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Intruder 1

Intruder 1

Titel: Intruder 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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weinerlichem Ton: »Das ist gemein.«
    »Was ist gemein?«, wollte Frank wissen, ohne Mike dabei aus den Augen zu lassen. Auf seinem Gesicht lag immer noch dieser sonderbare Ausdruck. Mike spürte etwas wie eine flüchtige Berührung zwischen den Schulterblättern, aber er widerstand der Versuchung, sich umzudrehen. Der Junge war nicht da! Er konnte gar nicht da sein, weil er nämlich gar nicht existierte außer in seiner durchgeknallten Fantasie.
    »Das wird ein kleines Touristen- und Informationszentrum«, antwortete Stefan. »Die Eröffnung ist in einer Woche.« Er drehte sich zu ihnen um und grinste. »Warten wir so lange?«
    »Sehr komisch«, knurrte Frank.
    Er deutete auf einen schmalen, mit unregelmäßigen Bruchsteinen gepflasterten Weg, der hinter dem Haus verschwand. »Wo geht's denn da lang?«
    »Finden wir es doch heraus«, schlug Mike vor.
    Frank blinzelte verwirrt. Schließlich wusste er, dass Mike Spaziergänge regelrecht hasste und sich im Übrigen für nordamerikanische Indianerkultur nicht die Bohne interessierte. Es ging Mike jedoch gar nicht um die Geheimnisse, die sich hinter dem Haus verbergen mochten. Es ging ihm um das, was sich im Wald hinter ihm verbarg. Ohne eine Antwort abzuwarten, stieß er sich von seiner Maschine ab und ging mit schnellen Schritten los.
    Der Weg führte ein kurzes Stück in den Wald hinein und gabelte sich dann. Ein auf einem meterhohen Pflock angebrachtes Schild erklärte (wie Frank vorlas), dass es links zur Indianersiedlung ging und rechts zu einer Schlucht, in der sich außer einem alten Indianerfriedhof irgendein Zeremonien-platz befand.
    »Ein Friedhof«, spottete Stefan. »Wie unheimlich. Traut ihr euch hin, oder habt ihr Angst vor Geistern?«
    Das »ihr« war vollkommen überflüssig. Mike wusste, dass die Worte einzig und allein ihm galten. Er schoss einen wütenden Blick in Stefans Richtung ab, drehte sich auf dem Absatz um und marschierte nach rechts.
    Stefan lachte leise, während Frank sich beeilte, zu ihm aufzuschließen.
    »Manchmal kann er ein richtiges Arschloch sein«, murmelte er.
    Mike antwortete nicht. Frank hatte Recht, aber dasselbe galt auch für ihn selbst und Frank. Das war das Problem, wenn man eine Freundschaft auf der hart-aber-herzlich Ebene pflegte: Man überschritt manchmal Grenzen, die nicht klar definiert, aber dennoch vorhanden waren.
    Frank zog seinen Fotoapparat hervor und begann im Gehen einen neuen Film einzulegen. »Hoffentlich lohnt sich die Mühe überhaupt«, sagte er. »Das letzte Stück Weg war wirklich hart.
    Ich war nicht sicher, ob es wirklich eine gute Idee war, sich daran zu wagen.«
    »Ich bin nun mal kein Motocross-Fahrer«, verteidigte sich Mike.
    Frank klappte seinen Apparat zu und sah ihn verblüfft an.
    »Habe ich du gesagt?«, fragte er. »Ich wollte dir gerade ein Kompliment machen, aber wenn du es nicht hören willst ...«
    »Entschuldige«, murmelte Mike. Er hätte sich selbst ohrfeigen können. Franks Worte waren aufrichtig gemeint gewesen. Allem Anschein nach war ein Teil von ihm wirklich wild entschlossen, ihnen allen den Tag zu verderben.
    »Entschuldige bitte«, sagte er noch einmal. »Ich bin heute ...
    einfach nicht gut drauf. Am besten, du nimmst mich nicht ernst.«
    »Hast du das Gefühl, dass ich das schon jemals getan hätte?«, erkundigte sich Frank.
    »Blödmann«, antwortete Mike.
    Sie lachten; ein kurzer, nicht gänzlich befreiender Laut, der die Spannung aber zumindest wieder auf ein erträgliches Maß senkte. Frank schüttelte den Kopf und fummelte im Gehen weiter an seinem Fotoapparat herum. Sie beschleunigten ihre Schritte ein wenig. So schön es hier war, keiner von ihnen wollte den Einbruch der Dunkelheit auf diesem abgelegenen Flecken Erde erleben.
    Der Weg machte einen scharfen Knick und ging dann in eine teils natürlich entstandene, teils gemauerte Steintreppe über, die in einen schmalen Canyon hinabführte, der weniger als zwanzig Meter tief, allem Anschein nach aber sehr lang war.
    Mike schwindelte ein wenig, als er sah, wie steil die Treppe in die Tiefe führte, aber Frank stieß einen begeisterten Laut aus und hob seinen Fotoapparat. Mike hoffte insgeheim, dass er mindestens dreihundert Bilder machen und dann umkehren würde, ohne in diese verflixte Schlucht hinunterzusteigen.
    Frank machte genau drei Aufnahmen, dann steckte er den Apparat wieder ein und begann mit einem Geschick die Treppe hinunterzuturnen, dass Mike vor Neid erblasste. Er selbst folgte ihm weit weniger schnell

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