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Irrfahrt durch die Düsterzone

Irrfahrt durch die Düsterzone

Titel: Irrfahrt durch die Düsterzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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der mit höhnischem Grinsen schweigend die Haupttreppe herunterkam. Das Moos raschelte unter seinen Schritten.
    »Mein Freund«, schrie Necron laut. »Dein Schloß brennt. Mein Schrein ist voller magischer Kristalle, die ich dir zum Geschenk… ach was, wo sind deine feingliedrigen Gespielinnen? Hast du Wein?«
    Wachsamkeit und Mißtrauen sprachen aus Lazulis Miene, als er mit ausgestreckten Armen sich dem Gespann näherte. Prüfend betrachtete er den Alleshändler, der vor ihm zur Musik eines unhörbaren Tanzes schwierige Schritte vollführte, sich drehte und die Arme hängen ließ wie ein Vogel mit gebrochenen Schwingen.
    »Nur die Länge eines Zaspels Garnes trennt mich von dir, mein geliebter Freund«, sang der Alleshändler. »Weit war der Weg, bis ich deine Gastfreundschaft teilen…«
    Er riß ab und starrte auf einen Punkt schräg hinter dem Zauberer. Dann lachte er in irren Tönen.
    »Und auch Quida, die schönste aller Frauen, ist bei dir. Komm, Schätzchen, in meinen Arm!«
    Lazuli hatte die Pferde in seine Macht gebracht und ihnen befohlen, hierher zu rennen. Die Klagen aller Opfer, die Lazuli hier den Dämonen überantwortet hatte, erscholl leise aus den Dämonengestalten, die wie Regenspeier ausgebildet waren. Aber eines wußte der Graf der Düsterlinge – Quida stand nicht hinter ihm. Necron mußte irre sein, oder der Riesenkristall hatte seinen Verstand angefressen.
    »Necron«, sagte Lazuli krächzend und voller Gefahr in der Stimme. »Dein Geist ist wirr. Du bist in meiner Gewalt.«
    »Du mußt dich irren, hoher Herr«, kreischte Necron, noch immer in seinen Tanz vertieft. Speichel troff aus seinem Mund. Seine Augen drehten sich unaufhörlich wie die eines Besessenen. Er war hilflos, aber wahnsinnig. Seine nächsten Worte bewiesen es.
    »Bin nicht Necrohn«, intonierte er. »Bin Hammar, der Verschlagene, der Fremde aus der Dunkelwelt.«
    Langsam umrundete Lazuli den Schrein, riß an den einzelnen Schlössern, klappte den Kastendeckel hoch und blieb schließlich vor dem großen runden Loch mit den schwarzen, verkohlten Rändern und dem verrußten Bildnis auf der Tür stehen. Er streckte die Hände aus und knotete das dünne Seil auf, das den Verschlag zuhielt. Er beugte sich neugierig hinein, dann erschien auf den Spitzen seiner fünf Finger jeweils ein blaues, grelles Flämmchen. Er leuchtete in die Öffnung hinein und stieß dann ein triumphierendes Lachen aus.
    »Necron! Du wolltest mich überlisten. Diesen jungen, schönen Körper hast du für dich aufbewahrt. Mit deinem Selbst wolltest du hier hinein flüchten.«
    »Edel sind die Früchte deines Gartens, Herr!« rief Necron, der herangetänzelt war und nun lachend auf Luxon deutete. Breite Schweißbahnen liefen über sein Gesicht. Er keuchte und umarmte Lazuli, ohne sich um die lodernden Flämmchen zu kümmern. Teile seiner Samtjacke schmorten stinkend. Das Wimmern der Dämonenfratzen wurde durchdringender.
    Wortlos löschte Lazuli die Flammen und starrte in Necrons Augen.
    »Bei meinen dämonischen Freunden!« stieß er hervor. »Du bist tatsächlich wahnsinnig! Das macht es mir noch leichter…«
    Er kicherte, griff mit seinen Armen unter Luxons Schulter und zog den bewegungslos daliegenden Körper halb aus dem Fach heraus.
    »Ich bin nicht wahnsinnig. Nicht Necron. Nicht alles ist, wie es scheint«, schrie der Alleshändler. Seine Schreie gellten von den steinernen Mauern und den windschiefen, bemoosten Dächern des Innenhofs zurück. Überall kauerten schwarze Vögel, die Necron nicht wahrnahm. Er war tatsächlich dank der drei Kügelchen nicht bei Sinnen.
    Aber er sah – ohne es zu begreifen –, wie eine unsichtbare Kraft den Körper Luxons packte und durch die Luft schweben ließ. Einige Handbreit über dem schmutzübersäten und stinkenden Pflaster des Hofes schwebte Luxon auf einen schweren Granitblock zu, der neben dem Brunnen und direkt vor einer Säule voller Runen, magischer Zeichen und dämonischer Gesichter aus dem Boden wuchs. Dort blieb der Körper starr auf dem Rücken liegen. Lazuli hastete hinterher und murmelte in einem fort.
    Luxon hörte nur Fetzen der Beschwörungsformeln und des Selbstgesprächs dieses Hexers und ahnte, daß Necrons Plan nicht aufgehen würde. Abermals ergriff ihn Todesangst. Er sah, hörte und roch, was um ihn herum war. Necron geriet in sein Blickfeld. Er stand nun voll unter der Einwirkung der Wahnsinnsdroge.
    Aber plötzlich riß etwas den Magier von den Beinen.
    Der lange Dolch, den er in der Hand

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