Irrfahrt durch die Düsterzone
gehalten hatte, fiel klirrend auf das Pflaster und schlug Funken, von denen das dürre Moos entzündet wurde. Mit einem gräßlichen Krach zerbrach unter dem Körper eine morsche Stalltür. Etwas hatte den Magier durch die Luft gewirbelt und ihn mit brechenden Knochen vierzig Schritt weiter gegen das brechende und berstende Holz geschleudert. Gleichzeitig dröhnte in Luxons Gedanken wieder die bekannte und gefürchtete Geisterstimme auf.
» Du wolltest Luxon, mein Opfer, den Dämonen weihen, um dich ihnen wieder einzuschmeicheln, du verblendeter Narr! «
Achar der Rächer, dachte er.
Lazuli begann vor Schmerzen zu schreien. Necron war über dem rechten Vorderrad des Schreins zusammengesunken und schien zu schlafen oder das Bewußtsein verloren zu haben. Die Stimme des Rachedämons schrie weiter. Das, was für Lazuli bestimmt war, hörte auch Luxon. Und er sah auch, wie Lazulis Körper brannte. Tausende winziger Flammen tauchten auf und zuckten über seiner Haut hin und her. Aber es war magisches Feuer, das Schmerzen erzeugte, aber die Haut nicht versengte und auch nicht die Kleidung.
Luxon ist mein Opfer.
Ich lasse nicht zu, daß mich jemand um meine Rache betrügt. Nicht nur, daß ich dich für dieses Ansinnen strafe, du vermessener Mietling schauriger Dämonen! Ich werde dich auch für alle Zeiten so strafen, daß du niemals wieder an Achar, den Rächer denken wirst, ohne vor Entsetzen stumm zu sein.
Hier! Eine erste Probe meines Zorns.
Lazuli schrie, wimmerte und kreischte wie einer, der dem Wahnsinn verfallen war. Das Feuer an seinem Körper erlosch, dafür begann seine Haut mehrfarbig wallende und brodelnde Dämpfe abzusondern. Der Hexer befand sich genau in Luxons Blickfeld. Die Stimme Achars gab weiter ihre Anwürfe und Beschimpfungen von sich.
Deine magischen Kräfte werden vergehen. Deine Burg wird vollends zerfallen. Selbst die Ratten, Fledermäuse und das Ungeziefer werden die Mauern fliehen. Dein Name soll Gelächter erzeugen in der Zone der Düsterlinge. Niemand wird, der es hört, mehr wagen, mir ein Opfer streitig zu machen!
Packe dich fort, du Wurm, ehe ich meine Mildtätigkeit vergesse!
Wie eine gliederlose Puppe wurde Lazuli hochgerissen, stolperte auf die Beine und tappte schwankend über den Hof, am Wagen und am Brunnen vorbei. Er sah Luxon nicht, fiel schwer auf die untersten Stufe der Treppe und kroch dann wie ein Mensch, dem mehrere Gelenke zerborsten waren, langsam Stufe um Stufe aufwärts, bis er, wimmernd und stöhnend, hinter einer offenen Portaltür verschwand.
Für lange Augenblicke hallte das triumphierende Gelächter Achars durch Luxons verzweifelten Verstand.
Er zuckte zusammen, die Erschöpfung übermannte ihn, und er sank in eine wohltuende Bewußtlosigkeit. Stunden vergingen, bis er wieder erwachte. Zu diesem Zeitpunkt war auch Necron, der Alleshändler, von der Wirkung der Wahnsinnsdrogen genesen. Er löste den Bann Luxons und stützte sich schwer auf ihn, als sie zum Schrein zurückhinkten.
»Von Lazuli droht niemals wieder Gefahr«, keuchte er erschöpft. »Nichts wie weg! Flucht ist das Gebot der Stunde.«
»Achar hat ihn fürchterlich gestraft.«
Sie halfen einander auf den Kutschbock hinauf, während Necron stöhnte:
»Aber Quida wird nur auf Rache sinnen. Ihr Opfer werde ich sein, nicht du.«
»Ich bin nur dein Köder, du handelnder Schuft«, murmelte Luxon. Er war zu erschöpft, um in diesem Moment an Flucht auch nur zu denken. »Beinahe wäre ich getötet worden oder den Dämonen geopfert.«
»Ich habe mit dem Eingreifen Achars gerechnet. Ganz fest rechnete ich mit Achar, dem Rachedämon«, widersprach Necron und trieb seine müden Pferde an. Sie verließen den Burghof, rollten unter dem Torbogen hindurch und hatten noch eine Stunde lang das Wimmern und Heulen der Opfer Lazulis in den Ohren – der Opfer, deren Selbst in die Mauern eingegangen war und sich durch das Stöhnen steinerner Münder manifestierte.
Das Ziel Necrons, das Land der Valunen, war nur noch zwei Tagesreisen entfernt.
*
Luxon war wieder an den Kutschbock gefesselt worden mit Necrons magischen Riemen. Beide Männer schwiegen. Luxon war innerlich aufgewühlt, denn abermals hatte Achar, der Rächer, seine Macht gezeigt – und darüber hinaus, daß er allgegenwärtig zu sein schien. Necron war still, weil in ihm noch die Wirkung der Wahnsinnsdroge tobte und ihn schwerfällig denken und handeln ließ.
Schließlich hob Necron den Kopf und sagte:
»Wenn alles stimmt, was du
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