Intrusion
gemacht?«
»Nein, Sir. Eher aus den üblichen Zutaten, glaube ich.« Der Bilderrahmen. »Aaah! Aber … also, allmählich dämmert mir, worauf Sie hinauswollen, auch wenn das Ganze nicht viel Sinn ergibt.«
Mister Gorr nahm Adens Handgelenk, drehte die Innenseite nach oben und starrte sie an. Irgendetwas schien ihn zu beunruhigen. »Geht’s wieder besser?«, erkundigte er sich.
»Yeah. Jawohl, Sir. Ich glaube schon.«
Mister Gorr warf einen besorgten Blick durch die offene Küchentür, zu seinem Sohn und seiner Gemahlin, die dem Gespräch ängstlich lauschten. Er gab Aden durch einen Wink zu verstehen, ihm zu folgen, und ging mit plumpen, weit ausholenden Schritten auf die Treppe zu.
Am unteren Ende der Stufen blieb Aden stehen, weil ihm etwas ins Auge fiel, das er auf dem Weg ins Erdgeschoss übersehen hatte. Es war ein weiteres Bild, diesmal eine sehr naturgetreue Zeichnung in einem kleinen Glaskasten. Die Skizze stellte seinen Großvater dar. Herbert Keenan. Er betrachtete sie aus der Nähe, um ganz sicherzugehen, ehe er sie von der Wand nahm und in einer der Riesentaschen seiner Hose versteckte.
Im Bad angekommen, unterzog Mister Gorr die gerahmte Leinwand in der Wanne einer sehr gründlichen Prüfung. Er fuhr mit dem Daumen über den leeren, blutrot gesäumten Fleck. Seine Blicke wanderten immer wieder zwischen Aden und der Leinwand hin und her. Langsam und schwerfällig verglich er Adens Größe mit der Leinwandhöhe und runzelte die Stirn angesichts des Unterschieds. Aden war größer als der Rahmen. Dabei ging er sehr sorgsam mit Aden um, als befürchtete er, etwas ungemein Kostbares zu beschädigen. Hin und wieder murmelte er erstaunt: »Ganz der Bart des Alten«, oder: »Ganz die Augen des Alten.«
Irgendwann packte Mister Gorr Aden an den Schultern, schob ihn zu dem leeren Bild, das er an die Wand gelehnt hatte, und presste ihn gegen den Rahmen, bis sich die harte Oberkante in seinen Bauch grub. Aden stützte sich mit beiden Händen an der Wand ab, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. »Sachte, Großer«, sagte er. »Das wird nicht klappen, wenn ich Ihre Absicht recht verstehe. Mann, nun kriegen Sie sich wieder ein!«
»Hrm«, knurrte Mister Gorr und schob noch etwas kräftiger. Er drückte Adens Kopf nach unten, als versuchte er, ihn auf das richtige Maß zu verkleinern. Aden ließ sich das gefallen, bis seine Halswirbel knirschten. »Hey!«, fauchte er. »Lass das, du Arschloch!« Er fiel gegen die Wand und stieß den Rahmen mit den Knien zur Seite, als er sich aus Mister Gorrs Pranken losriss.
Mister Gorr betrachtete ihn mit nachdenklich gerunzelter Stirn. Eine Minute lang herrschte Stille. Dann beugte sich der Koloss zu Adens Verblüffung über den Wannenrand, schlug beide Hände vor das Gesicht und begann bitterlich zu weinen. Gewaltige Schluchzer erschütterten seinen massigen Körper. Aden dachte an einen Anfall, bis er die Tränen durch Mister Gorrs Finger laufen sah. »Beileid«, sagte Aden. »Aber wofür eigentlich?«
»’stagsgeschenk«, klagte Mister Gorr und stieß mit dem Finger in Richtung Leinwand.
»Geburtstag?«
Mister Gorr riss die Augen weit auf, als hätte Aden seiner tiefen Seelennot Ausdruck verliehen. »Für Putricia. Hochzeitstag. Morgen. Wollte ihr das Bild schenken. Gemälde von dir .«
»Oh!« Aden kratzte sich am Kopf, weil er nicht recht wusste, was er sagen sollte. »Teuer?«
Mister Gorr schüttelte den Kopf. Ein Funke Humor blitzte in seinen feuchten Augen auf. »Geklaut«, gestand er. »Erst letzte Nacht. Von … du weißt schon … von dieser Frau, die Bilder malt. Wie heißt sie gleich? Muse. Corbert sagte, dass sie ihre Gemälde im Keller aufbewahrt. Also trat ich die Tür ein. Hält sich einen Vampir da unten, ehrlich, ich schwör’s. Hat mich gebissen, der kleine Mistkerl.« Er wies mit dem Daumen auf eine kleine Wunde an der Schulter, die gut eine Biss-Spur sein konnte. »Aber dem haben wir’s gegeben!« Mister Gorr demonstrierte einen rechten Aufwärtshaken und deutete ein Rückwärtstaumeln an. Aus der Tiefe seines Bauches drang rumpelndes Gelächter. Er seufzte. Wieder zogen ein paar Tränen Furchen durch die getrocknete Soße auf Wangen und Hals.
Aden fuhr mit einer Hand über die Leinwand, die bis auf die Blutspuren an den Rändern leer war. »Also, ich hätte da eine Idee.«
»Ähm?«
»Schon mal dran gedacht, dass Sie was malen könnten? Auf die weiße Fläche? Müsste irgendwie mit Blut zu tun haben, damit es zu dem Geklecker da
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