Isartod

dass es so nicht passiert sein kann«, meinte Dosi und betrachtete die Abzweigung zum Eiskanal. »Wenn die Frau da hängen bleibt, dann hat sie jemand auch hier reingschmissen. Absichtlich. Das Gitter ist nicht zu übersehen.«
    Als sie sich auf dem Rückweg ins Präsidium an der Wittelsbacher Brücke zum Abbiegen einordneten, sahen sie ein Riesenaufgebot an Feuerwehr und Rettungswagen. Die Brücke war gesäumt von Schaulustigen.
    »Bestimmt wieder ein Surfer«, sagte Hummel. »Die Jungs können es nicht lassen.«
    »Dein Wort in Gottes Ohr …«
    Hummel sah sie erstaunt an. »Du meinst doch nicht …?«
    »Ich mein gar nichts.«
    In der Kapuzinerstraße platzten sie vor Lachen.
    SCHLUSSFOLGERUNGEN
    »Also, was machen wir mit der Erkenntnis, dass die Leiche vorsätzlich beim Schwimmbad platziert wurde?«, fragte Mader.
    Da waren sich die vier ziemlich schnell einig. Jemand wollte eine Spur legen. Vermutlich, um jemand anderen unter Druck zu setzen. Nur wen?
    Hummel hatte noch eine ganz andere Idee: »Vielleicht war es auch der Täter selbst. Er will uns neugierig machen, will, dass wir Witterung aufnehmen, bevor er sein nächstes Opfer zur Strecke bringt.«
    Doch dieser These war kein langes Leben beschieden. Mader sprach mit ihm wie mit einem Schuljungen: »Hummel, Sie lesen zu viele Krimis. Es gibt diese Psychopathen nicht. Wir sind in München, nicht in New York. Zankl, was haben Sie in dem Laden rausgekriegt?«
    »Gaby meinte …«
    »Gaby?«, fragte Hummel erstaunt.
    »Die Verkäuferin in Domina’s Heaven .«
    »Also Zankl, was meinte sie denn wegen der Professionellen, Ihre Gaby?«, fragte Mader.
    »Sie ist nicht meine Gaby. Aber sie meinte, dass es da ein paar Agenturen gibt. Die sind nicht sonderlich beliebt in der Szene. Weil sie die Sadomasoszene so in Richtung Prostitution schieben. Gaby und ihre Kunden sehen das eher so als Hobby. Sie mailt mir die Adressen.«
    Mader nickte zufrieden und klärte seine Mitarbeiter über seine weiteren Pläne auf. Er wollte das Foto der Wasserleiche an die Zeitungen rausgeben. Mehr als »Wer kennt diese Frau?« interessierte ihn, ob im Hintergrund irgendwas passierte, was die Dinge ins Rollen brachte. Wenn die Dame für eine Agentur gearbeitet hatte undnicht in den heimischen Stall zurückkehrte, musste sie doch jemand vermissen. Und wenn die jetzt das Foto sahen, würden die bestimmt anfangen, ihren Kunden Fragen zu stellen. Wenn sie das nicht schon längst gemacht hatten. Hummel und Zankl stöhnten, denn sie wussten genau, was solche Aktionen mit der Zeitung bringen: einen Haufen wertlose Hinweise und viel Rennerei. Aber sie hatten auch keine bessere Idee. Und wenn sich Mader etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann würde er es sowieso so machen. Da hörte er nur auf seinen Bauch.
    VISIONÄR
    »Meine sehr verehrten Damen und Herren,
    ich darf Ihnen heute die Pläne für das Wellnessresort ISARIA im Detail vorstellen. Die perfekte Symbiose aus großstädtischer Lebensart und naturverbundener Abenteuerlust. Ein real gewordener Traum erlesenster Wellnesskonzepte und höchstklassiger Architektur. Mit Spitzengastronomie und komplett individualisierbarem Erlebnisangebot.
    ISARIA besteht aus einem Luxushotel mit 1100 Betten und einem einzigartigen Naturerlebnispark in unmittelbarer Stadtnähe. Drei Kilometer Flusslänge mit Glasüberdachung von Grünwald bis Pullach. Die Isar – die »Wilde« –, gezähmt durch sämtlichen Luxus, den moderne Wellness zu bieten hat. Mitten in der Natur, aber ohne deren Widrigkeiten: keine Nässe, keine Kälte, kein Schmutz. Klettern am Isarhochufer, ein Mountainbike-Parcours, Whirlpools in Isargumpen.
    Wenn das für Sie nach einer Vision in ferner Zukunft klingt, dann darf ich Ihnen sagen: Das Modell, das Siehier sehen, ist ein Entwurf des vielfach preisgekrönten Architekturbüros White & Blue aus München. Wir haben detaillierte Berechnungen für sämtliche Kosten: Planfeststellungsverfahren, Baumaterial, Arbeitskraft. Dieses Projekt können wir bei entsprechender Finanzierung in knapp zwei Jahren realisieren. Es geht also nicht um Zukunftsmusik, sondern um ein zukunftsweisendes Bauprojekt, das zahlreiche Arbeitsstellen in München auf Jahre sichern wird: in der Baubranche, in der Hotelbranche, in der Gastronomie und im dienstleistenden Gewerbe mit Therapeuten, Masseuren, Friseuren.
    Natürlich werden jetzt manche von Ihnen die Stirn runzeln und sagen: Wie sieht es denn mit dem Umweltschutz aus? Darauf kann ich Ihnen besten Gewissens