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Irre - Wir behandeln die Falschen - Unser Problem sind die Normalen - Eine heitere Seelenkunde

Titel: Irre - Wir behandeln die Falschen - Unser Problem sind die Normalen - Eine heitere Seelenkunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Luetz Eckart von Hirschhausen
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bloß Therapie gemeint ist, dann verdienten in der Tat die vielen Normalen eine aufmerksamere Behandlung als die wenigen Kranken. Man sollte sich einfach nicht mehr alles bieten lassen. Mit dem Stimmzettel und mit Satire kann man sie erfolgreich in die Schranken weisen, die wahnsinnig und blödsinnig Normalen. Vielleicht nimmt dann der ganz normale Wahnsinn und der ganz normale Blödsinn ein bisschen ab - und die Vielfalt der Außergewöhnlichen bringt wieder mehr Farbe und mehr Lust am Leben in die Welt.
     
    Sind Sie selbst, werden Sie sich jetzt am Schluss vielleicht fragen, normal oder außergewöhnlich? Da kann ich Ihnen weiterhelfen, lieber Leser. »Wer hier normal ist, bestimme ich!«, behaupte ich manchmal in meinem Krankenhaus - nachdem ich mich freilich gründlich vergewissert habe, dass die Zuhörer Humor haben. Ich erkläre also hiermit feierlich, dass ich Sie, lieber Leser - nicht für normal halte. Sie müssen nach meiner festen Überzeugung zur Gruppe der außergewöhnlichen Menschen gehören. Denn wer Bücher kauft, gehört schon zu einer Minderheit, und wer Bücher sogar liest und sie nicht bloß verschenkt, der ist nun wirklich nicht normal. Also keine Sorge, wenn Sie es bis hierhin geschafft haben, ein Buch zu lesen, dann sind Sie ganz sicher nicht normal. Mit anderen Worten, wenn es stimmt, dass unser Problem die Normalen sind: Wegen Ihnen, lieber Leser, hat die Menschheit keine Probleme...

Nachwort
    Das vorliegende Buch erhebt den Anspruch, das Wesentliche von Psychiatrie und Psychotherapie darzustellen. Das ist gewiss ein heikles Projekt. Denn so, wie man behauptet, es gebe so viele Psychotherapiemethoden, wie es Psychotherapeuten gibt, so gibt es sicher auch genauso viele unterschiedliche Auffassungen darüber, was denn in diesem Feld wesentlich ist. Ich stehe also zu meiner sehr subjektiven Auswahl, die mit den Zufälligkeiten einer über dreißigjährigen Tätigkeit in der Psychiatrie zu tun hat. Besonders subjektiv ist wahrscheinlich die Übersicht über die Psychotherapiemethoden, die sehr viel mit meiner eigenen Lebensgeschichte zu tun hat. Dennoch habe ich versucht, das Ganze der Psychiatrie und Psychotherapie so darzustellen, dass die häufigsten und wichtigsten Störungen vorkommen. Es fehlt die Kinder- und Jugendpsychiatrie, weil das inzwischen eine eigene Wissenschaft ist, in der ich keine Erfahrung gesammelt habe. Es fehlt auch der Bereich der geistigen Behinderung, der Intelligenzminderung. Natürlich können auch geistig Behinderte psychisch erkranken und diese Erkrankung ist dann gefärbt von der Intelligenzminderung. Doch die geistige Behinderung an sich ist kein relevanter Gegenstand der psychiatrischen Wissenschaft, und allzulange hat eine Vermischung beider Bereiche in den großen »Irrenhäusern« das Image der Psychiatrie nachhaltig belastet.
     
    Übrigens muss ich mich noch bei den Psychologen entschuldigen, weil ich der Einfachheit halber immer von Psychiatern gesprochen habe. In vielen Fragen sind Psychologen, wenn sie eine Zusatzausbildung in der Psychotherapie haben, mindestens genauso kompetent, wenn nicht kompetenter als Psychiater. Sie können nur halt keine körperliche Untersuchung durchführen und dürfen keine Medikamente verordnen. Die von mir gewählte Einteilung richtet sich grob nach der neuesten Klassifikation des ICD-10, des Klassifikationsschlüssels der Weltgesundheitsorganisation, der für wissenschaftliche Zwecke äußerst hilfreich ist. Das Buch nutzt aber auch die Vorteile
des zum Teil besser verstehbaren so genannten »triadischen Systems der Psychiatrie« der alten deutschen Psychiatrie. Denn um psychische Krankheiten und vor allem psychisch kranke Menschen zu verstehen, reicht es nicht, sie bloß zu beschreiben. Ich habe mich bemüht, mit vielen Patientengeschichten Fleisch an die Knochen psychiatrischer Diagnosen zu bringen. Damit die Anonymität gewahrt bleibt, habe ich die Geschichten freilich so verändert, dass Wiedererkennungseffekte ausgeschlossen sind.
     
    Entschuldigen müsste ich mich eigentlich bei allen Normalen, die gewiss oft zu heftig und ungerecht angegangen wurden. Doch man kann sich nur bei jemandem entschuldigen, den es wirklich gibt. Und nachdem ich wenige Zeilen zuvor alle Leser dieses Buches für nicht normal erklärt habe und auch sonst keinen einzelnen Menschen kenne, den ich bei näherem Zusehen als »normal« beschimpfen würde, fehlt es für eine Entschuldigung an einem wirklich Geschädigten. Kein Mensch ist einfach

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