Invasion - Die Ehre des Clans - Ringo, J: Invasion - Die Ehre des Clans - Honor of the Clan
sogar für einen kurzfristigen Einsatz nach Adenast holen müssen. Sie überschlug die Kosten für den besten und den ungünstigsten Fall und kam zu dem Schluss, dass die Aufgabe nicht zu lösen war. Wenn der diplomatische Einsatz ihres Großvaters auf Barwhon ein hundertprozentiger Erfolg war, könnte es ihm vielleicht gelingen, die Beziehungen mit wenigstens einem der größeren Clans auf Adenast wieder ins Reine zu bringen. Der Koolanai-Clan, der sie großgezogen hatte, war ihr gegenüber insgesamt recht positiv eingestellt. Vernünftigerweise waren sie der Ansicht, dass ihre hervorragenden Leistungen ein gutes Licht auf den Clan warfen und ihm Ehre eintrugen. Zumindest waren sie einmal dieser Meinung gewesen. Wenn der Ruf von Clan O’Neal wiederhergestellt wurde, konnten sie daraus großen Vorteil ziehen. Und im Übrigen stellten sie ein Viertel ihrer Arbeitskräfte.
Ihr eigentliches Problem war Clan Roolnai. Sie hatten einen großen Teil ihres persönlichen Rufs auf die Zusammenarbeit mit Menschen gesetzt, auch wenn diese nur verdeckt über die Bane Sidhe erfolgte, und waren wütend darüber, dass die öffentliche Meinung jetzt beinahe einhellig davon überzeugt schien, dass die Menschheit insgesamt völlig und unwiderruflich dem Wahnsinn verfallen war.
Seit 2047 hatte sie ihre Roolnai-Werker mit der Kraft ihrer Persönlichkeit, ihrem starken Willen und mit Großzügigkeit gegenüber den an ihrem Projekt beteiligten Brutgruppen halten können. Eben diese Großzügigkeit hatte sie jedoch davon abgehalten, Roolnai-Familien durch Koolanai-Familien zu ersetzen, als einige Projekte abgeschlossen und neue an ihre Stelle getreten waren.
Alles lief darauf hinaus, dass sie erledigt war, wenn die Indowy Roolnai nicht ein wenig nachgaben. Das würde sie
vielleicht nicht gerade das Leben kosten, sie aber in eine so wenig beneidenswerte Schuldenposition bringen, dass sie sich den Rest des Lebens ihre Projekte nicht mehr würde nach Wunsch aussuchen können – eine Situation, an der sie immerhin hart gearbeitet hatte. Sie würde jedwedes Projekt übernehmen müssen, das ihr kurzfristigen Profit einbrachte, sozusagen die Brosamen, die von den Tischen der Darhel fielen.
Doch wenn Großvater der Ansicht war, dass es für den Clan nützlich sei, würde sie sich langsam, aber stetig wieder hocharbeiten können, so langsam freilich, dass selbst ein Mentat wie sie die Geduld verlieren konnte. Und dazu würde sie die Kredite benutzen, die sie für die O’Neals gewonnen hatte, indem sie die Codeschlüssel der Stufe neun verkauft hatte.
Zuerst das Naheliegende versuchen, dachte sie und widerstand der Versuchung, sich gegen die Stirn zu schlagen. Sie ging durch die ganze Baustelle und benutzte dabei die Transitbänder, um die gewaltige Distanz zu überwinden, bis sie schließlich neben Iltai Haalani stand. »Ich übernehme diese Aufgabe. Bitte grüße den Indowy Roolnai und übermittle ihm meine untertänige Bitte, sich mit mir in einer Angelegenheit von großer Wichtigkeit für seinen Clan zu treffen.«
»Indowy Roolnai, ich sehe dich«, sagte sie und richtete sich in einer fließenden Bewegung zum Stehen auf.
Sie war ernsthaft besorgt gewesen, dass er nicht kommen würde. Das wäre ein Hinweis auf ihren völligen Ruin gewesen.
Iltai Haalani hatte das Clanoberhaupt zur Baustelle begleitet, und da die beiden Indowy an dem Ende hereingekommen waren, wo sie die Arbeiten überwacht hatte, hatte er sofort die Kontrolle der Tanks übernehmen können und ihr damit ermöglicht, das Gespräch mit dem Clanoberhaupt zu führen.
»Mensch Michelle O’Neal, ich sehe dich«, erwiderte Roolnai höflich. Seinem von grünem Pelz bedeckten Gesicht war dabei keinerlei Ausdruck anzumerken.
»Es ist sehr liebenswürdig, dass du mich persönlich aufsuchst. Ich weiß das zu schätzen«, sagte sie.
Der Indowy senkte dankend den Kopf, eine Geste, die beiden Spezies gemeinsam war. »Da ich dich kenne, bin ich sicher, dass du in keinem Fall eine Angelegenheit als für meinen Clan wichtig darstellen würdest, wenn es nicht so wäre.«
Das war eine Warnung. Er war bereit ihr zuzuhören, aber nicht günstig gestimmt und auch nicht geneigt, dem Gespräch viel Zeit zu widmen. »Ich stelle fest, dass die Werker an diesen Projekten heute abwesend sind«, erklärte Michelle und kam damit sofort zum Kern des Problems.
»Hast du anderes erwartet?«, fragte er.
»Nein. Nicht so, wie die Dinge liegen. Ich hatte allerdings gehofft, dass sie so lange
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