von Colleens Gesicht merkte ich, dass zwischen uns keine kollaborative Allianz bestand. »Unsere Familien kitzeln beide gerne. Was ist die andere Gemeinsamkeit?«
    Â»Sie geben beide beim ersten Anzeichen von Problemen Ihre Allianz auf.« Colleen setzte sich aufrecht hin und schaute mich neugierig an.
    Anthony fragte: »Meinen Sie, dass wir keinen Sex haben, weil es in unseren Familien üblich ist, einander zu kitzeln?« Sein Gesichtsausdruck sagte: »Worüber zum Teufel reden Sie? Warum sprechen wir über dieses Thema?«
    Â»Ich bin mir nicht sicher, ob die Tatsache, dass Sie keinen Sex haben, etwas mit der Kitzligkeit zu tun hat. Aber sollte das der Fall sein, ist das Fallenlassen der Allianz mit Ihrem Partner wahrscheinlich ein wichtiger Teil Ihres Problems.«
    Â»Haben wir deshalb keinen Sex?«
    Â»Bei einigen meiner Klienten war das jedenfalls so.«
    Â»Funktioniert diese Methode?« Anthonys Stimme klang, als ob er zweifeln würde.
    Â»Wenn ich versucht habe, Kitzligkeit zu heilen, hat das bisher immer geklappt.«
    Anthony schaute mich scharf an. »Es ist nie schiefgegangen?«
    Â»Nein, ehrlich nicht.«
    Colleen schoss hoch. Anthony wirkte immer noch sehr skeptisch.
    Â»Ich könnte auch sagen: Vielleicht sind Sie ja die Ersten, bei denen

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