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Intimitaet und Verlangen

Intimitaet und Verlangen

Titel: Intimitaet und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schnarch
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Kitzligkeit eine sehr wichtige Rolle. Beim »Kitzelspiel« muss Ihr Partner denken: »Ich werde dich erwischen, und du kannst mich nicht daran hindern.« Je stärker Ihr Gefühl, die Kontrolle über sich selbst zu haben, vom mentalen Zustand Ihres Partners abhängig ist und je eindeutiger Ihr Partner die Einstellung hat, »Wenn du mich liebst, musst du zulassen, dass ich mit dir anstelle, was immer ich will« , umso eher fühlen Sie sich kitzlig.
    Besonders kitzlige Menschen sind keineswegs »Kontrollfreaks«. (Diesen Denkfehler machen oft besonders kitzlige Menschen und ihre Partner.) Kitzlige Menschen wollen nicht unbedingt immer alles kontrollieren. Ihnen reicht es, die Kontrolle darüber zu haben, was mit ihnen geschieht. Daran ist nichts Merkwürdiges. Für meine Klienten ist es besser, wenn sie so über sich selbst denken. Die Begründung dafür ist ein Theorem, das ich bereits früher erwähnt habe: Menschen, die sich nicht kontrollieren (ihre Angst nicht regulieren) können, kontrollieren alles und jeden in ihrer Umgebung.
    Kitzligkeit als Sklaverei und Folter
    Bei »gutem« und »schlechtem« Kitzeln werden im Gehirn wahrscheinlich ähnliche Rezeptoren angesprochen. Ein Unterschied zwischen beiden Arten des Kitzelns besteht darin, wie die für das Denken wichtigen Gehirnareale das Signal deuten. Im übrigen tritt bei positiven und negativen Kitzelempfindungen die gleiche »Kontrollverlust«-Dynamik in Aktion. Die Bedeutung des Kontrollverlusts zum betreffenden Zeitpunkt entscheidet darüber, ob das Kitzeln als positiv oder negativ erlebt wird.
    In diesem Zusammenhang spielen das persönliche Erleben eines Menschen und seine Familiengeschichte eine wichtige Rolle. Bedenken Sie, dass in Anthonys Familie alle Familienmitglieder über eines herfielen und es so lange kitzelten, bis es die Kontrolle über seine Blase verlor. Bei dieser Art zu kitzeln geht es um etwas Dunkleres als beim »Kitzelspiel«, nämlich um einen echten Angriff. WennSie jemanden wiederholt so lange kitzeln, bis er die Kontrolle über seinen Körper verliert und sich in die Hose macht, können Sie den Betreffenden ungeheuer quälen. In manchen Familien ist diese Art von Sadismus »Normalität«.
    Menschen, die das Kitzeln als eine Art stilisierter Folter verstehen und schätzen, sprechen oft von der »Bindung« zwischen Kitzelndem und Gekitzeltem. Vielleicht besteht zwischen beiden tatsächlich eine Allianz – allerdings zumindest nach meinen Erfahrungen keine kollaborative: Erotische Geschichten, die von und für Menschen mit einer Vorliebe für Kitzeln bzw. Gekitzeltwerden geschrieben werden, stellen Rache, das Finden und Ausnutzen von Schwachpunkten und das »Kitzeln, bis jemand es nicht mehr aushalten kann« in den Vordergrund.
    In manchen Familien ist es beliebt, anderen Familienmitgliedern Schmerz zuzufügen und dann zuzuschauen, wie die Betreffenden leiden. Sie sind es sich selbst und Ihrem Partner schuldig, sich darüber klar zu werden, ob auch Sie diese Vorliebe haben.
    Schützen Sie Ihren Geist, damit andere ihn nicht spiegeln können?
    Eine weitere Auswirkung von Anthonys Kindheit war, dass es für andere Menschen schwierig war, zu lesen, was in seinen Geist vor sich ging. In seiner familiären Umgebung hatte er gelernt, seinen Geist abzuschirmen. Unglücklicherweise trug auch dies zu Colleens Kitzligkeit und zur Schwächung ihres Verlangens bei. Sie spiegelte seine Versuche, sie abzuwehren, und dadurch wurde ihr Täuschungsdetektor aktiviert.
    Menschen aus Familien, in denen emotionaler Missbrauch vorherrscht, haben gewöhnlich folgende Eigenschaften: Mit ihrem gut entwickelten Radar beobachten sie andere ständig auf das Auftauchen von Anzeichen für Probleme hin. Außerdem schirmen sie ständig ihren Geist ab, um selbst nicht gespiegelt zu werden. Oft werden sie zudem so stark von Ängsten geplagt, dass ihnen selbst gar nicht auffällt, wie ängstlich sie sind. Ihr Radar arbeitet unablässig auf höchster Leistungsstufe – auch (und sogar insbesondere) dann, wenn sie den Eindruck erwecken, ihre Umgebung gar nicht bewusst wahrzunehmen. Sich selbst gegenüber sind sie praktisch blind, weil ihr leistungsfähiger Radar konsequent nach außen gerichtet ist.
    Anthony ließ kaum Informationen über sich nach außen dringen und wehrte alle Fragen, mit denen ich ihm auf

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