Isarblues: Der dritte Fall für Max Raintaler (German Edition)
hatten, machte
Max noch einen kleinen Abstecher nach Thalkirchen runter und hielt vor Antons Imbissstube.
Der kleine Holzbau lag direkt bei ihm zuhause ums Eck und die Bratwürste schmeckten
nirgends in der Stadt so gut wie hier bei dem vollbärtigen Urbayern, der tagein
tagaus in seinen speckigen, knielangen Lederhosen und einem abgetragenen, grauen
Hausmeisterkittel hinter seinem Verkaufstresen stand. Mindestens dreimal wöchentlich
kam Max vorbei und holte sich seine Rote mit Senf, obwohl er längst gehört und gelesen
hatte, dass das viele Cholesterin dem Körper schaden sollte. Doch würde er auf diesen
Genuss verzichten, litte sein seelisches Gleichgewicht, das wusste er genau. Also
war er eines Tages in sich gegangen und hatte eine von da an lebenslang geltende
Leitlinie für sich formuliert: Seele kommt vor Cholesterin.
Seit Jahren
vollzogen er und Anton immer dasselbe Ritual.
»Servus,
Anton, wie immer«, orderte Max.
»Servus,
Max. Eine Rote in der Semmel mit viel Senf. Kommt sofort!«, erwiderte Anton und
grinste gutgelaunt.
Das war’s.
Mehr wurde zwischen ihnen nicht gesprochen. Und mehr musste auch nicht gesprochen
werden. Max vertilgte seine Wurst wie immer mit großem Appetit. Dann warf er die
dazugehörige Papierserviette, nachdem er sie benützt hatte, in den großen Mülleimer
neben der kleinen Bude, winkte Anton zum Abschied zu, stieg wieder in sein Auto
und fuhr los. Derart gestärkt konnte jetzt kommen was wollte. Er würde jeder Herausforderung
gewachsen sein. Sogar zwei schlitzohrigen Volksmusikproduzenten.
Wenig später
parkte er direkt vor dem Eingang zu den Studios von Holzer und Nagel in Unterföhring.
Das zweistöckige Haus befand sich unweit der privaten Fernsehsender, die sich hier
zuhauf mit riesigen modernen Prachtbauten hinter der S-Bahnstation angesiedelt hatten
und den kleinen Münchner Vorort so zu einer der reichsten Gemeinden Deutschlands
machten. Er läutete.
»Kommen
Sie rein«, kommandierte eine leicht verzerrte, weibliche Stimme durch die Gegensprechanlage.
Dann ertönte der Türöffner. Max trat durch das großzügige Glasportal und fand sich
gleich darauf mitten in einer Art botanischem Garten wieder. Üppige, übermannshohe,
tropische Grünpflanzen und prächtige Blumen schmückten den gesamten Empfangsraum.
Von irgendwo her kam Vogelgezwitscher, schätzungsweise vom Band, Käfig war keiner
zu sehen. Es war unerträglich heiß.
»Aber hallo,
das ist ja die reinste Sauna hier«, rief er der blondgelockten Schönheit hinter
dem futuristisch anmutenden Empfangstresen aus Plexiglas leutselig zu, während er
sich ihr näherte. »Raintaler, grüß Gott. Haben wir miteinander telefoniert?«
»Ja, Herr
Raintaler. Haben wir. Meierling ist mein Name. Leider ist die Klimaanlage kaputt.
Wird auch erst nächste Woche repariert. Sie wissen aber schon, dass Sie zu früh
sind? Der Chef telefoniert gerade. Da werden Sie noch warten müssen. Nehmen Sie
solange da drüben Platz.« Sie deutete, ohne ihn anzusehen, gnädig auf einen der
großen Besuchersessel aus schwarzem Nappaleder seitlich von ihr.
Ja, da legst
dich nieder, dachte Max. Was glaubte denn die, wer sie war? Kein Gruß, kein Bitte,
kein Danke. Dabei schaute sie doch eigentlich ganz sympathisch aus, und Beine hatte
sie wie ein Toppmodel aus dem Fernsehen. Aber überheblich tat sie, als wäre sie
selbst ein Weltstar. Herrschaftszeiten. Waren die heute alle so im Musikbusiness?
Damals, als er seine eigenen Schallplatten im Studio aufgenommen hatte, war das
noch nicht so gewesen. Oder? Doch, doch. Es war so. Natürlich. Allein, wenn er an
die vielen arroganten Deppen bei der Plattenfirma dachte. Nur damals hatte es ihn
nicht gejuckt. Da war er der Star gewesen und als Star stand man sowieso über den
Dingen. Logisch.
Ob die fesche
Frau Meierling wohl einen Freund hatte? Bestimmt nicht. Wer brauchte schon so einen
lackierten Drachen um sich herum? Da musste man sich doch bloß ihre arrogante Art
anschauen. Nicht ein einziges Mal sah sie zu ihm her. Dabei war er sogar als Journalist
avisiert, und zur Presse war doch normalerweise jeder freundlich und zuvorkommend,
außer zu diesen lästigen Paparazzis vielleicht. Egal. Auf jeden Fall hatte sie eine
Wahnsinnsfigur und ein Gesicht wie ein Filmstar, und ihre blauen Augen waren der
Hammer. Aber echt. Ja, Herrschaftszeiten.
»Herr Raintaler.
Ich grüße Sie. Matthias Holzer mein Name.« Max’ Gedanken wurden lautstark von einem
sonnengebräunten, vielleicht etwas über sechzig
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