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Irre - Wir behandeln die Falschen - Unser Problem sind die Normalen - Eine heitere Seelenkunde

Titel: Irre - Wir behandeln die Falschen - Unser Problem sind die Normalen - Eine heitere Seelenkunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Luetz Eckart von Hirschhausen
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mühsame Witze im Fernsehen gewöhnlich mit woanders aufgezeichnetem Publikumsbeifall zusammengeschnitten. Comedy hat mit Humor nichts zu tun, Comedy rechnet mit Rudelreaktionen. Man macht sich einfach über alles lustig. Jede noch so entfernte witzfreie Assoziation mit den Geschlechtsorganen löst wieherndes Gelächter aus. Das Niveau liegt irgendwo zwischen spätem Kindergarten und früher Pubertät. Saublöde Witzfiguren rennen atemlos durch eine Dekoration, die verdächtig nach Kindergeburtstag aussieht. Gegen eine solch elende Quälerei erscheint das Zwangslachen bei Mittelhirnkrankheiten geradezu als eine Wohltat. Die Witze eines hinreißenden Manikers sind allemal geistreicher als solche abgefahrenen Witzmüllhalden. Der ganz normale Comedy-Blödsinn gefährdet inzwischen nachhaltig den guten Geschmack. Doch behandeln kann man das nicht. Dieser ganz normale Blödsinn ist bedauerlicherweise völlig normal.
     
    Esoterik, das war früher ein amüsantes Thema für gelangweilte Ladys, die zu viel Zeit hatten. Mit Horoskopen befasste man sich augenzwinkernd zur allgemeinen Gaudi. Doch natürlich nahm den ganzen Unsinn niemand wirklich ernst. Als die Gefahr bestand, dass schlichte Gemüter das alles tatsächlich glauben könnten, haben Wissenschaftler wie Hans Jürgen Eysenck und andere in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Unhaltbarkeit von Astrologie und anderem Blödsinn zweifelsfrei nachgewiesen. Doch da war es schon zu spät, da rollte die Welle der Irrationalität bereits unaufhaltsam. Und so haben auch dieses Thema die Normalen für sich entdeckt. Mit Akribie versenkt man sich in die dunklen, aber possierlicherweise definitiv lösbaren Geheimnisse dieser Welt. In ganz normalen Steinen vermuten, ja wissen diese ganz Normalen die ungeahnten Energien, die ihnen selbst immer fehlten. Mit Wünschelruten rennen sie über unwegsames Gelände, um
Wasseradern zu finden. Und sie glauben felsenfest an unbekannte Flugobjekte, bemannt mit Wesen von so überlegener Intelligenz - dass man sich eigentlich fragen müsste, was die an einer so Blödsinn-begeisterten Menschheit interessant finden sollten. Viel hat das ganze geheimnisvolle esoterische Geraune mit dem wahnsinnig tollen Gefühl zu tun, nun endlich mehr zu wissen als die schlichte Nachbarin. Und außerdem will man ja in diesem kurzen Leben nichts verpassen. Ein Mangel an Bildung und dafür eine gehörige Halbbildung begünstigen die abwegige Vorstellung, über irgendwelches geheimes Wissen könne man holterdiepolter zum Kern der Dinge gelangen. Angesichts dieses allgemein herrschenden real existierenden ganz normalen Blödsinns würde Sokrates ironisch lächeln, Buddha milde und Luther würde es die Zornesröte ins Gesicht treiben.
     
    Wie in der Spätantike gilt: Wer nichts mehr glaubt, glaubt alles. Die Heidenangst ist zurückgekehrt. Um bloß nichts falsch zu machen, bependeln ausgewachsene Akademiker irgendwelche Gegenstände, um zu erfahren, was sie nun eigentlich tun sollten. Sie gehen zu Wahrsagerinnen oder lassen sich Karten legen. Man redet umstandslos mit Menschen im Jenseits, als säßen die hier am Tisch, und hält sich dabei für robust normal, während im psychiatrischen Krankenhaus um die Ecke die Medikamente erhöht werden, wenn ein Patient wieder Stimmen hört. Doch um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Zusammen mit Gleichgesinnten aus irgendwelchen blödsinnigen Gründen Menschen im Jenseits zum Reden zu zwingen, ist keine Krankheit. Es ist Blödsinn. Ganz normaler Blödsinn.
     
    Ein völlig normaler sympathischer Unternehmer erzählte mir, er habe mit seiner Frau nach dem Tod der Schwiegermutter ein »Medium« im Taunus aufgesucht, das Kontakt mit der Entschlafenen aufgenommen habe. Gegen die drängende Todesangst gibt man sich nicht bloß der allgegenwärtigen Gesundheitsreligion hin, um dem Tod vielleicht doch noch durch gesundheitsbewußtes Verhalten ein Schnippchen zu schlagen. Damit nichts schiefgehen kann, glaubt man sicherheitshalber gleich noch an die Wiedergeburt. Freilich waren sich die Weisen
aller Völker in Wenigem einig, in einem aber doch: dass das unendliche Leben die Hölle sein müsse. Man stelle sich das ganze Vergnügen mit der Wiedergeburt doch einmal praktisch vor: noch einmal den ganzen Ärger als Säugling mit der dauernden wohlbegründeten Heulerei, schon wieder die mühsame pubertäre Pickelproblematik und dann all die sonstigen Fährnisse des Lebens, die einen am Ende doch etwas gelassener

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