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Irrfahrt und Heimkehr des Odysseus

Irrfahrt und Heimkehr des Odysseus

Titel: Irrfahrt und Heimkehr des Odysseus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Fuehmann
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sein künftiges Schicksal! Es liegt doch klar auf der Hand, dass dieses Traumbild nur ein verworrenes Gespinst ohne jede Bedeutung gewesen ist, denn morgen bricht ja schon der furchtbare Unheilstag an, da ich einen der Freier werde erhören müssen, und von Odysseus erblicke ich noch immer nicht die geringste Spur!« Odysseus fragte sie, welchen der Freier sie erwählen werde, und Penelope erwiderte, sie seien ihr alle gleichermaßen verhasst, drum werde ein Wettkampf entscheiden müssen. Odysseus habe, so berichtete die Fürstin, manchmal zwölf Äxte im Hof hintereinander in eine Reihe gestellt und dann mit seinem mächtigen Bogen einen Pfeil durch alle zwölf Ösen geschossen, ohne nur ein einziges Mal das Metall zu streifen; wer den Bogen also spannen und den Pfeil durch die zwölf Ösen schnellen könne wie Odysseus, dem wolle sie, wie ihr Herz auch blute, die Hand reichen; anders könne das Prassen und Vergeuden ja nicht beendet werden. Sie seufzte tief, da sie das sagte, und schritt dann in ihr Gemach, sich zur Ruhe zu betten; Odysseus aber legte sich vor dem Feuer nieder und lag wach und sann und sann.
Die Nacht vor dem Wettkampf
    Als Odysseus so lag und sann, hörte er plötzlich lautes Gelächter und Geschwätz und Gekreisch, das waren die Stimmen der losen Mägde, die zu den Freiern eilten und lästernd ihre Herrin verhöhnten. Da Odysseus die schamlosen Reden vernahm, kam ihn das Gelüst an, hinauszulaufen und die Frechen mit dem Schwert zu züchtigen; dann aber dachte er, dass sie noch eine Nacht, die letzte, mit ihren Buhlern schlafen mögen. Dennoch pochte sein Herz so heftig an seine Brust, dass er die Faust dagegen presste und sprach: »Dulde, mein Herz, harre aus in Geduld! Denke, wie sehr du geduldet, als in der Höhle des Kyklopen das Ungeheuer deine liebsten Gefährten hinabschlang und du es anschauen musstest und nicht wehren konntest und das Krachen ihrer Knochen vernahmst und dein gutes Schwert an der Seite fühltest und dir versagtest, es zu ziehn! Dulde, mein Herz, und harr aus, der Tag der Rache ist nahe!« Und er presste die Faust gegen das dröhnende Herz, und draußen die Mägde lachten und kreischten, und dann verloren sich ihre Stimmen in der Ferne der Nacht. Odysseus aber wälzte sich auf seinem Lager und sann zum hundertsten Mal darüber nach, wie der Kampf gegen die Übermacht, die ihn und Telemach auch waffenlos mit den bloßen Fäusten erdrücken konnte, am besten aufzunehmen sei. Er grübelte und sann und fand keinen Plan und war der Verzweiflung nahe, da plötzlich begann die Luft in der Halle zu rauschen, und Odysseus erblickte eine edle Frau, die sich über sein Lager neigte, und er wusste, dass seine Schutzgöttin Pallas Athene zu ihm herabgestiegen war.
    Mit beredten Worten klagte er der Göttin seine Not. »Es sind ja nicht nur die Freier, die zu überwinden sind«, sprach er; »es kann wohl möglich sein, dass ich mit deiner Hilfe sie bezwinge, allein wie kämpfe ich danach gegen ihre Anhänger und Verwandten auf allen vier Inseln, ja, wie gelange ich nur heil aus der Stadt hinaus? Und wenn du mich auch in Nebel hüllest – wo werde ich mich vor meinen Feinden verbergen können? Wird mir ein Sieg über die Freier nicht eine neue Irrfahrt bringen?«
    So sprach Odysseus in der bittersten Not seiner Seele; Athene aber tröstete ihn.
    »Verlier den Glauben an meinen Beistand nicht, Odysseus«, sprach sie, »stünden auch fünfzig Heere wider dich bereit, du wirst sie bezwingen, wenn du nur deiner Kraft und meiner Hilfe vertraust! Nun aber schlafe, ein hartes Tagwerk steht dir bevor!« Sie hauchte ihrem Schützling auf die Lider, dass ihn ein kräftespendender Schlummer befalle, dann schwebte sie wieder zum Olymp zurück.
    Odysseus schlummerte ein, er schlief jedoch nicht lange. Penelope, die die letzte Nacht ihrer Freiheit verbrachte, rief in ihrem Jammer die Götter um Beistand an; ihr lautes Klagen weckte den Schläfer am Feuer, und er ging in den Vorhof hinaus. Wieder dachte er an die Überzahl der Freier, und wieder war sein Herz von Sorge bedrängt.
    »Vater Zeus«, so rief er und hob die Hände und sah in den klaren sternflammenden Himmel, »gib mir, ich flehe dich an, ein Zeichen, dass du mir deinen Beistand nicht versagen wirst!« Da donnerte es vom wolkenlosen Himmel herunter; hallend und dröhnend krachte der Donner, und Odysseus fasste wieder Mut. Er hörte in der Nähe ein Malmen; er ging dem Schall nach und fand eine Magd die wuchtige Kornmühle drehn. »Hast du

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