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Intimitaet und Verlangen

Intimitaet und Verlangen

Titel: Intimitaet und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schnarch
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durch Eröffnung eines zweiten Ladens zu vergrößern. Colleen hingegen wollte es lieber bei einem Laden belassen, weil sie fürchtete, sie könnten den bisherigen Erfolg des Unternehmens aufs Spiel setzen. Trotzdem war Anthony entschlossen, seinen Plan zu verwirklichen. Ohne Rücksicht darauf, dass ihr gesamter persönlicher Besitz ihnen gemeinsam gehörte, und obwohl Colleen laut Vertrag Eigentümerin der Hälfte ihres gemeinsamen Unternehmens war, besorgte sich Anthony einen Geschäftskredit, und Colleen trug ihn mit, indem sie, wenn auch unwillig, ihre Unterschrift unter den Vertrag setzte.
    Colleen fühlte sich verletzlich, weil sie sich nicht schützen konnte. Sie hatte in Anthonys Vorhaben eingewilligt, weil er klar und deutlich gesagt hatte: »Wenn du mich liebst, musst du mir vertrauen. Setze auf mich. Habe ich uns nicht schon ziemlich weit gebracht? Vertraue mir.«
    Ganz ähnlich war es zwischen ihnen auch im Bett. Colleen hatte das Gefühl, beim Sex die Kontrolle über sich zu verlieren. Es kam ihr vor, als erwarte Anthony von ihr, dass sie sich ihm völlig überantwortete. Ihr war, als ob Anthony sie berühren würde, wo und wann immer er wollte, ohne sich darum zu kümmern, ob ihr dies gerade passte oder nicht. Ihre Kitzligkeit zu überwinden und die Berührung zu genießen, war einzig und allein ihre Sache.
    Andere Möglichkeiten, Kitzligkeit zu verstehen
    Absichtliches gemeinsames Hervorrufen von Kitzligkeit gibt Aufschluss darüber, wie dies spontan vonstattengeht. Dazu müssen Sie mit Ihrem Partner spielen: »Ich werde dich jetzt kitzeln!«
    Die zentralen Dynamiken des Kitzelns sind Kontrolle und Machtlosigkeit. Beim Kitzeln lassen sich zwei grundverschiedene Rollen unterscheiden: die des Kitzelnden und die des Gekitzelten. Ersterer versucht Letzteren so zu berühren, dass dieser sich gegen die Berührung nicht wehren kann. Und der Gekitzelte bemüht sich, die Kontrolle darüber, was mit ihm geschieht, wiederzuerlangen. Selbst wenn Sie sich klarmachen, dass Sie dies jetzt gerade tun, um etwas zu lernen, lösen Sie bei Ihrem Partner wahrscheinlich den Reflex der Kitzligkeit aus, sofern Sie sich dabei wirklich Mühe geben.
    Paare setzen diese Dynamik, ohne es zu merken, beim Sex in Gang – und kämpfen dann mit der Kitzligkeit –, wenn sie sich in der – wie ich es nenne – »Geisteshaltung des Gebenden, der die Kontrolle hat« befinden. Der »Gebende« (bei heterosexuellen Paaren gewöhnlich der Mann) hat die Aufgabe, dem »Empfangenden« zu Gefallen zu sein. Der Empfangende hingegen soll dem Gebenden eine überragende sexuelle Leistungsfähigkeit attestieren. Er fühlt sich verpflichtet, »Oooooh«- und »Aaaaa«-Laute zu produzieren und keinerlei Unzufriedenheit zu zeigen. Das gespiegelte Selbstempfinden des Gebenden überwacht den Empfangenden wie ein Falke. Wenn Sie zur Kitzligkeit tendieren, aktiviert die Geisteshaltung des »Gebenden, der die Kontrolle hat«, den Kitzelreflex, weil sie es wahrscheinlich macht, dass Sie das Gefühl bekommen, die Kontrolle über sich selbst zu verlieren.
    Charles Darwin war der Auffassung, Kitzligkeit trete auf, wenn jemand nicht genau voraussagen könne, wann eine Berührung erfolgt, oder wenn er keinen Einfluss darauf habe. Mittlerweile wurde experimentell nachgewiesen, dass er damit richtig lag: Wenn Sie Berührungen von einem ferngesteuerten Roboter ausführen lassen, der nicht genau das tut, was Sie ihm auftragen, können Sie sich selbst kitzeln. Dies geschieht neurologisch auf einer Ebene, die den Teil des Gehirns, der denkt, umgeht. Doch Partner brauchen keinen Roboter, um dies zu verifizieren, weil sie einander haben.
    Â»Du wirst angegriffen! Ich werde dich erwischen, und du kannst mich nicht daran hindern!«
    Zur Kitzligkeit gehört auch, dass Sie einen Angriff kommen sehen, ohne dass Sie gleichzeitig eine echte physische Bedrohung wahrnehmen. Sie werden körperlich angegriffen; der Angriff ist zwar nur vorgetäuscht, aber ein Angriff ist es trotzdem. Wenn Sie die Berührung nicht als Grenzverletzung oder Angriff wahrnehmen, reagieren Sie wesentlich weniger kitzlig. Es kann aber auch sein, dass Sie schon kitzlig werden, bevor Ihr Partner Sie überhaupt berührt hat. Es reicht völlig aus zu glauben , ein Angriff stehe unmittelbar bevor.
    Mentales Spiegeln spielt bei der Kokonstruktion von

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